Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
Friedhof begleitet, denn sie wollte, dass die beiden Geschwister allein das Grab der Mutter aufsuchten. Sie saß mit Benjamin in der Küche, während Jodokus mit Erik unterwegs war, um ihm das Bonner’sche Land zu zeigen. Arne war mit Magdalena in den Stall gegangen, um die Kuh zu melken, was sie zögerlich genehmigt hatte.
»Mir ist langweilig«, jammerte Benjamin zum wiederholten Mal und stützte sein Kinn auf die Tischplatte.
»Das ist wohl dein Lieblingssatz geworden«, schmunzelte Franziska und begann, Steckrüben zu putzen.
»Als wir mit den Schweden unterwegs waren, hatte ich viele Spielkameraden, aber hier ist alles langweilig.«
»Was hältst du davon, wenn du in dem Haus auf Schatzsuche gehst?«, fragte sie ihren Sohn.
Sofort ruckte sein Kopf hoch. »Du meinst, ich darf in jeden Raum gehen?«
»Nur, wenn du versprichst, dass du nichts kaputt machst.«
»Ich verspreche es«, rief Benjamin und lief hinaus in den Flur.
Nach einer Weile hatte er alle Räume gesehen, und alle waren gleich langweilig gewesen. In keinem konnte er einen Schatz entdecken. Es gab nur noch eine Tür, hinter die er noch nicht geschaut hatte. Als er die Klinke hinunterdrückte und die Tür aufstieß, murmelte er enttäuscht: »Nur ein blöder Keller!«
Doch dann hörte er leises Klirren und ein anderes Geräusch, das er nicht erklären konnte. Vielleicht ist hier unten ein Hund eingesperrt, dachte er freudig und ging langsam die ersten Treppenstufen hinunter.
Arne trug den Eimer mit der Milch und hielt Magdalenas Hand. »Du schaust keine fremden Männer an, bis ich aus dem Krieg zurückkehre?«, fragte er scherzhaft, doch sein Blick war ernst.
»Das muss ich mir reiflich überlegen«, antwortete Magdalena und öffnete ihm die Tür zur Küche.
Als er den Eimer auf dem Tisch abstellte, war ein fürchterlicher Schrei zu hören.
»Benjamin«, flüsterte Franziska und eilte hinaus, wobei sie gegen den Tisch stieß, sodass die Milch überschwappte.
• Kapitel 44 •
Der Schrei hallte durchs Haus, und Franziska eilte zu der offenen Tür im Flur. Sie sah die Treppe und stieg eilig einige Stufen hinunter, um nachzusehen, als sie Benjamin am Fuß der Kellertreppe entdeckte. Er hielt sich die Ohren zu. Verstört blickte der Knabe zu ihr hinauf, und Franziska erkannte, dass nicht er es war, der schrie.
»Wer schreit hier so fürchterlich?«, rief sie ihm zu und ging weiter nach unten. Sofort presste sie die Hand vor die Nase. »Igitt«, nuschelte sie. »Was stinkt hier so?« Erst jetzt sah sie das Kind, das sich gegen die Kellerwand presste und schrille Schreie ausstieß. Dann nahm sie den Dreck, die Ecken voller Fäkalien und die Essensreste wahr, die verwesten.
»Herr im Himmel«, flüsterte Franziska fassungslos und nahm ihren Sohn in den Arm. Verwirrt blickten beide zu dem Kind, das sich weder mit Gesten noch durch Worte beruhigen ließ. Es schrie und weinte gleichzeitig. Sie nahm die Hand von der Nase und betrachtete das verwahrloste Wesen, als sie das Eisen an seinem Knöchel entdeckte. »Wer bist du, und wer hat dir das angetan?«, wisperte sie erschüttert.
Arne und Magdalena waren Franziska in den Keller gefolgt und standen dicht hinter ihr. Auch Magdalena hielt wegen des Gestanks die Luft an, als sie das schmutzige Kind entdeckte. Bestürzt blickte sie Arne an, der kopfschüttelnd dastand.
Das Schreien wurde kraftlos, und schließlich verstummte das Kind. Schluchzend saß es da, nuckelte an seinem Daumen und blickte mit leerem Blick an den fremden Menschen vorbei.
»Wer kann das sein?«, flüsterte Magdalena und machte einen Schritt auf das Kind zu, als es sofort den Mund aufriss und erneut brüllte. Hastig wich das Mädchen zurück, und das Kind verstummte wieder.
»Ich wollte dir die Nase putzen und deine Tränen trocknen«, entschuldigte sich Magdalena und sah Arne fragend an.
Er zuckte mit den Schultern.
Plötzlich drang das Piepen eines Vogels in den Kellerraum, und das Kind zeigte mit seinem dünnen Finger zur Wand. »Piep, piep«, grunzte es, und sein Gesicht entspannte sich.
Arne betrachtete das fremde Kind und erklärte: »Das Kind ist ein Schrumpfkopf. Es ist geistig zurückgeblieben.«
Da sagte hinter ihm eine Stimme: »Es ist ein Wechselbalg.«
Jodokus kam die Treppe herunter, und sofort veränderte sich der Gesichtsausdruck des Kindes. Es keuchte und versteckte sein Gesichtchen in den Händen.
»Lasst uns nach oben gehen. Ich werde euch berichten, wie wir zu dem Dämonenkind gekommen sind«, sagte
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