Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
Fingerkuppen auf eine Stelle seines Halses drückte, stöhnte Johann schmerzerfüllt auf und stieß ihn zur Seite.
»Ich muss den Eiter aus der Wunde drücken, damit die Umschläge wirken können«, erklärte Arne und drückte erneut zu. Als kein Sekret mehr aus der Wunde lief, ging er zu einer Kiste, in der sich allerlei Flaschen, Tiegel und Töpfe befanden, und holte ein Säckchen heraus. »Ich werde dir einen Umschlag mit Schafgarbe machen. Wenn die heilenden Stoffe der Pflanze lang genug in die Wunde eingezogen sind, werde ich sie zusätzlich mit Ringelblumensalbe behandeln. Auch sie wirkt heilend und hält zudem die Wunde geschmeidig.«
Johann nickte widerstrebend.
Arne spürte die Abneigung des Mannes, was er sich aber nicht anmerken ließ. Er blickte zu Magdalena, die sein Tun aufmerksam beobachtete, nahm das Säckchen mit dem Kraut und erklärte: »Die Schafgarbe muss aufgekocht werden, damit ich sie in ein Tuch packen und deinem Vater als Wickel um den Hals legen kann. Außerdem muss ich dringend meinen Leuten den Bärlauch verabreichen, damit sie ihre Würmer loswerden. Es wird eine Weile dauern, bis ich wieder zurückkomme. In der Zwischenzeit solltest du deiner Mutter die nassen Sachen ausziehen. Ich lasse dir Schnee bringen, mit dem du ihren Körper abreiben kannst. Dadurch sollten Kälte und Fieber gedrückt werden.«
Als Arne das Zelt verlassen wollte, rief Magdalena hastig: »Was ist mit Vater?«
»Was soll mit ihm sein?«
»Er kann nicht hierbleiben, wenn ich Mutter entkleide«, erklärte sie und senkte den Blick.
Magdalena glaubte ein Schmunzeln in Arnes Blick zu erkennen, und sofort überzog eine tiefe Röte ihre Wangen. Da Arne das Mädchen aber nicht noch mehr in Verlegenheit bringen wollte, half er ihrem Vater aufzustehen.
»Komm, guter Mann!«, sagte er. »Wir werden nachsehen, ob Erik ein Wässerchen hat, das deine Wunden auch von innen heilt.«
Erleichtert, dass beide Männer fort waren, begann Magdalena ihre Mutter zu entkleiden. Da Franziska vor sich hin dämmerte, kostete es das Mädchen viel Kraft, den klammen Umhang sowie das Kleid vom Körper der Kranken zu ziehen. Sie war nass geschwitzt, als ihre Mutter entblößt vor ihr lag. Eine feine Gänsehaut überzog Franziskas Körper. Das Mädchen deckte sie mit dem Fell zu, das am Fußende des Bettes lag.
Keuchend vor Anstrengung stand Magdalena da und öffnete die Kordel ihrer Bluse, um sich den Schweiß von der Brust zu tupfen, als jemand vor dem Zelt rief: »Var hälsad!«
»Wer ist da?«, fragte sie erschrocken, woraufhin ein Junge erschien, der einige Jahre älter als Benjamin schien. Er stellte einen Trog mit Schnee vor ihre Füße und sagte grinsend: »Från Arne!« Dann verschwand er wieder.
Magdalena tauchte seufzend die Hand in den Schnee und wischte sich mit den kühlen, nassen Fingern über ihr erhitztes Gesicht. Dann ging sie zu ihrer Mutter, zog die Felldecke fort und warnte: »Es wird kalt werden.« Vorsichtig legte sie einige Hände voll Schnee auf Wangen, Hals, Brust und den Rumpf. Als der kalte Schnee Franziskas Haut berührte, glaubte Magdalena ein leichtes Zucken bei ihrer Mutter zu erkennen. Das Mädchen wartete einen Augenblick und verrieb dann den weißen Matsch, bis er zu Wasser schmolz.
Immer wieder packte das Mädchen Schnee auf seine Mutter und ertappte sich, dass es dabei unbewusst nach dem Mal Ausschau hielt, das Franziska angeblich als Hexe ausweisen sollte. Erschrocken über ihr Trachten, blickte Magdalena schuldbewusst ihre Mutter an, deren Augen geschlossen waren und die weiter im Dämmerschlaf lag.
Magdalena tupfte das Wasser vom Körper der Mutter und trocknete die Unterlage. Danach bedeckte sie sie mit dem Fell, als Schritte zu hören waren und Arne vor dem Eingang rief:
»Kann ich hereinkommen?«
Kaum bejahte das Mädchen seine Frage, betrat der Schwede das Zelt.
»Wo ist mein Vater?«, fragte Magdalena.
»Ich habe seine Wunden versorgt, und jetzt sitzt er bei Erik am Feuer.«
»Und Benjamin?«
»Er spielt mit unseren Kindern.«
Magdalena runzelte ungläubig die Stirn. »Mein Bruder versteht eure Sprache nicht. Wie will er sich mit den Kindern unterhalten?«
»Da ein Großteil unseres Nachwuchses hier in eurem Reich geboren wurde, sprechen viele unserer Kinder auch eure Sprache. Und das ist auch das Großartige an Kindern: Sie haben keine Schwierigkeiten, sich untereinander zu verständigen, selbst wenn sie die Sprache des anderen nicht verstehen. Kinder kommen ohne viele Worte
Weitere Kostenlose Bücher