Der Hexenturm: Roman (German Edition)
ihm in knappen Worten Marias Geschichte.
»Deshalb hat uns der Amtmann von Püttlingen beauftragt, die angeklagten Frauen zu befragen. Die erste Hexe konnten wir bereits überführen. Sie wurde gestern verbrannt.«
Burghard sprang von seinem Stuhl auf und rief: »Du kennst Katharina! Sie ist keine Hexe. Dieser von Baßy will sich das Gestüt von Frau Rehmringer unter den Nagel reißen, und dabei ist ihm jedes Mittel recht!«
»Was soll ich tun, Burghard? Katharina sitzt im Hexenturm! Das allein genügt, dass alle Welt sie für eine Hexe halten wird.«
»Ich werde Königsdorfer davon überzeugen, dass sie unschuldig ist.«
Der Magier lachte auf und prophezeite: »Er wird dich ebenfalls in den Turm sperren lassen. Königsdorfer ist ein gewissenloser Mensch, der vor nichts zurückschreckt.«
»Und wie nennst du das, was du mit den wehrlosen Frauen machst?«, fragte Burghard und konnte nicht verhindern, dass Spott in seiner Stimme mitklang.
»Ich bin ein Magier, ein Volkszauberer, Burghard. Du weißt, dass unser Berufsstand als Einziger fähig ist, Hexen zu erkennen.«
Der junge Mann wählte seine Worte mit Bedacht. »Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass Menschen unter der Folter alles zugeben würden?«
»Ich foltere nicht!«, begehrte Barnabas auf. »Ich habe nie einer Angeklagten Leid zugefügt.«
»Wenn du ihnen ein Rauschmittel einflößt, beeinflusst du ihr Handeln. Frauen sind dank deiner Mittel nicht mehr Herr über ihre Sinne und sagen das, was du hören willst.«
Barnabas schüttelte sein graues Haupt. »Wer hat dir solch dummes Zeugs erzählt?«
»Komm mit mir, Barnabas, dann werde ich dir beweisen, dass ich die Wahrheit spreche!«, flehte Burghard.
»Was denkst du dir, junger Freund? Ich kann hier nicht weg. Königsdorfer verlangt, dass ich heute wieder eine Frau befrage. Ich kann dir nicht folgen!«
Burghards Miene verfinsterte sich. Dann sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete: »Du wirst mich jetzt nach Wellingen begleiten. Das, Barnabas, bist du mir schuldig!«
Kapitel 37
Bonner ritt ohne zu rasten in Richtung Westrich. Er trieb sein Pferd stetig an, so dass es bereits weißen Schaum vor dem Maul hatte und nass geschwitzt war. »Ich muss den Gaul an einer Pferdewechselstation austauschen, sonst bricht er noch unter mir zusammen!«, murmelte er, als er vor sich die Dächer einer Ortschaft erblickte.
Kaum hatte Bonner die Pferde gewechselt und den Sattel festgezurrt, schwang er sich wieder auf den Rücken des Wallachs und preschte davon.
Als die Dunkelheit einbrach und Bonner den Weg immer schlechter erkennen konnte, fluchte er: »Verdammt, wenn ich die Gegend kennen würde, könnte mich die Nacht nicht davon abhalten weiterzureiten.«
Da kein Gasthaus in Sicht war, suchte er sich einen geschützten Platz am Wegesrand. An Schlaf war nicht zu denken, und so machte er sich in den frühen Morgenstunden wieder auf den Weg. Selbst heftiger Regen und Hagelschauer, die über das Land zogen, konnten ihn nicht aufhalten.
»Hast du Burghard gesehen?«, fragte Johann seine Frau.
Franziska nickte. »Er wollte nach Püttlingen reiten, um mit dem Amtmann Königsdorfer zu sprechen. Burghard hofft, Katharina freizubekommen«, erklärte sie leise. Dabei füllten sich ihre Augen mit Tränen.
»Dieser Narr!«, schimpfte Johann. »Was denkt er sich? Als ob Königsdorfer mit ihm reden würde! Eher sperrt er Burghard ebenfalls ins Verlies. Weiß Clemens davon?«
Franziska zuckte mit den Schultern. »Frau Rehmringer hat es Burghard erlaubt«, rechtfertigte sie das Verhalten des Freundes.
»Weil sie weiß, dass er auch ohne ihre Einwilligung gegangen wäre. Wenn Burghard am späten Mittag nicht zurück ist, müssen wir ihm nach. Ich werde mich sofort mit Clemens besprechen.« Mit diesen Worten war Johann bereits aus der Tür und ließ Franziska allein zurück. Diese konnte nicht länger an sich halten und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Es kam, wie Johann befürchtet hatte. Burghard war auch am frühen Nachmittag noch nicht auf das Rehmringer-Gestüt zurückgekehrt. So gingen Johann und Clemens gemeinsam zu Regina Rehmringer, die ihnen erlaubte, ebenfalls nach Püttlingen zu reiten, um zu erfahren, was sich dort zugetragen hatte.
Johann küsste Franziska auf die Stirn und fuhr seiner Tochter über das Köpfchen. »Hab keine Angst, Liebes. Wir drei kommen bald nach Hause zurück.«
Franziska umarmte ihren Mann. »Ich werde mit Magdalena spazieren gehen, damit die Zeit
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