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Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenschwur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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drehte ihn vorsichtig herum.
    Magdalena merkte, wie sie die Luft anhielt, als mit einem klackenden Geräusch der Deckel aufsprang und die Mutter ihn langsam öffnete. Das Mädchen blickte in den kleinen Kasten und war enttäuscht, denn sie hatte Schätze erwartet. Als sie jedoch in die leuchtenden Augen ihrer Mutter blickte, wusste sie, dass für Franziska alle Gegenstände in der Schatulle wertvoll waren.
    »Was sind das für Sachen?«, fragte Magdalena leise.
    »Sieh nur, mein Kind«, sagte ihre Mutter und zog lächelnd ein Silberkettchen hervor, an dem ein honigfarbenes Steinchen hing. »Das ist deine Kette, Magdalena. Der frühere Amtmann von Wellingen hatte sie dir zur Taufe geschenkt. Der Bernstein sollte dir das Zahnen erleichtern. Seit Johannes’ Tod habe ich die Schatulle nicht mehr geöffnet und weiß selbst kaum noch, was ich alles darin aufbewahre.« Dann nahm sie ein Seidentüchlein heraus und wickelte es vorsichtig auf. Es enthielt drei Haarsträhnen, die jeweils mit einem Band unterschiedlicher Farbe zusammengebunden waren. »Schau, das sind Haarlocken von dir und deinen Brüdern. Diese ist von dir, diese von Benjamin und diese von Johannes. Deine Haare waren die hellsten«, sagte Franziska und strich ihrer Tochter liebevoll über die Wange. »Benjamin und Johannes hatten fast die gleiche Haarfarbe. Obwohl ich jetzt sagen würde, dass Johannes etwas hellere Haare hatte.«
    Magdalena blickte ihre Mutter überrascht an. »Du kannst seinen Namen nennen, ohne traurig zu sein?«, fragte sie leise.
    Franziska nahm Johannes’ Locke in die Finger und atmete seufzend aus. »Ich werde über seinen Verlust niemals hinwegkommen, aber ich muss ihn annehmen, denn mein Kind wird nicht zurückkehren. Gestern in meinem Fiebertraum ist mir Johannes erschienen. In diesem Traum habe ich Abschied von ihm genommen. Mir ist bewusst geworden, dass ich zwei lebende Kinder habe, die mich brauchen. Magdalena«, sagte Franziska unter Tränen, »es tut mir leid, dass ich mich von euch abgewendet habe, aber ich konnte nicht aus meiner Haut schlüpfen. Seit gestern blicke ich nach vorn, und ich weiß, dass wir wieder eine glückliche Familie werden.«
    Magdalena wollte ihre Mutter umarmen, als sie draußen eine Stimme hörte und Arne erkannte. Erschrocken schaute sie um sich.
    »Was hast du?«, fragte Franziska erstaunt.
    »Ich will ihm nicht begegnen«, flüsterte Magdalena und flüchtete zur Zeltwand, wo sie sich auf den Boden legte und unter der Plane hinausrollte.
    Franziska blickte ihrer Tochter ungläubig hinterher, als Arne fragte, ob er eintreten dürfte. Sie antwortete mit einem knappen Ja, und sogleich kam er herein.
    »Ich wollte mich nur nach deinem Befinden erkundigen«, sagte er, ohne sie anzusehen. Stattdessen schweifte sein Blick durchs Zelt.
    »Mir geht es von Mal zu Mal besser«, erklärte sie und sah ihn fragend an.
    Als er anscheinend nicht finden konnte, was er suchte, schaute er enttäuscht Franziska an. »Wenn es dir besser geht, dann bin ich zufrieden«, sagte er und verschwand wieder.
    »Ich glaube, Johann hat mit seiner Vermutung recht!«, murmelte Franziska schmunzelnd und widmete sich wieder ihren Schätzen in der Schatulle.
    Arne war enttäuscht, denn er hatte gehofft, Magdalena bei ihrer Mutter zu finden. Er stand vor seinem Zelt und überlegte, wo sie sein könnte, als ihm einfiel, dass das Mädchen nach dem Fuhrwerk gefragt hatte. Mit einem breiten Grinsen lief er über den Platz zu den Pferden. Dort schlüpfte er unter dem Seil hindurch in den abgegrenzten Bereich, wo die Tiere friedlich grasten, und lief mitten durch die Herde, um schneller zu den Fuhrwerken zu gelangen.
    Als Arne Johann bei dem Wagen stehen sah, war es zu spät, um sich zu verstecken oder ungesehen umzudrehen. Also ging er auf den Mann zu, der ihm griesgrämig entgegenblickte.
    »Du weißt, was ich dir geraten habe«, sagte Arne vorwurfsvoll, weil er hoffte, dass Johann ein schlechtes Gewissen bekommen würde. Doch weit gefehlt.
    Johann musterte Arne von oben bis unten, sodass der Schwede sich klein fühlte, obwohl er fast einen Kopf größer war als Magdalenas Vater. »Ich weiß, dass ich dir und deinem Freund dankbar sein muss. Ihr habt meine Familie und mich vor dem Tod bewahrt, deshalb stehe ich in eurer Schuld. Das gibt dir jedoch nicht das Recht, meiner Tochter nachzustellen. Du bist Schwede, und wir sind Deutsche. Zwar gehören wir einem Glauben an, aber auf dem Schlachtfeld wären wir Feinde …«
    Arne hörte Johann

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