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Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenschwur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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Sie war froh, dass der Junge die bevorstehende Aussprache mit Karoline nicht mitbekommen würde.
    Johann hatte die Lebensmittel vom Fuhrwerk genommen und ging mit der Kiste durch die Hintertür in den Flur des Haupthauses. Von Gefühlen übermannt blickte er sich um. Er konnte sich noch genau erinnern, wo welcher Raum lag und wie er aussah. Langsam ging er von Kammer zu Kammer und blickte hinein. Es schien, als ob sich nichts verändert hätte, zumal manche Räume anscheinend seit langer Zeit nicht mehr bewohnt wurden. Johann ging zum Treppengeländer im Flur und schaute ins obere Stockwerk, wo einst seine Kammer gelegen hatte. Dann ging er zurück in die Küche und stellte die Kiste ab. Mit einem tiefen Seufzer setzte er sich an den Tisch zu seiner Frau und seiner Tochter.
    Karoline stand an der Feuerstelle und rührte angestrengt in einem Eisentopf. Immer wieder schweifte ihr Blick zu Magdalena, deren Aussehen sie erschreckt hatte. Das Mädchen erinnerte sie an ihren Sohn. Sie hat das blonde Haar und die blauen Augen wie Michael, und ihre Gesichtsformen sind sich verblüffend ähnlich, dachte Karoline erschüttert.
    Der Geruch des geräucherten Schinkens, den Johann auf den Tisch gelegt hatte, breitete sich in der Küche aus, sodass Jodokus, als er eintrat, schluckte und erklärte: »Unsere Speisekammer ist fast leer. Geräucherten Schinken gab es bei uns lange nicht mehr.«
    Johann nickte ihm freundlich zu und wagte zu fragen: »Können wir einige Zeit bei euch wohnen, bis ich weiß, wo wir uns niederlassen werden?«
    Noch bevor Jodokus antworten konnte, schrie Karoline: »Nein! Ich will euch nicht im Haus haben!«
    »Er ist dein Bruder, und sie sind deine Familie!«, wies Jodokus erneut seine Frau zurecht und blickte Karoline vorwurfsvoll an.
    »Sie«, rief Karoline und zeigte dabei mit dem Kochlöffel auf Franziska, »wurde der Hexerei verdächtigt, und sie ist sicher eine Hexe geblieben.«
    »Dann ist sie bei dir in bester Gesellschaft!«, spottete ihr Mann.
    Fragend blickten Johann und Franziska zu Jodokus.
    Karoline wusste, dass er an den Hexenschwur der alten Hebamme dachte, die ihr einst Krankheit und Seuchen, Hunger und Not gewünscht hatte, und zischte: »Schweig.«
    Doch Franziska war hellhörig geworden. »Wie meinst du das?«, fragte sie.
    »Das geht dich nichts an«, giftete ihre Schwägerin.
    »Der Einzige, der Franziska der Hexerei bezichtigte, war unser Vater«, brauste Johann auf. »Weder ein Magier noch eine Kinderhexe oder andere Fachleute haben den bösen Verdacht wiederholt, den Vater erhoben hatte«, verteidigte Johann seine Frau, indem er mehr zu Jodokus als zu seiner Schwester sprach.
    »Er ist nicht dein Vater«, fauchte Karoline.
    Johann schaute erschrocken seine Tochter Magdalena an. An ihrem Gesichtsausdruck konnte er erkennen, dass sie verwirrt war. »Ich werde dir ein anderes Mal das letzte Geheimnis unserer Familie erzählen«, versprach er und wandte sich wieder seiner Schwester zu. »Wann ist Mutter gestorben?«, fragte er leise.
    Widerstrebend setzte sich Karoline an den Tisch und legte den Holzlöffel zur Seite. Müde fuhr sie sich durch das Gesicht. »Es war gleich nachdem ihr geflohen seid. Wenn ich mich recht erinnere, war es noch am gleichen Tag.«
    Johann sah seine Schwester bestürzt an. »Um Himmels willen, was ist geschehen?«, fragte er leise.
    Karoline blickte zu ihrem Mann, der ihr aufmunternd zunickte, trotzdem schluckte sie schwer. »Mutter hat sich im Schlafzimmer mit Vaters wertvollem Gürtel, den er damals beim Wettschießen gewonnen hatte, erhängt«, wisperte sie.
    »Nein«, stöhnte Johann auf und schluchzte, sodass Franziska ihren Arm um ihn legte. Er presste sein Gesicht an ihre Schulter und weinte wie ein Kind. Als sein Schluchzen nachließ, schaute er seine Schwester an. »Warum hat sie das gemacht?«, fragte er und gab sich die Antwort selbst: »Ich bin schuld. Ich habe sie alleingelassen.«
    Karolines Gesichtsausdruck veränderte sich. Sie sah tiefunglücklich aus. »Nein, ich bin schuld«, flüsterte sie. »Ich habe Mutter beschimpft, weil sie Vaters Goldmünzen aus der Kiste gestohlen und dir gegeben hatte. Ich habe ihr gedroht, dass sie deshalb in den Kerker kommen würde. Ich war so böse zu ihr«, schluchzte Karoline auf. »Deshalb hat sie sich umgebracht.«
    Johann lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schloss die Augen.
    So viel Leid, so viel Schmerz, dachte er, als er Franziskas Hand auf seinem Arm spürte und zu ihr schaute. Er schnaufte tief

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