Der Herzog und seine geliebte Feindin
habe. Sie halten dich für nutzlos, weil du keine Seide trägst oder Bänder, weil man gut zuhören muss, um zu verstehen, was du sagst. Und diese Leute haben keine Ahnung.“
Sieht Sie eigentlich niemand, Miss Pursling? Die Worte des Herzogs kamen Minnie wieder in den Sinn.
Ja, wollte Minnie ihm antworten. Ja, es gibt jemanden, der mich sieht.
„Nur einmal“, erklärte Lydia. „Nur einmal sollen die Leute dich so sehen wie ich.“
Minnie schüttelte den Kopf und schlang die Arme um sich. „Nein. Nein, ich will nicht, dass die Leute mich anschauen. Ich ertrage es nicht, wenn sie mich ansehen.“
„Nun, vielleicht nicht alle.“ Lydia schenkte ihr ein listiges Lächeln. „Aber was ist mit …“
Minnie atmete scharf aus. „Sag seinen Namen nicht.“
„… dem Duke of Clermont“, beendete Lydia ungerührt ihren Satz. „Und das ist sein Titel, nicht sein Name, daher schau mich nicht so finster an. Er hat etwas mit deinen Plänen zu tun, nicht wahr?“
„Natürlich nicht“, sagte Minnie, aber ihre Freundin lächelte nur breit.
„Ich möchte, dass du eine Chance bekommst“, erklärte Lydia. „Ich will, dass alle hier erkennen, wie sehr sie dir unrecht getan haben, wenn sie dich für schüchtern und fügsam gehalten haben. Ich will, dass sie begreifen, was ich so gut weiß. Dass du ein liebevolles Herz hast und einen klugen Kopf.“
Minnie versteifte sich, schaute weg. „Das passiert nur in Märchen. Echte Mädchen sind besser dran mit einer großen Mitgift und blonden Haaren.“
„Und was ich am meisten hasse, ist, dass wir nie jemandem meinen Beweis dafür zeigen können, wie wunderbar du bist. Aber ich glaube immer noch fest daran, dass eines Tages die Wahrheit über dich herauskommen wird. Dass eines Tages alle dich so kennen, wie ich es tue.“
„Und du glaubst, dass ihnen gefiele, was sie sehen würden?“
Lydia nickte nachdrücklich. „Das weiß ich.“
Da war nichts Naives an Lydias Optimismus. Sie hatte ihn sich hart errungen, und selbst Minnie konnte ihn ihr nicht nehmen. Seltsam nur, dass Lydia sich ihrer Vision der Zukunft so sicher sein konnte, Minnie aber nichts erkennen konnte.
Sie wandte den Kopf. „Zufällig gibt es an der Front etwas, das ich dir auch noch erzählen sollte. Doktor Grantham wollte, dass ich dich einlade, mit mir und Marybeth Peters Zettel auszuhängen.“
Lydias Blick glitt zu dem zerknüllten Stück Papier, das sie eben ins Feuer geworfen hatte.
„Nicht solche Handzettel“, erklärte Minnie mit einem Lächeln, nach dem ihr eigentlich nicht zumute war. „Langweilige – über Windpocken und Desinfektionslösung.“
„Und Doktor Grantham wird dabei sein?“
„Nein.“ Minnie rang sich noch ein Lächeln ab. „Das ist das, was du daran so interessant finden wirst. Jemand anders hat sich an seiner Stelle zum Helfen gemeldet – und du errätst nicht, wer.“
„Dummchen.“ Lydia drückte ihr die Hand. „Das weiß ich längst. War es wie im Märchen? Minnie in Nöten – warte, das würde dir nicht passieren. Minnie, die sich den Nasenrücken reibt, während die dummen Männer streiten und sich wundern, wie sie alle dazu bringen kann, zu tun, was sie will.“ Lydia lächelte. „Und dann ist der Prinz of Wales hereingekommen.“
Minnie musste lachen.
„Oh, gut“, sagte Lydia. „Das wäre unwahrscheinlich, nehme ich an. Außerdem ist er verheiratet, und ich möchte mir nicht vorstellen, dass er Prinzessin Alexandra untreu wird. Daher rate ich lieber, dass es der Duke of Clermont war. Er trat ein, warf einen Blick auf deinen Busen und erklärte dich zur Seinen.“
„Nun …“
Lydia deutete mit dem Finger auf sie. „Ich wusste es. Du solltest mal sehen, wie er dich anschaut.“
Minnie versuchte, das nicht zu tun, aber sie konnte es sich mühelos vorstellen. Ihre Wangen wurden warm.
„Komm nur nicht auf dumme Gedanken!“, warnte Lydia sie.
Dann sah er sie also an. Das hieß gar nichts. Er sprach, ohne groß nachzudenken, dachte nicht über den Folgen der Sache nach, die er tat. Und er blickte irgendwohin, ohne dass er sich irgendetwas dabei dachte.
„Er war nur …“ Sie brach ab, wusste nicht, was sie sagen sollte. Ritterlich? Aufreizend?
Sie neigte eher Letzterem zu, vor allem wenn man berücksichtigte, dass er ihre Worte auf seinem Flugblatt verwendet hatte. Aber sie konnte sich erinnern, wie er sie nach dem Treffen des Arbeitergesundheitsvereins angesehen hatte, so eindringlich. Und das überraschte Lächeln, als sie ihm gesagt
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