Der Herzog und seine geliebte Feindin
möchte.
Aber die Wahrheit war zu viel. Er suchte nach einem Weg, sich zu entschuldigen – und er war sich nicht sicher, ob er sich überhaupt entschuldigen sollte. Aber sie zog ihre Handschuhe zurecht, blickte kurz nach unten, ehe sie ihn wieder ansah.
„Euer Gnaden.“
„Miss Pursling.“
Ihre Augen waren grau, hell und klar, und sie schien geradewegs sein halbherzig-entschuldigendes Händeringen zu durchschauen.
„Ich habe immer die Ansicht vertreten, man könne einen Mann nach dem Umgang, den er pflegt, beurteilen.“
„Autsch!“ Er zuckte zusammen. „Sebastian“, setzte er zu einer Erklärung an, „ist immer ein bisschen maßlos. Manchmal ist er etwas mehr, als man auf einmal vertragen kann. Aber er ist ein guter Mensch.“ Das war er. Irgendwie.
Miss Pursling runzelte die Stirn. „Wovon sprechen Sie? Ich mag Ihre Freunde.“
„Ich – Sie …“ Er atmete krampfhaft ein. „Das klingt ja fast, als gelte das auch für mich.“
Sie nickte. „Logik“, verkündete sie, „ist eine feine Sache, Euer Gnaden. Das ist auch genau das, was ich gesagt habe. Ich wünschte nur, es wäre nicht wahr.“ Sie betätigte den Türgriff und trat hinaus.
„Warten Sie“, rief er, griff nach ihr.
Aber die Tür war bereits hinter ihr zugefallen. Er stand immer noch da und starrte ins Leere, als der Schaffner in die Pfeife blies. Rasch nahm er seine Tasche und beeilte sich, auszusteigen.
Sie mochte seine Freunde. Sie mochte seine Freunde. Es war seltsam, wenn die ganze Verlegenheit auf einmal ins Gegenteil verkehrt wurde. Er ertappte sich, dass er wie ein Irrer grinste, während er Violet und Sebastian und den Rest ihres Gefolges einholte. Die zwei drängten sich um Violets Notizbuch, spähten in die Seiten.
„Worüber kichert ihr beide?“, fragte er argwöhnisch.
Violet klappte das Büchlein zu. „Ich habe nur die Treffer mitgeschrieben“, teilte sie ihm mit. „Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber deine Miss Pursling hat die Unterhaltung gewonnen.“
Er hatte immer noch das dämliche Grinsen auf dem Gesicht, und es wollte einfach nicht weggehen. „Ja“, pflichtete er ihr bei. „Ist das nicht wunderbar?“
Kapitel Zehn
D IE G EMEINSCHAFTSDROSCHKE SETZTE M INNIE EINE HALBE M EILE VOR DEM H OF ihrer Großtanten ab. Sie klemmte sich ihren Koffer unter den einen Arm und begann den Test des Weges nach Hause zu Fuß zurückzulegen.
Als sie die eng zusammenstehenden Häuser hinter sich ließ, zog sie den Brief aus ihrer Rocktasche und brach ungeschickt – sie hatte schließlich nur eine Hand frei – das Wachssiegel.
Der Brief trug das Datum von vor zwei Tagen.
Meine liebe Miss Pursling , hatte er geschrieben . Ich möchte erklären, was ich neulich meinte, als wir uns in Finneys Wohnung trafen. Flugblätter zu verfassen – das tue ich nicht aus einer Laune heraus.
Sie haben mir vor ein paar Tagen erzählt, Sie hätten nach oben geschaut, und dass Sie zerschlagen auf dem Boden gelandet seien. Darin sind Sie nicht allein. Es liegt in der Natur der englischen Gesellschaft, genau das zu tun: die unteren Gesellschaftsklassen unten zu halten und die oberen noch höher zu heben. Es ist mein großes Glück, dass ich tatsächlich imstande bin, hinzuschauen, wo immer ich es will.
Mein größter Wunsch ist, dass Sie und alle, die wie Sie sind, den Blick heben. Dass Sie es tun und nicht wieder hinuntergestoßen werden. Ich verfasse Flugblätter, weil ich diese Worte ohne Furcht vor Vergeltung schreiben kann – denn wenn ich entdeckt werde, wird das Oberhaus mich nie dafür vor Gericht bringen. Ich schreibe, weil diese Worte geschrieben werden müssen. Ich schreibe, weil sie nicht zu schreiben, nicht auszusprechen, eine Verschwendung dessen wäre, was mir in die Wiege gelegt wurde. Ich halte es geheim, weil anderenfalls gegen alle, die zu mir gehören, ermittelt werden würde.
Sie sind mir zweifellos im Bereich Taktik überlegen. Als Beweis für diese Behauptung halten Sie hier einen Brief in Händen, in dem ich zugebe, was ich getan habe. Verwenden Sie ihn, um mich zu belasten, wenn das ist, was Sie für nötig erachten, um dadurch eine vorteilhafte Ehe mit einem gewöhnlichen Mann einzugehen, der sich nichts anderes wünscht, als eine stille Ehefrau. Verwenden Sie ihn, wenn es sein muss, oder behalten Sie ihn und reden nicht darüber. Sie haben mir erzählt, dass die Zukunft Ihnen Angst mache. Ich kann nicht alles ändern, aber das zu ändern liegt in meiner Macht.
Oder Sie könnten den
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