Der Hexenturm: Roman (German Edition)
ein. »Sie will es nicht anders! Nun gut, dann werde ich wohl andere Schritte einleiten müssen. Der Amtmann von Püttlingen wird wissen, was zu tun ist!«
Regina Rehmringer saß in ihrem Bett und gluckste wie ein Kind. »Du hättest sein Gesicht sehen sollen, Katharina! Ich dachte, sein puterroter Schädel würde jeden Augenblick platzen. Johann konnte seinen Zorn schlecht zügeln. Als er mir mit ernster Miene von den unheimlichen Schatten erzählte, konnte ich mich kaum noch beherrschen und hätte beinahe losgeprustet.«
Erschrocken hielt Katharina in ihrer Arbeit inne. »Der Amtmann erzählte von den Schatten? Woher weiß er von ihnen?«
»Irgendein Trottel wird sie gesehen und es ihm erzählt haben. Was ihm nicht zu verdenken ist, schließlich passiert in den Wintermonaten nicht viel, und da ist man für alles empfänglich.«
Katharina nickte und schüttelte der alten Frau das Kissen auf.
»Wo ist Burghard?«, fragte Frau Rehmringer und gähnte verhalten. »Bei Pfarrer Schnetter?«
Eifrig nickte die junge Frau. »Er wird bis morgen bleiben wollen, dann ist auch diese Abschrift vollendet.«
Ein verschwörerisches Lächeln ließ Frau Rehmringer jünger wirken. »Wunderbar! Bis das Wetter sich ändert, werden sie zahlreiche Abschriften des Buches gefertigt haben. Dann können sie endlich die Pfarrer in diesem Teil des Reiches aufsuchen und bekehren.« Mit besorgter Miene fragte sie dann Katharina: »Du hast Burghard aber doch hoffentlich ermahnt, dass er das Fenster des Arbeitszimmers in der Pfarrei abdecken soll?«
»Ja, Frau Rehmringer, sogar Johann hat ihn darauf hingewiesen. Seit unsere Freunde von seinem Geheimnis wissen, sind sie sehr bedacht darauf, dass es gewahrt bleibt.«
»Sehr schön, mein Kind. Es wäre der Anfang vom Ende, wenn jemand den Schein eines Kerzenlichts sehen würde, obwohl Pfarrer Schnetter gegenwärtig in der Gemeinde Schwalbach weilt.«
Müde streckte sich Regina Rehmringer auf ihrem Bett aus. Katharina setzte sich zu ihr und begann von ihrer Heimat, dem Eichsfeld, zu erzählen.
Mit spitzen Fingern suchte Burghard in einem Kistchen nach einer passenden Feder. Als er eine Pfauenfeder fand, spitzte er sie mit einem Federmesser an. Mehrmals hielt er die Rohrfeder vor das Licht der kleinen Kerze, die vor ihm auf dem Tisch brannte. Nachdem die Feder die passende Spitze hatte, tauchte er sie vorsichtig in das kleine Tintenglas.
Burghard hielt die Luft an und schrieb in schwungvollen Buchstaben die Überschrift. Nachdenklich betrachtete er sein Werk.
Noch wenige Seiten, und auch diese Abschrift wird vollendet sein, dachte er zufrieden. »Wenn es nur nicht so kalt wäre, dass mir die Finger steif werden!«, schimpfte er, als er seinen Atem als eine weiße Wolke vor sich sehen konnte. Er schüttelte die gefühllos gewordenen Hände. Burghard traute sich nicht, das Feuer im Kamin anzuzünden aus Angst, jemand könnte den Qualm bemerken. Er ging im Zimmer auf und ab und hüpfte in die Höhe, um die Kälte aus seinem Körper zu vertreiben. Erschöpft wischte er sich mit beiden Händen übers Gesicht. Seine Augen brannten. Auch Hunger und Durst quälten ihn. »Ich sollte mir eine Pause gönnen und etwas essen.«
Hungrig schaute Burghard in den Beutel, den Katharina ihm gepackt hatte. Erst jetzt bemerkte er, dass seine Finger mit dunkler Tinte verschmiert waren. »Wie soll ich erklären, dass Tinte an meinen Fingern haftet?«, murmelte er vor sich hin und wischte mit dem Beutelleinen darüber. Aber die Farbe ließ sich nicht abreiben. Müde gab er auf und kramte im Beutel nach etwas Essbarem. Katharina hatte ihm Brot, Käse und ein Stück geräucherten Speck eingepackt. Burghard zog den Korken aus dem Krug und goss sich Wein in einen Becher. Genussvoll nahm er einen Schluck. Als der Rebensaft seine Kehle hinunterrann, schloss er die Augen. »Mmmh!«, stöhnte er leise. »Das ist die richtige Belohnung für meine Arbeit«, freute er sich und glaubte, dass der Wein ihn wärmen würde.
Mit dem Becher in der Hand blickte Burghard auf die zahlreichen beschriebenen Buchseiten, die er zum Trocknen inmitten der Pfarrstube an einer Schnur aufgehängt hatte. Während er von dem Käse abbiss, betrachtete er die vor seinen Augen schwebenden Seiten. Er ging sie der Reihe nach durch und nickte zufrieden.
»Meine Arbeit kann sich sehen lassen!«, flüsterte er zwischen zwei Bissen. »Jeder verschnörkelte Buchstabe kommt einem Meisterwerk gleich!«
Plötzlich bewegten sich die Blätter an
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