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Der Hexenturm: Roman (German Edition)

Der Hexenturm: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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langsam voran. Nach Stunden des mühsamen Laufens sahen sie endlich im trüben Licht des Morgens den Ort unterhalb vor sich liegen.
    »Das muss Wellingen sein«, stellte Clemens fest. Doch keiner brach in Jubelgeschrei aus, denn dazu waren alle zu erschöpft.
    »Vorausgesetzt wir haben uns nicht verlaufen«, flüsterte Franziska zweifelnd.
    »Nein«, sagte Clemens zuversichtlich. »Das denke ich nicht. Es ist auf diesem Weg der einzige Ort.«
    »Seht!« Burghard wies mit dem Finger zum Waldrand seitlich von ihnen. »Lasst uns den Bauern fragen, der dort seinen Ochsen aufs Feld führt.«
     
    Der Bauer legte dem Ochsen gerade das Pfluggeschirr um, als er die fünf Gestalten auf sich zukommen sah.
    Blass, dreckig und erschöpft wankten sie ihm entgegen.
    Abwartend blickte er sie an.
    »Sag, guter Mann, wie nennt man den Ort hier vor uns?«, fragte Clemens höflich.
    »Wellingen.«
    Erst jetzt überzog ein Strahlen die Gesichter der jungen Menschen, und sie fielen sich in die Arme.
    Zweifelnd blickte der Bauer sie an. »Ihr seid wohl fremd hier?«
    Clemens war der Erste, der sich wieder beruhigt hatte. Atemlos nickte er und fragte dann: »Kennst du das Gestüt des Melchior Rehmringers?«
    Der Mann bejahte.
    »Wie weit ist es bis dorthin? Wir sind schon seit vielen Wochen unterwegs und können es kaum erwarten, endlich bei Rehmringer anzukommen!«
    Erwartungsvoll blickten die jungen Leute den Bauern an.
    »Den Weg hättet ihr euch sparen können!«, sagte er und zog die Stricke um den Kopf des Ochsen fest. »Wir haben den gnädigen Herrn vor sechs Wochen zu Grabe getragen.«

Kapitel 12
     
    Bonner hatte auf dem Hülfensberg erfahren, dass eine Gruppe junger Menschen Richtung Werra gezogen war. Auf zwei von ihnen passte die Beschreibung von Franziska und Johann. »Ins Hessenland wollen sie also!«, hatte Bonner entschieden und war mit einem Boot vom Eichsfeld auf die andere Seite der Werra übergesetzt.
    In dem ihm fremden Land war er ziellos umhergeritten, bis er die Stadt Frankfurt erreicht hatte. Als er hörte, dass dort ein Mensch gerädert werden sollte, hatte er sich für eine Nacht ein Zimmer genommen, denn eine Hinrichtung wollte er sich nicht entgehen lassen.
     
    Interessiert war er auf dem Platz vor dem Rathaus, das man »Römer« nannte, umhergewandert. Das Treiben erinnerte ihn an die heimatlichen Kirchfeste, an denen es auch Leckereien zu essen, Wein im Überfluss zu trinken und gut gelaunte Menschen zu sehen gab. Zu seiner Freude konnte er sich einen Platz unmittelbar am Henkerspodest sichern. Vergnügt wartete er auf den Beginn der Hinrichtung. Als er gerade herzhaft in seinen süßen Kringel beißen wollte, verflog seine gute Laune schlagartig, denn ein widerlicher Gestank hatte sich in seiner Nase festgesetzt. Angeekelt blickte er sich um und entdeckte einen Franziskanermönch, der nur wenige Schritte von ihm entfernt auf einem Holzklotz stand und von dem der Gestank auszugehen schien. Wütend wollte Bonner ihn zurechtweisen, doch da begann die Hinrichtung, und weil er nichts versäumen wollte, aber den Gestank nicht ertragen konnte, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich einen neuen Platz zu suchen. Bonner schäumte vor Wut. Nicht nur, dass er von seinem neuen Platz aus schlechter auf das Podest blicken konnte, auch der Heißhunger auf den Kringel war ihm verleidet worden, und er warf das Hefegebäck achtlos zu Boden. Selbst das grausige Schauspiel der Hinrichtung, während derer der Verurteilte geköpft und sein Kopf anschließend aufgespießt wurde, bereitete ihm nicht mehr die erhoffte Freude. Bonner beschloss, dem Mönch, der ihn um seinen Genuss gebracht hatte, die Meinung sagen. Doch als er sich suchend nach ihm umblickte, war der Franziskaner in der Menge verschwunden.

     
    Am darauffolgenden Tag hatte Bonner Frankfurt Richtung Limburg verlassen. Da die Niederungen durch den Regen der vergangenen Tage überschwemmt und die Wege unpassierbar geworden waren, ritt Bonner die Hohe Straße entlang. Die alte Handelsstraße führte ihn durch höhere Gefilde, denen auch der stärkste Regenguss nichts anhaben konnte. Bonner blickte über das Land, das vor ihm lag.
    »Nichts als Bäume«, brummte er mürrisch. »Wie soll ich Johann und das Weibsbild hier finden? Ebenso könnte ich im Kreis reiten!«
    Er hoffte, dass die beiden ebenfalls die sichere Hohe Straße nutzen würden, und befragte jeden, der ihm begegnete, auch die Zöllner an den Zollstationen. Eines konnte Bonner bei aller Boshaftigkeit

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