Der Herzog und seine geliebte Feindin
spielen?“
„Ja“, antwortete Violet. „Als wir Kinder waren. Im Sommer machte sein Vater immer Besuche und ließ Robert bei dessen Tante, seiner Schwester und Sebastians Mutter. Robert, Sebastian und ich haben immer ein Spiel gespielt, das sie ‚Ritter und Drachen‘ nannten und ich ‚unvorstellbar langweilig‘. Die beiden durften Ritter sein, aber ich immer nur Prinzessin, was bedeutete, nur herumzusitzen und darauf zu warten, dass sie mich retten.“
„Ah ja.“
„Daher“, fuhr die Countess unbekümmert fort, „habe ich eines Tages, während sie gerade so taten, als griffen sie den Drachen an, ihnen eine Nachricht hinterlassen, in der stand, ich sei fortgelaufen, um zum Theater zu gehen.“
Sebastian schnaubte abfällig. „Ich glaube, du hattest auch hinzugefügt, du plantest zuvor noch, deine Tugend einer ganzen Bande Verbrecher zu schenken.“
Die Countess schien dadurch nicht im Mindesten beleidigt. „Zu der Zeit hatte ich keine Ahnung, was das hieß, aber meine Gouvernante lag mir ständig damit in den Ohren, ich solle meine Tugend mit meinem Leben schützen. Es schien mir die schlimmste Drohung zu sein, die mir zur Verfügung stand.“
Miss Pursling lehnte sich leicht lächelnd vor und schaute Violet an. „Was haben Ihre tapferen Ritter unternommen, als Ihr Treuebruch entdeckt wurde?“
„Sie haben beschlossen, es sei ihre Pflicht, mich suchen zu gehen und mich als Strafe dem Drachen zum Fraß vorzuwerfen.“ Violet starrte stirnrunzelnd auf die Verheerung, die sie bei ihrer Strickarbeit angerichtet hatte, und begann dann, die letzte Reihe wieder aufzutrennen. „Aber ihnen war kein Erfolg beschieden. Wie auch immer, am Ende war das ein viel faszinierenderes Spiel.“
„Bei dem Matsch eine Rolle spielte“, ergänzte Sebastian.
„Danach“, erzählte Violet gleichmütig weiter, „waren wir uns einig, dass es offensichtlich unfair mir gegenüber sei, wenn ich immer die Prinzessin sein musste. Daher haben wir Münzen geworfen. Aber Robert wollte nie die Prinzessin sein – nicht einmal, wenn er dran war.“ Die Countess blickte Robert tadelnd an, und der schaute sich um.
„Eine Münze hat nur zwei Seiten“, sagte er. „Es war daher schlicht unmöglich, mir eine Seite zuzuteilen.“
„Außer indem …“
Robert hob eine Hand. „Und jetzt ist nicht die rechte Zeit, anzufangen Methoden zu diskutieren, wie man Münzwürfe unter drei Parteien gerecht verteilt. Es reicht zu sagen, dass ich eine schreckliche Prinzessin abgegeben hätte.“
„Verstehe“, erwiderte Minnie langsam.
„Nein, gewiss nicht“, warf Sebastian ein. „Sie denken jetzt vermutlich, dass Violet eine annehmbare Prinzessin gewesen sei. Aber sie war genauso wie jetzt, als sie noch ein Kind war – von außen ganz etepetete, aber ein echter Satansbraten, wenn kein Erwachsener hinschaute. Sie sieht nur respektabel aus. Ich weiß nicht, wie sie es angestellt hat, aber Robert und ich kamen von unseren Ausflügen immer von oben bis unten voller Dreck zurück, während Violet frisch und sauber wie ein Frühlingstag aussah.“
„Es gibt da diese nützliche Sache, Wasser genannt“, warf Violet ein. „Jungen scheinen sich dessen Vorhandensein nicht bewusst zu sein.“ Sie warf über ihre Strickarbeit Minnie einen Blick zu. „Gesundheit und Hygiene sind wichtig.“
Miss Pursling lächelte und senkte den Blick.
„Außerdem“, fügte Sebastian hinzu, „muss ich Ihnen zur Wahrung meiner Würde noch mitteilen, Miss Pursling, dass ich, wenn ich die Rolle gespielt habe, es unter der Bezeichnung Prinz getan habe, nicht Prinzessin.“
„Für dich selbst warst du vielleicht ‚Prinz‘“, verbesserte Robert ihn. „Für den Rest von uns hingegen Prinzessin. Anders wäre es ja unsinnig. Drachen wollen nun einmal Prinzessinnen verschlingen. Prinzen interessieren sie nicht.“
„Du musst noch eine Menge über Drachen lernen. Denk doch bitte daran: Wir bekommen mehr Fleisch von Stieren als von Kühen. Es ist weithin bekannt, dass männliche Tiere das bessere Fleisch haben.“
„Ich dachte immer“, bemerkte Miss Pursling, „dass wir Kühe deswegen nicht essen, weil wir lieber ihre Milch haben wollen.“
Nicht dieses Argument. Das konnte nur ins Verhängnis führen. Robert machte sich auf seinem Sitz kleiner und wartete auf das Unvermeidliche, wenn Miss Pursling schreiend aus dem Abteil rennen würde wegen dessen, was Sebastian zu ihr gesagt hatte.
Sebastian zwinkerte Miss Pursling zu. „Drachen mögen
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