Der Hexenturm: Roman (German Edition)
und tippte mit dem rechten Zeigefinger unentwegt auf seinen Oberarm.
»Ich habe nie zuvor mit einem Magier zusammengearbeitet.« Er blickte auf Maria und sagte: »Und mit so einer wie dir erst recht nicht!« Als Königsdorfer ihr den Rücken zuwandte, streckte sie ihm die Zunge heraus, was Barnabas schmunzeln ließ.
»Aber warum eigentlich nicht?«, hörte der Magier den Amtmann nun murmeln. »Zumal alle Welt nach Püttlingen und seinen Hexenprozessen schaut. Nicht ich wäre derjenige, der die Hexen verurteilt, sondern ein wahrer Fachmann. Man würde mich endlich in Ruhe lassen, denn die Verurteilungen wären glaubwürdig, da von einem Kenner begründet.«
Thomas Königsdorfer wandte sich den beiden erneut zu und sagte: »Ich werde es mit Euch versuchen. Es wird sich zeigen, wie das Gericht und die Menschen Eure Hexenfindung aufnehmen werden.« Wieder blickte er abwertend auf Maria. »Aber brauchen wir sie?«
Maria funkelte ihn aus ihren dunklen Augen an, während Barnabas ruhig erklärte: »Sie wurde von ihrer Mutter mit zum Hexensabbat genommen. Seither konnte sie zahlreiche Frauen wiedererkennen, die vom Glauben abgefallen sind und damals beim Hexentanz waren.«
Königsdorfers Gesichtsausdruck wandelte sich. Anerkennend betrachtete er nun das Mädchen. »Aber sie stellt deswegen doch keine Gefahr dar?«, fragte er flüsternd.
»Auch wenn ich noch ein Kind bin«, fauchte Maria den Amtmann an, »so höre ich alles und kann alles verstehen. Tut also nicht so, als ob ich taub wäre!«, brüllte sie und stampfte mit dem Fuß auf. Erschrocken blickte Königsdorfer von Maria zu Barnabas, der dem Mädchen die Hand auf den Scheitel legte und es besänftigte. Mit beiden Armen umklammerte Maria Barnabas’ Hüfte und vergrub ihr Gesicht im Stoff seines Umhangs. In diesem Augenblick klopfte es an der Tür.
»Herein!«, rief Königsdorfer, woraufhin ein großer junger Mann mit einem Brief in Händen das Amtszimmer betrat. Mit ungewöhnlich heller Stimme sagte er zu Königsdorfer: »Der Amtmann von Wellingen, Johann von Baßy, schickt mich mit dieser Nachricht zu Euch.« Königsdorfer nahm den Brief entgegen, riss das Siegel auf und überflog die Zeilen. Ohne zu zaudern, sagte er zu dem Überbringer der Nachricht: »Sagt von Baßy, er soll sich übermorgen bereithalten. Dann werde ich mein Versprechen einlösen!« An Barnabas gewandt fuhr er fort: »Schon morgen werdet Ihr Eure Fähigkeit unter Beweis stellen können. Es müssen einige Frauen der Zauberei überführt werden, sonst wird es im Hexenturm bald eng werden.«
Graf Ludwig II. von Nassau-Saarbrücken schaute den Vorführungen seines Hofkutschers Georg Braun mit ernstem Gesicht zu.
Clemens und Burghard, die etwas abseits das Geschehen verfolgten, konnten keine Regung im Blick des Grafen erkennen.
»Sieh nur, wie prächtig die Rösser unter dem fürstlichen Kutschgeschirr aussehen«, flüsterte Burghard Clemens zu.
Nachdem die Kutsche stillstand, ging der Graf zu den Pferden und überprüfte deren muskulöse Brust sowie ihr Gebiss. Anscheinend zufrieden klopfte er ihnen auf den Hals.
»Prächtig, prächtig!«, freute Graf Ludwig sich. Ein breites Lächeln entspannte seine Gesichtszüge. »Mein lieber Georg, Ihr verspracht mir nicht zu viel, als Ihr das Rehmringer-Gestüt gelobt habt.« Freudig schritt der Adelsmann auf Clemens und Burghard zu. »Ich muss gestehen, dass ich selten solch majestätische Rösser gesehen habe. Das Fell glänzt gesund, und darunter spannt sich ein Muskelgebäude, das seinesgleichen sucht«, lobte er. »Die Pferde sind ihr Geld wert! Ich werde sogar noch einige Franken auf die vereinbarte Summe legen, wenn ihr beiden Burschen mir versprecht, zwei weitere Kutschpferde auszubilden, die denen hier in nichts nachstehen. Im nächsten Frühjahr will ich sie haben.«
Während der Graf zu Burghard und Clemens sprach, standen die beiden Burschen stramm und trauten sich kaum zu atmen. Nun versicherte Clemens dem hohen Herrn, dass sie ihm zum gewünschten Zeitpunkt die Pferde bringen würden.
»Georg, bringt meine Pferde in den Stall und bezahlt die vereinbarte Summe sowie die zusätzlichen Franken.«
Ohne ein weiteres Wort schritt Graf Ludwig vom Hof, und erst als er im Gebäude verschwunden war, atmeten Clemens und Burghard auf. Freudig umarmten sie sich.
»Hast du gehört, was der Graf gesagt hat, Clemens? Du sollst weitere Pferde für ihn ausbilden. Ich bin überzeugt, dass du der Kutschpferdhoflieferant werden wirst«, freute
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