Der Hexenturm: Roman (German Edition)
hätte, verzog er keine Miene.
»Ich suche Matthias Heixel«, sagte er ruhig.
»Was willst du von Matthias?«, fragte der Alte.
»Das geht dich nichts an!«, erwiderte Bonner.
»Mmh«, grummelte der Wachmann und betrachtete den Reiter genauer. »Ich kenne dich!«, stellte er schließlich fest.
»Ich wüsste nicht, woher.«
»Lass mich überlegen«, sagte das Männlein und kam näher. Nachdenklich musterte der Mann ihn und schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe mich geirrt. Ich kenne dich nicht. Obwohl du einem Mann gleichst, der im letzten Jahr Einlass gefordert hat, um Heixel zu finden. Der war fett und sauber. Sein Gesicht war weder von Pusteln übersät, noch waren seine Haare lang und spärlich«, sagte er und blickte Bonner verächtlich an.
Denk, was du willst, du Trottel, spottete Bonner in Gedanken. »Wie lange soll ich noch hier warten, bis du mir Einlass gewährst?«, fragte er stattdessen ärgerlich.
Ohne ein weiteres Wort trat der Wachmann zur Seite und ließ ihn durch.
Bonner ritt wieder den Weg entlang, der wie eine weite Spirale um die Burg herumführte. Erstaunt besah er sich die Tore, die er in regelmäßigen Abständen durchschritt. »Die sind mir bei meinem ersten Besuch gar nicht aufgefallen«, murmelte er. In Höhe des Lustgartens hielt er kurz an und blickte zu der Burg empor.
Die Baustelle, die Bonner bei seinem ersten Besuch gesehen hatte, war mittlerweile verschwunden. Dafür hatte sich an anderer Stelle eine neue aufgetan. Er ritt weiter und zählte Burgtor neun, das hoch überbaut war. Bis er schließlich zum Burgplatz kam, hatte er zwölf Tore passiert.
Auch hier wurde gebaut, und auf einem hohen Gerüst schwitzten die Arbeiter, während einige andere im Schatten saßen und Bauzeichnungen besprachen.
Bonner ging zu einem Mann, der sich einen Becher mit Wasser füllte, und fragte höflich: »Könnt Ihr mir sagen, wo ich den Fährtenleser Matthias Heixel finde?«
Der Mann nahm einen Schluck, wischte sich mit dem Handrücken über den fast zahnlosen Mund und rief: »Heinrich, hast du Matthias gesehen?«
Der Angesprochene nickte. »Er ist rüber in die Küche marschiert, um das Wild abzuliefern.«
»Ihr habt es gehört.«
Bonner bejahte. »Wo befindet sich die Hofküche?«
Der Mann zeigte hinter sich. »Geht über den obersten Burghof bis zur Treppe. Dort ist die Küche.«
Schon von weitem stieg Bonner der Duft gebratenen Fleisches in die Nase, und er konnte das Gebrüll der Köche hören. Neben dem Kücheneingang hing ein Reh, das von einem Küchenjungen ausgeweidet wurde. Ein schlaksiger langer Kerl, dem das Blut am Kittel klebte, schaute dabei zu.
»Pass auf, dass du das Herz nicht zerschneidest. Die Gräfin will es gefüllt auf dem Teller sehen«, ermahnte er den Burschen.
Bonner trat hinzu und sprach ihn an: »Ich suche Matthias Heixel.«
»Was willst du von ihm?«, fragte der Lange, ohne den Blick von dem Stück Wild zu nehmen.
»Ich benötige seine Hilfe.«
»Für was?«
»Das werde ich Heixel sagen.« Bonner spürte, dass seine höfliche Art anstrengend und er übellaunig wurde.
Nun wandte sich der Mann ihm zu. »Ich bin Matthias Heixel.«
Endlich!, dachte Bonner. »Du wurdest mir als bester Spurensucher empfohlen«, erklärte er laut.
»Ja, das sagt man über mich«, stimmte Heixel dem Lob selbstbewusst zu. »Was soll ich für dich aufspüren? Reh, Hirsch, Wildschwein oder vielleicht einen Wolf oder Bären?«
»Nein, von Bären will ich nichts mehr wissen.«
Bonner griff Heixel am Arm und zog ihn außer Hörweite des Küchenjungen.
»Du sollst meinen Sohn und seine Braut aufspüren.«
»Menschen?«, fragte Heixel ungläubig. Bonner nickte.
»Wie soll das denn gehen? Wie soll ich ihre Spur finden?«
»Ich denke, du bist der beste Fährtenleser weit und breit? Lass dir was einfallen. Es soll dein Schaden nicht sein!«
Bonner zog zwei Goldstücke hervor. »Eins, wenn du zusagst, und vier weitere, wenn du sie gefunden hast.«
Heixel sah das Gold in Bonners Hand blinken und hob erstaunt den Blick. »Was haben sie ausgefressen?«
Bonner ließ das Geld wieder in seiner Tasche verschwinden. »Das geht dich nichts an. Du sollst sie lediglich aufspüren.«
Heixel nickte. »Solch ein Angebot kann ich mir nicht entgehen lassen!«
»Aber glaube nicht, dass du mich hintergehen kannst, Heixel. Meine Augen sind überall!«
Johann und Franziska standen auf der einen Seite des Flusses, Bonner auf der anderen. Vergeblich versuchte der Bauer nach
Weitere Kostenlose Bücher