Der Hexenturm: Roman (German Edition)
Franziskas Arm zu greifen, mit dem sie ihre Tochter Magdalena fest an sich presste. Voller Zorn schrie der Bauer Johann entgegen: »Ich werde dich und deine Brut ausmerzen.«
Als er wieder nach Franziska greifen wollte und sie voller Angst zurückwich, verlor die junge Frau das Gleichgewicht und stürzte mit dem Kind in den reißenden Fluss. Johann war im Begriff hinterherzuspringen, als sein eigener Schrei ihn weckte.
Schweißgebadet hielt er sich den Kopf, der noch immer von dem Schlag des Häschers schmerzte.
»Was ist mit dir? Warum hast du geschrien?«, fragte Franziska mit einem besorgten Blick auf ihre Tochter, die jedoch ruhig schlummerte.
Johann stöhnte leise auf und flüsterte: »Zum ersten Mal, seit wir hier leben, hatte ich wieder diesen furchtbaren Traum.«
»Dein Vater?«
»Er ist nicht mein Vater!«, begehrte Johann leise auf. »Zum Glück, denn sonst hätte ich große Angst, so wie er zu werden. Auch wenn ich zuerst einen Groll auf meine Mutter hatte, weil mein wahrer Vater nur ein armer Schäfer war und sie mich belogen hatte, bin ich ihr jetzt dankbar. Für den Vater und die Wahrheit!«
Franziska schmiegte sich in die Arme ihres Mannes und strich ihm sanft über die Schläfe.
»Katharinas Verhaftung hat mir bewusst gemacht, dass wir nirgends sicher sein werden. Der einzige Trost ist, dass Bonner uns hier nicht finden wird.«
»Wie es wohl Katharina geht?«, wisperte die junge Frau.
»Ich kann es dir nicht sagen, Liebes. Als die Häscher Katharina auf den Karren gezerrt haben, hatte ich große Angst, dass sie auch dich und Magdalena mitnehmen würden.«
»Was können wir tun?«, fragte Franziska.
»Ich weiß es nicht. Am besten, wir warten, bis Clemens und Burghard zurück sind. Morgen werde ich mit Frau Rehmringer und Pfarrer Schnetter sprechen. Vielleicht wissen sie Rat.«
»Wird man Katharina der Hexerei anklagen?«
Johann rieb sich über die Stirn. »Ich weiß es wirklich nicht!«, stöhnte er leise. »Dieser Königsdorfer machte einen verbissenen und entschlossenen Eindruck. Man darf ihn nicht unterschätzen.«
»Wie kann Paul nur so etwas behaupten? Katharina würde einem Menschen niemals etwas antun können.«
Johann antwortete nicht, sondern küsste seine Frau sanft auf die Wange. Dann schloss er die Augen und hoffte, dass der Traum nicht zurückkehren würde.
Burghard und Clemens waren guter Laune, als sie am Morgen aus dem Schlosstor hinausritten. Fröhlich grüßten sie die wachhabenden Soldaten, die sie mit ernstem Gesichtsausdruck passieren ließen.
Am Eingangstor hielten sich die Burschen rechter Hand und gelangten zur Brücke. Bevor sie die Saar überquerten, schauten sie zur hohen Burgmauer empor, die an manchen Stellen von Efeuranken fast gänzlich überwuchert war.
»Es wird nicht das letzte Mal sein, dass wir hierherkommen«, freute sich Clemens. »Frau Rehmringer kann zufrieden sein.«
Burghard nickte. »Aber jetzt lass uns nach Hause reiten.«
»Dich juckt es wohl zwischen den Beinen!«, konnte sich Clemens nicht verkneifen zu bemerken. Als er sah, wie Burghard rot wurde, lachte er schallend. »Beeindruckend, wie schnell du rot wirst!«
Schon nach kurzem Ritt drückte es Burghard.
»Clemens«, rief er dem Freund zu, der einige Pferdelängen vor ihm war und ihn erst nach dem dritten Rufen hörte.
»Lass uns kurz verweilen. Ich muss mich erleichtern.«
Clemens lenkte daraufhin sein Pferd zu einer Holzbank an einem Zaun, der einen Friedhof umsäumte. Drei alte Männer, die dort saßen und sich angeregt unterhielten, verstummten sogleich und blickten den Fremden neugierig entgegen.
Während Burghard im Gebüsch verschwand, setzte sich Clemens grüßend zu den Greisen. Ohne ihn weiter zu beachten, fuhren sie mit ihrem Gespräch fort.
»Der Müller Klaus hat letzte Woche einen Sechsender gesehen«, sagte einer der Männer ernst und zog an seiner dünnen Pfeife.
»Das ist nichts gegen den Zwölfender, den ich in jungen Jahren erlegt habe«, erklärte ein anderer energisch.
Kurz schwiegen die Alten, als der mit der Pfeife sagte: »Letzten Herbst haben wir solch einen großen Kohlkopf geerntet!« Mit zittrigen Händen zeigte er den anderen die schier unglaubliche Größe des Kohls an, was Clemens erheitert den Kopf schütteln ließ. »Ach!«, erwiderte der dritte verächtlich. »Das ist ja gar nichts. Wir haben letztens sooo eine lange Karotte aus unserem Beet gezogen. Frag meine Frau, die wird dir das bestätigen!«
Wieder überlegten die alten
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