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Der heulende Müller

Titel: Der heulende Müller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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ihm.«
    Interessant war auch die Frage, warum die Finnische Bank für Geldeinlagen keine Zinsen zahlte. In Anleh­ nung an die Kaitilas beschrieb Huttunen in seiner Ant-wort den Charakter der Finnischen Bank als zentrales Geldinstitut. Ursprünglich wollte er noch eine Bemer­ kung über Bankdirektor Huhtamoinen hinzufügen, der manchen Kunden nicht nur keine Zinsen, sondern nicht einmal das Sparguthaben auszahlte, also eigenmächti­ ger handelte als die Finnische Bank, unterließ es dann aber. Wen interessierten in der Volksbildungsgesell­ schaft seine persönlichen Geldangelegenheiten? Das wichtigste war hier das Studium, nicht Huhtamoinens Bankpraktiken.
    Was ist Rembours? Was ist eine Obligation? Huttunen fand die Termini der Handelslehre span­
    nend und lustig, sie prägten sich ihm gut ein. Er ärgerte sich, daß er nicht in jüngeren Jahren Handel studiert hatte. Das Studium war erstaunlich leicht und außer­ dem bestimmt von enormem Nutzen. Wenn ein solventer Geschäftsmann anfinge zu heulen, würde ihm das ver­ mutlich leichter verziehen als einem Müller… Egal, auch in seinem Alter war es noch nicht zu spät, sich Klarheit über die Dinge zu verschaffen.
    Huttunen freute sich schon im voraus auf den Tag, da ihm die Fernakademie das Zeugnis über die Absolvie­ rung der Handelsschule schicken würde. Bis Weihnach­ ten wäre das geschafft, wenn man bedachte, wie leicht ihm das Studium fiel. Nachher konnte ihn niemand mehr für einen nichtsnutzigen Irren halten. Er würde dem Kommissar ein bißchen Bußgeld für das Heulen bezahlen, und dann, wer weiß, würde er vielleicht eines Tages die Buchhaltung eines Großhandelslagers besor­ gen! Daneben könnte er auch noch eine Mühle betrei­ ben, falls der Ort eine solche besaß.
    Dann fiel ihm ein, daß man ihm kein Zeugnis ausstel­ len würde. Das Kursmaterial war aus Vorsichtsgründen auf den Namen von Briefträger Piittisjärvi bestellt wor­ den. Klar, daß der Postmann auch das Zeugnis bekäme. Ihm, Huttunen, blieben lediglich die Kenntnisse, und die wogen nicht viel ohne amtliche Beglaubigung.
    Andererseits, wenn man es von Piittisjärvis Stand­ punkt aus betrachtete, so hätte der von diesem Studium spürbaren Nutzen. Der Kerl brauchte nichts weiter zu tun, als Briefe auszutragen und Branntwein zu saufen, und nebenbei studierte ihm ein anderer das Zeugnis der Handelsschule in die Tasche. Wenn Piittisjärvi pfiffig war, konnte er es über kurz oder lang bis zum Postver­ walter des Kirchdorfes bringen. Der jetzige hatte be­ stimmt keine Handelsschule besucht. Huttunen ver­ suchte, sich Piittisjärvi im Amt des Postverwalters vor­ zustellen. Er würde mit der Brille auf der Nase hinter einem großen Schreibtisch sitzen und hin und wieder amtliche Stempel auf Wertsendungen knallen.
    Der Einsiedler freute sich über diese Vorstellung und machte sich daran, die Lehren aus dem Kaitilaschen Handbuch zu wiederholen.
    Ist egal, wer von uns beiden nach oben kommt, Piit­ tisjärvi oder ich, dachte er und überprüfte seine Kennt­ nisse in der Rediskontierung.
    Am Freitag wurde das Wetter ein wenig wärmer, es war wolkig, regnete aber nicht. Huttunen steckte die ausgefüllten Lehrbriefe in Umschläge, frankierte sie und schrieb auch noch einen Brief an die Klubberaterin. Dann trug er alles zu seiner persönlichen Waldpost. Dort würden für ihn ein paar Nummer der Nordnachrich­ ten liegen, vielleicht auch noch mehr. Ein paar Zeilen von Sanelma Käyrämö? Abends erreichte Huttunen den Briefkasten. Er näherte sich vorsichtig, aber es gab keinen Hinterhalt, der Poststandort war geheim geblie­ ben. Im Kasten befanden sich die Zeitungen und ein Brief von Sanelma. Der Brief enthielt viele feurige Lie­ besworte sowie die Mitteilung, daß wieder einmal mit einer großen Schar Männer die Gegend östlich des Ke­ miflusses nach Huttunen durchsucht worden sei. Der Kommissar habe getobt und Wachtmeister Portimo übel beschimpft, weil es ihm im ganzen Sommer noch nicht gelungen war, Huttunen zu verhaften.
    In den Nordnachrichten waren Leichtathletik-Bezirkswettkämpfe angekündigt, sie sollten am kom­ menden Sonntag auf dem Sportplatz des Kirchdorfes stattfinden. Der Gouverneur persönlich hatte die Schirmherrschaft übernommen, da er gleichzeitig eine offizielle Inspektionsreise in die Gemeinde unternahm. Die Zeitung brachte sowohl das Programm der Wett­ kämpfe als auch das des Gouverneurs.
    Huttunen beschloß, als Zuschauer teilzunehmen. Vielleicht konnte

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