Der Hexenturm: Roman (German Edition)
Gesichts war entstellt. Das eine Mädchen mit dem Namen Katharina sprach nicht viel, und die beiden anderen waren ein Ehepaar, wenn auch noch recht jung. Franziska war guter Hoffnung und tat mir leid, denn es war kalt und stürmisch, als sie unser Kloster in Tholey wieder verließen. Ich hoffe, dass sie gut in Wellingen angekommen sind.«
Bonner hatte nur mit halbem Ohr zugehört, doch jetzt wurde er hellhörig. »Wie war der Name der Frau?«
»Katharina.«
»Nein, der der anderen«, fragte Bonner hitzig. Er musste sich zusammenreißen, um den Mönch nicht an der Kutte zu packen und zu schütteln.
»Sie hieß Franziska und ihr Mann Johann, soweit ich mich erinnern kann.«
»Wie sahen sie aus?«
»Kennst du sie etwa?«, fragte der Mönch erfreut und beschrieb die beiden.
»Und wohin sind sie gegangen?«, keuchte Bonner, dessen Gesicht vor Aufregung feuerrot geworden war. Der Ordensbruder blickte ihn fragend an. »Was ist mit dir?«
»Sag mir augenblicklich, wohin sie gegangen sind!«, brüllte Bonner.
»Nach Wellingen auf das Gestüt der Rehmringers.«
»Wo liegt dieser Ort?«
»In Westrich, dem Land an der Saar. Nur wenige Tagesmärsche von hier in westlicher Richtung.«
Die beiden Mönche blickten Bonner verständnislos an. Dieser drückte dem jüngeren der beiden Männer hektisch den Strick von Heixels Pferd in die Hand und reichte dem älteren Mönch eine Münze. »Gebt das Geld meinem Begleiter, der in dieser Kirche verschwunden ist. Sagt ihm, dass ich seine Hilfe nicht mehr benötige. Er soll nach Hause reiten.« Dann saß Bonner auf sein Pferd auf und preschte ungeachtet der vielen Fußgänger die Straße entlang.
»Verstehst du das, Bonifatius?«, fragte der jüngere Mönch.
»Nein, Abamus. Das versteht wohl niemand.«
Bonifatius blickte die Stufen zum Dom empor und hoffte, dass der Mann bald erscheinen würde. Ich kann meinen Onkel nicht noch länger warten lassen!, dachte er ungeduldig.
Burghard hatte Regina Rehmringer um einen freien Tag gebeten, um Thomas Königsdorfer aufzusuchen. Die alte Frau erklärte ihm, wie er zum Püttlinger Amtmann gelangen würde, aber warnte ihn auch: »Königsdorfer ist ein gefährlicher Mann, ebenso wie dieser von Baßy, der sicher bei ihm sein wird. Beide scheinen unter einer Decke zu stecken und wollen mir schaden. Wäge jedes Wort ab, das du zu ihnen sagst, denn sie könnten es dir zu deinem Nachteil auslegen.«
Was Regina Rehmringer Burghard über den Amtmann von Püttlingen und von Baßy sagte, ließ augenblicklich seine Hoffnung schwinden, dass man es ihm gestatten würde, Katharina zu sehen. Trotzdem wollte er es wagen, in Püttlingen vorzusprechen. Es war ihm wichtig, dass Katharina wusste, dass er für sie da war und an ihre Unschuld glaubte. Aber im Grunde hoffte er auch, sein schlechtes Gewissen beruhigen zu können.
Seit Wochen machte das Wetter, was es wollte. Obwohl es Mitte Juli war, herrschte ungewöhnliche Kälte. An manchem Morgen waren die Wiesen und Äcker mit Frost bedeckt, und das Korn begann zu faulen. Die Ähren verfärbten sich schwarz, so dass kaum Mehl gemahlen werden konnte. Heftiger Regen, der dicke Hagelkörner mit sich führte, zerschlug einen Großteil der Ernte auf den Feldern sowie das Obst an den Bäumen. Viele Menschen litten Hunger, und selbst im Sommer mussten sie ihre Behausungen heizen.
Burghard hatte sich in einen warmen Umhang gehüllt. Als er auf den freien Feldern außerhalb von Wellingen seinem Pferd in die Flanke trat, damit es in den schnellen Galopp verfiel, setzte plötzlich heftiger Regen ein und peitschte ihm ins Gesicht. Starker Wind ließ Äste bersten, und wie im Herbst rieselten zuhauf Blätter zu Boden. Burghard befürchtete, vom Pferd geweht zu werden, und trieb sein Ross stetig weiter an. Als er endlich Püttlingen vor sich sah, war er bis auf die Haut durchnässt.
Er ritt den von Regina Rehmringer beschriebenen Weg durch die Gassen des Ortes. Als er am Marktplatz vorbeikam, blies der Wind feine Asche vor sich her. Er glaubte einen leichten Brandgeruch riechen zu können, was sein Herz zum Rasen brachte.
Im Schritt ritt Burghard über eine hölzerne Brücke, überquerte den Burgplatz und erreichte den Hexenturm, vor dem er Halt machte. Suchend blickte er sich um, doch niemand war zu sehen. Er saß ab und führte sein Pferd in den Stall, wo ein Junge im Heu saß und ihm entgegenblickte.
»Reib das Pferd trocken und gib ihm Futter«, bat Burghard ihn und drückte ihm ein Geldstück
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