Der Hexenturm: Roman (German Edition)
erhalten haben.«
Von Baßy nickte. »Es sind drei Männer und zwei Frauen. Sie sollen von der anderen Seite der Werra kommen. Der Landstrich heißt angeblich Eichsfeld.«
»Das weiß ich bereits.« Thomas Königsdorfer schien zu überlegen. Er stand auf, ging zum Fenster und blickte hinaus. Johann von Baßy gesellte sich zu ihm und folgte seinem Blick. Als er das runde Gebäude vor sich sah, das in der Abenddämmerung unheimlich und düster wirkte, fragte er: »Wie viele Frauen sind zurzeit im Hexenturm eingesperrt?«
»Bis jetzt sind es fünf Weiber«, antwortete Königsdorfer mit Abscheu in der Stimme. »Seit heute Morgen werden sie der peinlichen Befragung unterzogen.«
»Sind sie schuldig?«
»Dass es Hexen sind, wusste ich, bevor sie gestanden haben«, sagte Königsdorfer voller Hohn. »Bereits morgen werden sie brennen.«
Erstaunt blickte von Baßy auf. »So schnell?«
»Worauf warten? Schließlich haben sie Wetterzauber ausgeübt.«
»Das haben sie zugegeben?«
»Kannst du dich erinnern, dass wir jemals um diese Jahreszeit solches Wetter hatten?«, fragte der Püttlinger Amtmann zornig. Von Baßy wollte Königsdorfer nicht weiter reizen und schwieg. Stumm wandten sich die beiden Männer vom Fenster ab und setzten sich.
»Was ist jetzt, Thomas? Wirst du die Frau verhaften?«
Königsdorfer verengte seine Augen. »Warum willst du nur diese eine Frau im Hexenturm sehen? Warum nicht alle fünf?«
Johann von Baßy überlegte kurz. »Nein, die eine Frau reicht. Wir wollen nicht übertreiben«, versuchte er zynisch zu scherzen. »Sollten die anderen dann nicht vom Gestüt verschwinden, kannst du sie meinetwegen alle einsperren lassen.«
»Was springt dabei für mich heraus?«
Von Baßy wusste, dass im Grunde nur diese Frage für sein Gegenüber von Bedeutung war. »Es soll dein Schaden nicht sein, Thomas. Das Geldsäckchen wird reich gefüllt sein. Sollte ich das Gestüt übernehmen, erhältst du außerdem ein prächtiges Ross.«
Fragend zog Königsdorfer eine Augenbraue in die Höhe. »Warum so großzügig? Da steckt doch mehr dahinter.«
Von Baßys Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Weil ich besonders diese eine Frau dort drüben im Hexenturm sehen will!«
Königsdorfer blickte seinen Freund nachdenklich an. »Wieso solltest du das Gestüt erhalten? Die alte Rehmringer lebt schließlich noch.«
Von Baßy nahm einen Schluck Würzwein. »Durch die Verhaftung der jungen Frau wird die Alte eingeschüchtert werden. Niemand wird sie dann umsorgen, hegen und pflegen. Ich werde ihr zeigen, dass ihr Schicksal in meiner Hand liegt. Und wenn sie nicht das macht, was ich will, werden die anderen ebenfalls in den Hexenturm gesperrt. Einer nach dem anderen, bis die Alte unterschreibt.«
»Warum ist es dir so wichtig, das Gestüt ausgerechnet jetzt zu bekommen?«, fragte Königsdorfer verständnislos. »Irgendwann erbst du es sowieso.«
»Ich werde das Gestüt meinem Sohn Philipp überschreiben. Es soll für den Schultheiß von Dillingen ein Anreiz sein, seine Tochter mit meinem Sohn zu vermählen.«
»Normalerweise bringt doch die Braut die Mitgift mit«, höhnte Königsdorfer. Von Baßy nickte. »Das tut sie auch, denn die Tochter des Schultheiß wird eines Tages ein riesiges Waldgebiet besitzen. Und so wäre sie eine achtbare Partie für meinen Phillip, doch es gibt mehrere Bewerber. Deshalb muss mein Sohn etwas vorzuweisen haben, und dafür wäre das Gestüt mehr als gut geeignet.«
Ja, denn ohne das Gestüt würde dein Sohn nicht einmal vom Schultheiß angehört werden. Selten habe ich solch einen Trottel gesehen wie Phillip von Baßy!, dachte Thomas Königsdorfer und grinste in sich hinein.
»Wann wirst du die Frau festnehmen?«, fragte von Baßy fordernd.
»Wann soll die Hochzeit sein?«
»Die Mutter der Braut wünscht, dass die Vermählung einen Tag vor dem nächsten Weihnachtsfest stattfinden soll. Irgendeine rührselige Laune hat sie wohl dazu veranlasst.«
»Das ist gut, dann haben wir noch etwas Zeit. In den nächsten Wochen muss ich mich zurückhalten. Es sollen bereits Beschwerden gegen mich vorliegen, dass ich zu viele Verhaftungen vornehme. Lass uns bis zum Sommer warten, dann können wir sicher sein, dass es genauso kommen wird, wie du möchtest. Bis dahin verhalte dich ruhig, damit niemand Verdacht schöpft.«
Johann von Baßy spürte, wie sein Blut durch den Körper raste. Hitze kroch in ihm hoch, so dass er den noch warmen Wein beiseitestellte.
»Ich hoffe, ich kann mich auf dich
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