Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
Wesen ihrer Mutter und wird sich weiterhin gegen mich auflehnen.«
Maria lachte kurz auf, und sein Blick wandte sich ihr zu. »Ich würde eher sagen, sie ist ebenso stur wie ihr Vater.«
»Ich bin nicht stur!«
»Und ob du das bist! Nichts wird dich davon abbringen, zurück auf dein geliebtes Eichsfeld zu gehen«, flüsterte sie und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Johann legte den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich, sodass ihre weiße Haube verrutschte. »Ach, Maria!«, murmelte er und küsste ihre Stirn. »Ich würde alles darum geben, wenn ich es ungeschehen machen könnte und wir bleiben könnten.«
»Franziska und du, ihr müsst endlich miteinander reden. Erst dann kann alles wieder gut werden«, riet sie.
»Nicht hier, wo es geschehen ist. Erst wenn wir Wellingen verlassen und aufs Eichsfeld zurückkehren, wird uns die Aussprache hoffentlich gelingen.«
»Aber warum müsst ihr so weit weggehen? Geht in die Kurpfalz oder ins Elsass, sodass wir einander regelmäßig besuchen können«, flehte sie.
Doch Johann schüttelte den Kopf. »Ich will nicht wieder als Fremder irgendwo neu anfangen. Das Eichsfeld ist unsere Heimat. Dort gehören wir hin. Auch will ich wissen, wie es meiner Mutter und meiner Schwester geht.«
Maria legte ihren Kopf an seine Brust und weinte leise. »Versprich mir, dass ihr eines Tages zurückkommen werdet«, schluchzte sie.
»Das kann ich nicht!«, sagte er und sah dabei in die blauen Augen seiner Tochter, die aufgewacht war und ihn anblickte.
• Kapitel 13 •
Es war einer dieser warmen Frühlingstage im April, der die Natur endgültig weckte. Die Sonne feuerte die Knospen an, sich zu öffnen, sodass ihre bunte Pracht die Bienen anlockte. Überall summte und brummte es. Vögel flogen emsig hin und her, und während einige um die Wette trällerten, trugen andere dünne Zweige in den Schnäbeln, die sie für ihren Nestbau wegschleppten. Auf den getrockneten Koppeln fraß sich eine Pferdeherde am frischen Grün satt. Fohlen machten übermütig Luftsprünge, andere wälzten sich im Gras.
Die Welt war erwacht, und alles schien bunt, frisch und harmonisch zu sein. Nur Magdalena empfand das Leben als tiefschwarz, und sie hatte das Gefühl, trotz Sonne zu erfrieren. Wie erstarrt saß sie auf dem Fuhrwerk neben ihrer Mutter, die kein Wort sprach und bewegungslos nach vorn stierte.
In den Augenwinkeln sah Magdalena eine Bewegung, und sie wandte langsam den Kopf zur Seite. Sie erblickte Maria, die sich dicht neben das aufbruchbereite Pferdegespann gestellt hatte. Das Mädchen griff sich an die Brust, denn sie glaubte, jemand würde ihr Herz quetschen. Magdalenas Atem schien nicht ihre Lunge zu erreichen, sodass sie nach Luft japste, während ihr Tränen über die Wangen liefen. »Ich will nicht fort. Bitte hilf mir«, wisperte sie und ergriff die Hand der Äbtissin, die sie aus rotgeweinten Augen anzulächeln versuchte.
»Verzage nicht, Liebes! Wenn der Herrgott es will, werden wir uns eines Tages wiedersehen«, flüsterte Maria und drückte dem Mädchen einen Kuss auf die eiskalten Finger. Dann griff sie sich an den Hals und nahm ihre Kette ab, die sie Magdalena in die Hand legte.
Das Mädchen betrachtete das Kreuz und fuhr mit den Fingerspitzen über die dunkelroten Granatsplitter, mit denen es verziert war. Das Licht der Sonne brach sich in den Steinen, sodass sie blutrot funkelten.
»Es soll dich beschützen und dir Glück bringen«, sagte Maria leise und schloss die Finger des Mädchens um das Schmuckstück. Dann trat sie einige Schritte zurück. Erschrocken schaute Magdalena auf, doch Maria lächelte und beruhigte sie: »Ich bleibe, bis du abfährst.«
Das Mädchen legte sich die Kette um den Hals und blickte sich um. Dabei schwor sie: Niemals werde ich meine Heimat vergessen. Sie betrachtete die Hütte am Rand der großen Koppel, die, seit sie denken konnte, ihr Heim gewesen war – ebenso wie das Haupthaus des Gestüts, hinter dessen Fenster neben der Eingangstür sie eine Bewegung erkennen konnte. Magdalena ahnte, dass Christel dort stand und zu ihnen herüberschaute. Clemens’ Frau hatte erklärt, sie könne wegen des schlafenden Sebastian das Haus nicht verlassen. Doch Magdalena wusste, dass sie den Abschied scheute. Bereits am Abend zuvor hatte Christel ihre Freundin Franziska, die wie zur Salzsäule erstarrt dastand, in den Arm genommen. Kein Wort war über Franziskas Lippen gekommen, während Christel ihr weinend am Hals gehangen hatte. Danach hatte
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