Der Herzog und seine geliebte Feindin
dann drehte er sich um und blickte auf die halb gepackten Reisetruhen, den Stapel Halstücher, den der Lakai auf einer Kommode hatte liegen lassen.
„Ich habe nur …“ Seine Stimme klang leise und müde. „Ich verstehe das nicht. Ich habe dir wehgetan. Ich wusste, was ich tun werde, was es heißt, aber ich habe es dennoch getan. Wie kann ich das in Ordnung bringen? Ich kann dir nicht sagen, dass du nicht wütend sein sollst. Du solltest wütend sein. Du verdienst es, wütend zu sein.“
Dies war der Mann, dessen Mutter ihn als Kind verlassen hatte. Dies war der Mann, dessen Vater in ihm nicht mehr als ein Werkzeug gesehen hatte, um anderen Geld zu entlocken. Robert hatte Minnie ihren Verrat verziehen. Aber er rechnete so wenig mit Vergebung für sich selbst, dass er nicht einmal darum bitten konnte.
Minnie streckte den Arm aus und ergriff seine Hand. „Weißt du, warum ich so wütend bin? Weil du mich lieber verlassen willst, als daran zu arbeiten, dass unsere Ehe funktioniert.“
Er schaute sie forschend an. „Ich …“
„Ich weiß. Du willst nicht streiten. Aber Streit zerstört eine Ehe nicht. Sich nicht auszusprechen, sich nicht darum zu bemühen, es wieder in Ordnung zu bringen, das zerstört sie.“
Er schluckte. „Du willst streiten?“
„Ja. Und ich will dir sagen, dass du furchtbar, grässlich und absolut falsch gelegen hast.“
Er verzog das Gesicht. „Das habe ich. Ich weiß das.“
„Ich will dir glauben können, wenn du dich entschuldigst. Ich will tief in meiner Seele wissen, dass du nie etwas tun würdest, das mich verletzt. Ich will, dass du mir versprichst, wenn das das nächste Mal passiert, dass du dann erst mit mir redest und wir zusammen entscheiden, was wir zusammen tun wollen.“
Er blickte sie mit schräg gehaltenem Kopf an.
„Und dann, wenn du das alles getan hast, will ich dir verzeihen.“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Aber warum willst du das alles?“
„Weil ich dich liebe“, erklärte sie. „Ich liebe dich. Ich liebe dich.“
Er atmete erleichtert auf. „Bist du dir sicher?“, fragte er leise.
Sie nickte.
„Verstehe“, sagte er. Und dann, ohne ein weiteres Wort, ging er aus dem Zimmer.
Kapitel Siebenundzwanzig
M INNIE STARRTE AUF DIE T ÜR, durch die Robert gegangen war, während ihre Gedanken sich überschlugen. Warum war er gegangen? Wohin wollte er? Was sollte sie tun?
Sie trat ans Fenster, um zu sehen, ob er das Haus verließ, warf einen Blick nach draußen und wich mit einem Keuchen zurück. Ihre Haustür belagerte eine kleine Menschenmenge, ein Pulk von Hüten in Braun und Schwarz formte einen Halbkreis, fast drei Reihen dick. Ein Mann schaute hoch, sah sie und zeigte …
Minnie sprang zurück, und ihr Herz klopfte heftig.
Wenn er ausgegangen wäre, wäre sie auch gar nicht imstande, ihm zu folgen.
Sie drehte sich wieder um. Eine Zeitung lag auf einer Kommode. Neugierig faltete sie sie auseinander und entdeckte, dass sie von heute Nachmittag war. Sie konnte nicht älter als eine halbe Stunde sein.
Duke of Clermont: Autor der Flugblätter lautete die Schlagzeile. In kleinerer Schrift stand darunter: Herzogin ist ehemalige Schachmeisterin .
Sie las es erneut, schüttelte den Kopf, weil es so nichtssagend klang. „Nun“, murmelte sie schließlich. „Ich nehme an, ‚Herzogin ist ehemalige Hochstaplerin, die sich als Junge verkleidet und Hunderte um Geld betrogen hat‘ hätte nicht hingepasst. Ein dreifaches Hoch auf begrenzten Platz.“
Der Artikel selbst war erstaunlich ausgewogen. Die schlimmsten Anschuldigungen, die sie in der Vergangenheit hatte aushalten müssen – Ungeheuer, Betrügerin, unnatürliche Ausgeburt des Teufels – fehlten. Ihre Vergangenheit wurde in einem knappen Absatz sachlich abgehandelt. Es war erschreckend, zweifellos, aber die Zeit hatte die Worte ihres Vaters ihrer Ausstrahlung und Macht beraubt.
Mr. Lane behauptete damals, der Plan sei die Idee seiner Tochter gewesen. Für die Behauptung jedoch, dass das zwölfjährige Kind in das Betrugsmanöver verwickelt gewesen sei, ließen sich nie irgendwelche Beweise finden.
Sie fühlte sich, als habe sie eine Tür geöffnet, hinter der sie immer ein riesiges Ungeheuer vermutet hatte, nur um festzustellen, dass es bloß ein paar Zentimeter hoch war. Es gab Sachen, die man über das Kind eines Kriminellen sagen konnte. Aber solche Sachen sagte man einfach nicht über die Gattin eines Herzogs.
Die Berichterstattung über das heutige Gerichtsverfahren
Weitere Kostenlose Bücher