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Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenschwur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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Hebamme«, erklärte er müde, »hat nur Karoline und mich verflucht. Sie hat uns Angst, Krankheit und Seuchen an den Hals gewünscht. Sie schwor, dass Ungeziefer über Karoline und die Ihren kommen werde. Sie wünschte uns im Angesicht ihres Todes Hunger und Not. Niemand außer Karoline und mir wurde in den Fluch mit einbezogen. Aber glaube mir, Hilarius, auch ohne diesen Hexenschwur leiden wir genug.«
    Der Wirt sah Jodokus mitfühlend an. »Sein Kind auf solch grausame Weise zu verlieren ist wohl das Schlimmste, was Eltern passieren kann«, erklärte Hilarius.
    Jodokus nickte. »Einerlei, was wir mit dem Wechselbalg anstellen, unser Michael ist verloren, und wir sind an dieses Dämonenkind gefesselt.«
    Der Wirt schwieg einen Augenblick lang und fragte dann: »Wie sieht das Wesen aus? Hat es Flügel?«
    Jodokus schüttelte den Kopf. »Nein, wo denkst du hin? Leider hat es keine Flügel, sonst würde es womöglich wegfliegen.« Vor seinen Augen entstand wieder das Bild, wie das Wesen vor einigen Tagen kreischend auf dem Boden seiner Küche gesessen hatte. »Es ist blass und schmächtig, obwohl es ständig nach Essen brüllt. Seine Zähne sind klein und spitz und seine Haare hell gelockt und reichen ihm bis zum Arsch. Er kann nicht richtig gehen, da seine Beine krumm und dünn sind. Seine Füße sind verformt, und es ist wahrlich hässlich anzusehen.«
    »Ich hätte ihn wahrscheinlich schon totgeschlagen«, urteilte Hilarius und zapfte zwei neue Biere.
    »Bist du von Sinnen?«, widersprach ihm Jodokus. »Nur wenn er lebt, wird auch unser Michael leben. Obwohl es kaum Hoffnung gibt, so bete ich inständig, dass die Dämonen eines Tages ihr Kind holen und uns unseren Sohn zurückbringen werden.«
    Als der Wirt Tränen in den Augen seines Gastes schimmern sah, blickte er peinlich berührt zu Seite. Um ihn abzulenken, zeigte er auf seine Augenklappe. »Hast du die schon bemerkt?«
    Nun musste Jodokus grinsen. Er hatte sofort beim Eintreten die dunkle Klappe gesehen, die über Hilarius’ linkem Auge lag. »Es ist rühmlich, ein Gebrechen aus dem Krieg mitzubringen«, erklärte er, da er wusste, dass der Wirt gekämpft hatte.
    »Ach ja?«, tönte Hilarius. »Ich hätte darauf verzichten können. Drei Wochen habe ich in einem stinkenden Feldlazarett gelegen und gelitten. Um mich herum lagen die armen Schweine, denen man Beine, Hände oder Arme absägen musste, weil sie von Kanonenkugeln zerfetzt worden waren. Kein schöner Anblick, kann ich dir sagen. Aber was erzähle ich dir das, du hast ja nicht gekämpft. Oder?«
    Jodokus schüttelte den Kopf. »Nein, nachdem die Dämonen Michael gegen den Wechselbalg ausgetauscht hatten und unser Sohn verschwunden war, konnte ich Karoline nicht allein lassen. Aber manchmal wünsche ich mir, ich wäre auch aufs Schlachtfeld gezogen.«
    Hilarius musterte Jodokus verächtlich. »Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst. Ich habe in der ersten Reihe dem Feind gegenübergestanden. Habe seinen Schweiß und seinen faulen Atem gerochen. Was dir widerfahren ist, ist furchtbar. Aber es ist nicht vergleichbar mit dem, was auf dem Schlachtfeld geschieht. Neben mir sind meine Kameraden durch Kugeln verstümmelt worden, und ihre Gliedmaßen sind mir um die Ohren geflogen. Einem Nachbarn aus Mingerode hat die Kugel einer Büchse den Bauch explodieren lassen, sodass er sich in Gedärmen und Blut gewälzt hat. Glaube mir, Jodokus, in solchen Augenblicken würde jeder mit dir und deinem Schicksal tauschen wollen.«
    Jodokus schwieg und nippte an dem Bier, das ihm nicht mehr schmecken wollte. Er schob den Krug mit beiden Händen zur Mitte des Tischs. »Man muss erst in den Schuhen des anderen stecken, um ihn beurteilen zu können«, sagte er und stand auf. Nachdem er seinen Umhang angezogen hatte, legte er zwei Münzen auf den Tisch und ging ohne ein weiteres Wort hinaus ins Schneetreiben.

• Kapitel 22 •
    »Ich friere mir den Arsch ab«, knurrte Kurt und sah zum Himmel. Er musste blinzeln, da Schneeflocken an seinen Wimpern hängen blieben und schmolzen. Frierend schlug er die Arme um seinen Oberkörper, als sein Blick auf den milchgesichtigen Burschen fiel. »Peter, du Dummkopf! Such Feuerholz!«, befahl er und schaute dabei auf die Frau herab, die aus der Bewusstlosigkeit erwacht war und nun zitternd am Boden kauerte.
    Franziska erwiderte bang den Blick des Söldners, während ihr Sohn sich hinter ihrem Rücken versteckte und weinte.
    »Hör auf zu flennen«, schnauzte Kurt den Kleinen an, den er

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