Der Hexenturm: Roman (German Edition)
sich Burghard.
»Selten habe ich den Grafen so begeistert gesehen«, lobte nun auch Kutscher Braun die beiden. »Kommt, nun will ich euch für eure guten Dienste entlohnen!«, sagte er und führte die beiden jungen Männer in seine Schreibstube.
Regina Rehmringer saß am Frühstückstisch und las in einer Flugschrift, als jemand heftig gegen das Eingangsportal hämmerte. Ein furchtbarer Schrei ließ sie zusammenfahren. Sie stieß den Stuhl zurück und eilte zur Tür, die sie energisch aufriss. Lautes Stimmengewirr und das Weinen einer Frau waren an der Eingangstür zu hören.
Regina Rehmringer ging, so schnell sie konnte, die geschwungene Treppe nach unten und sah, wie zwei Männer Katharina grob am Arm ergriffen hatten und hinausführen wollten.
Franziska stand mit Magdalena zitternd daneben und schrie, dass sie sie loslassen sollten.
»Was geht hier vor?«, rief die alte Frau mit kräftiger Stimme. Ein schwarz gekleideter Mann mit einem ebenso dunklen Hut erschien im Türrahmen. Er rollte ein Pergament aus und las mit dröhnender Stimme vor: »Die Magd, genannt Katharina, wird der Hexerei angeklagt und bis zum Verhör in den Hexenturm von Püttlingen gesperrt …« Mehr konnte Regina Rehmringer nicht verstehen, denn ihr wurde schwindlig. Franziska eilte zu ihr, um sie zu stützen. Die kleine Magdalena, die das Durcheinander erschreckt hatte, begann laut zu weinen. Plötzlich stürmte Johann hinzu. Mit einem kurzen Blick erfasste er die Lage und schob Frau Rehmringer einen Stuhl unter. Seiner Frau raunte er zu: »Geh mit dem Kind in die Küche!« Als er Franziskas verstörten Blick sah, zischte er: »Sofort!«
Schließlich wandte er sich an die Eindringlinge und fragte mutig: »Wessen wird sie angeklagt?«
Der Fremde musterte Johann kühl. »Wer bist du, dass du es wagst, dich so zu gebärden, Knecht?«
»Das tut nichts zur Sache, Herr Königsdorfer!«, sagte Regina Rehmringer, die sich von dem Stuhl erhoben hatte und furchtlos auf den Amtmann zuschritt. »Ihr seid doch Thomas Königsdorfer, der Hexenjäger von Püttlingen?«, fragte sie und blickte ihm geradewegs in die kalten Augen. »Wessen wird meine Magd beschuldigt?«
»Sie soll Schadenszauber über Euren Knecht Paul verhängt haben.«
»Über Paul?«, ereiferte sich Regina Rehmringer. »Das ist doch dummes Geschwätz! Wer behauptet so etwas?«
Hinter Königsdorfers Schergen trat nun Johann von Baßy hervor. Zuerst weiteten sich die Augen der alten Frau, dann kniff sie diese leicht zusammen. »Wie kannst du es wagen!«, presste sie hervor.
»Es ist meine Pflicht, vermeintliche Hexen anzuzeigen, und da du das Einzugsgeld an die Kriechinger gezahlt hast, ist Königsdorfer als Kriechinger Amtmann für die Magd verantwortlich.«
»Was soll sie Paul angetan haben?«, fragte Johann und versuchte ruhig zu bleiben.
»Sie hat ihn verhext, so dass er nichts mehr essen kann. Zudem hat sie wie eine Katze gefaucht, als sie ihm das Gesicht zerkratzte.«
»Das ist eine Lüge!«, rief Katharina weinend. »Er hat sich mir unsittlich genähert. Da musste ich mich wehren«, schrie sie, als die Schergen sie auf einen Karren zerren wollten.
»Hilf mir, Johann!«, brüllte die junge Frau außer sich vor Angst. Als der Bursche sich auf die Häscher stürzen wollte, wurde er von einem Knüppel niedergestreckt und blieb regungslos auf dem Boden liegen. Im gleichen Augenblick setzte sich der Karren mit der schreienden Katharina in Bewegung. Thomas Königsdorfer schwang sich wortlos auf sein Pferd und folgte dem Tross.
Mit Tränen in den Augen sah Regina Rehmringer ihnen hinterher. Als ihr Blick Johann von Baßy traf, rief sie: »Gott wird dich für diese Übeltat strafen, Johann von Baßy! Dessen sei dir gewiss!«
Doch der Amtmann lachte nur gehässig, trat auf sie zu und flüsterte ihr mit heiserer Stimme zu: »Wenn ich mit dir fertig bin, Tantchen, kannst du nur hoffen, dass Gott sich nicht von dir abgewandt hat.«
Als Johann von Baßy außer Sichtweite war, kam der Schmied angelaufen und hob Johann hoch. Regina Rehmringer folgte ihnen in die Küche, wo das Gesinde sich versammelt hatte. Franziska weinte leise auf, als sie Johanns blutende Wunde am Hinterkopf sah. Sie drückte Regina Rehmringer das Kind in den Arm, befeuchtete einen Lappen mit Wasser und presste ihn gegen Johanns Wunde. Stöhnend ertrug er die Fürsorge seiner Frau.
»Wo ist dieser unsägliche Paul?«, fragte Regina Rehmringer mit energischer Stimme. Knechte und Mägde senkten die
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