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Der heulende Müller

Titel: Der heulende Müller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Teppiche klop­ fen. Beim Kaufmann Tervola würden sie eine Klapper für das Baby kaufen. Manchmal würden sie zusammen einkaufen gehen, auf dem Hinweg würde Gunnar den Kinderwagen schieben. Wenn er dann noch bleiben wollte, um ein Bier zu trinken und über Mühlenangele­ genheiten zu reden, hätte sie überhaupt nichts dagegen. Sie könnte auf dem Heimweg ein Stück mit der Lehrers­ frau gehen.
    Nein, das war alles unmöglich. Wenn sie nicht bald dieses Zelt verließ, würde sie ein Kind bekommen, ein irres Baby von einem irren Mann.
    Irgendwie brachte sie es nicht fertig zu gehen. Sie blieb den ganzen Sonntag mit dem Müller in dem duf­ tenden Zelt, bis zum Abend. Sie waren glücklich, rede-ten über alles mögliche und hielten einander an den
    Händen. Huttunen streichelte der Beraterin die Waden. Erst als es abends kühl wurde, begleitete er sie zur Landstraße, wo sie auf ihr Rad stieg und zu Siponens fuhr. Der Müller wandte sich in die entgegengesetzte Richtung und wanderte, tief in Gedanken, zur Mühle von Suukoski.
    Ein guter Tag. Und ich liebe die Klubberaterin, dachte er. Im roten Licht der untergehenden Sonne erstrahlte die Mühle so schön, daß Huttunen Lust hatte, vor lauter Liebe und Glück aus vollem Hals zu heulen. Dann fiel ihm ein, daß Sanelma Käyrämö ihn aufgefordert hatte, bei Doktor Ervinen vorzusprechen. Er pumpte den Hinterreifen seines Fahrrades auf und fuhr los. Es war fast elf Uhr, aber der Müller war nicht schläfrig.
    10
    Ervinen wohnte gegenüber dem Friedhof, in einem alten Holzhaus am Ende einer langen Birkenallee. Das Haus beherbergte unter einem Dach die Arztpraxis und die Privatwohnung des alleinstehenden Mannes. Als Huttu­ nen an die Tür klopfte, öffnete ihm der Doktor selbst. Er war ein schlanker, sehniger Mann um die Fünfzig. Da es bereits später Abend war, trug er Hausjacke und Pantof­ feln.
    »Tag, Doktor. Ich komme zur Sprechstunde«, begrüßte Huttunen den Arzt.
    Ervinen führte seinen Patienten hinein. Huttunen sah sich im Zimmer um. An den Wänden hingen zahlreiche Gemälde mit Jagdmotiven. Auf dem Kaminsims standen präparierte Tierköpfe, der Fußboden und ein Teil der Wände waren mit Fellen bedeckt. Es roch nach Pfeifen­ tabak. Der Raum wirkte männlich karg, er diente als Wohnzimmer, Bibliothek und Speisesaal. Er war lange nicht saubergemacht worden, aber Huttunen fand ihn gemütlich. Der Müller streichelte das Elchfell vor dem Sessel und fragte den Arzt, ob er alle Tiere selbst erlegt habe, deren Überreste so reichlich das Zimmer schmückten.
    »Den größten Teil habe ich persönlich geschossen, aber einige Stücke stammen noch von meinem verstor­ benen Vater. Zum Beispiel der Luchs dort und hier der Marder auf dem Kaminsims. Die sieht man heute kaum noch, sie sind selten geworden. Hier im Norden habe ich Vögel geschossen und natürlich Füchse. Außerdem habe ich zusammen mit dem Gemeindesekretär ein paar Elche erlegt.«
    Ervinen geriet in Eifer; er begann zu erzählen, wie er während des Krieges in Ostkarelien zusammen mit dem Bataillonskommandeur fast dreißig Elche erlegt hatte. Er war Bataillonsarzt gewesen und hatte sich deshalb einigermaßen frei bewegen können. Er hatte auch gean-gelt und reichlichen Fang gemacht.
    »Aus dem Anättifluß habe ich einmal zusammen mit Major Kaarakka sechzehn Lachse geholt!«
    Huttunen erwähnte, daß er seinerseits im vorigen Herbst im Mühlenbach eine beachtliche Menge Graufo­ rellen und Äschen gefangen hatte. Ob der Herr Doktor wisse, daß diese recht zahlreich in Bächen vorkämen, besonders in deren Oberlauf?
    Ervinen lief lebhaft im Zimmer hin und her. Selten hatte er Gelegenheit, über Jagd und Fischfang mit ei­ nem Mann zu reden, der etwas davon verstand. Es war offensichtlich, daß der Müller mit diesen Fertigkeiten vertraut war. Ervinen sagte, wie verdammt ärgerlich es sei, daß an der Mündung des Kemiflusses der Stau­ damm von Isohaara gebaut worden sei und die Wande­ rung der Lachse verhindere. Wie schön wäre es doch, könnte man im Kemifluß Lachs fangen und ihn auf offenem Feuer rösten. Aber die Nation verlange Strom. Wenn zwischen kleinem Übel und großem Nutzen zu entscheiden sei, siege natürlich letzterer.

Ervinen holte zwei langstielige Gläser aus dem Eck­ schrank und füllte sie mit einer klaren Flüssigkeit. Als Huttunen sein Glas an die Lippen setzte, ahnte er, daß Spiritus darin war. Die hochprozentige Flüssigkeit rann scharf brennend durch die lange Kehle des

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