Der Hexenturm: Roman (German Edition)
je erkannt zu haben, den gedungenen Mörder los, den sein Schwager Wilhelm auf ihn angesetzt hatte.
Während Liese die Münzen zurück in den Beutel legte, fragte sie Bartel: »Hast du alles vorbereitet und besorgt?«
»Ich konnte so schnell kein Blut auftreiben, da habe ich seinen Gaul geschlachtet. Die Eimer stehen hinter dem Haus.«
»Dann wird es die nächste Zeit wohl Pferdebraten geben«, sagte Liese und versteckte das Geldsäckchen unter einem Bodenbrett. »Wir teilen, sobald er verscharrt ist«, versprach sie. »Komm, wir müssen uns beeilen. Ich will vor Morgengrauen zurück sein.«
Liese packte den nackten Leichnam an den Füßen, während Bartel ihn an der Schulter hochhob. Vor dem Haus warfen sie ihn auf eine Schubkarre. Bartel schob den Karren in den nahen Wald. Liese folgte ihm mit den zwei Eimern Blut und einem Brett unterm Arm.
Tief im Wald hatte Bartel bereits eine Grube ausgehoben, die Hastenteufels Grab werden sollte.
Sie legten die Leiche an den Rand der Grube. Dann betete Bartel ein Vaterunser für den Verstorbenen. »Man weiß ja nie«, entschuldigte er sich. »Vielleicht mindert das die Qualen im Fegefeuer.« Dann gab er Hastenteufel einen Tritt, so dass der Leichnam ins Grab plumpste.
»Als ich das Loch aushob, musste ich aufpassen, dass ich nicht auf die anderen Leichen stieß. Ich wusste nicht mehr, wo wir sie verscharrt haben«, sagte er schnaufend und warf Erdreich über den Toten.
»Wir müssen uns für die nächsten einen anderen Platz suchen«, schlug Liese vor und betrachtete das Holzbrett.
»Ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt, wie gut du die Form einer Bärentatze in das Holz eingearbeitet hast. Keiner wird erkennen können, dass die Spuren nicht von einem lebenden Bären stammen.«
Bartel wischte sich den Schweiß von der Stirn und grinste stolz. Liese begann mit dem Holzbrett Spuren in den weichen Waldboden zu drücken.
Nachdem das Grab mit Erde bedeckt und durch Blätter und Äste unkenntlich gemacht worden war, kippte Liese das Blut an einer Stelle aus.
»Auch der arme Adam Hastenteufel wurde ein Opfer des Bären! Warum musste er auch durch einen Wald reiten, in dem ein Menschenfresser sein Unwesen treibt?«, spottete sie.
Zufrieden gingen die beiden gemeinsam zurück zum Haus, um dort die Spuren zu beseitigen und die Beute aufzuteilen.
Kapitel 15
Barnabas stand auf seinen Wanderstab gestützt inmitten des Weinberges und blickte auf die Stadt Trier hinüber. Es war das erste Mal, dass er die Stadt sah, die schon vor Christi Geburt von Heiden gegründet worden war.
Der Magier konnte eine mächtige Mauer erkennen, die dem Schutz Triers diente, ebenso wie die zahlreichen Wehrtürme und Tore. Über die Mosel, die vor der Stadt floss, führten mehrere Brücken in sie hinein. Von seinem leicht erhöhten Standort im Wingert aus beobachtete Barnabas den regen Schiffsverkehr. Wie auch auf dem Main in Frankfurt lagen die Schiffe hier vor Reede. Mit Seilen wurde die Fracht an den Schiffswänden in kleine Boote herabgelassen und ans Ufer gerudert.
Barnabas’ Blick schweifte vom Fluss zum Stadtkern Triers hinüber. Häuserzeile schmiegte sich an Häuserzeile, und dazwischen konnte er Kirchtürme ausmachen, die spitz in den Himmel ragten. Der Magier wusste, dass Trier auch Domstadt war, und er glaubte den Dom sowie andere gewaltige Gebäude in der Ferne erkennen zu können.
Dem Magier gefiel, was er erblickte.
Nachdem man seine Dienste in Koblenz abgelehnt hatte, war er in der Hoffnung nach Trier gekommen, dass er hier bei der Erkennung von Hexen behilflich sein könnte.
Barnabas stützte sich schwer auf seinen Stock und atmete tief ein. Dann fühlte er in sich hinein und spürte, dass dies der richtige Ort für ihn war. Die meisten Menschen handelten nach ihrem Verstand, anders jedoch Barnabas. Bei vielen wichtigen Entscheidungen hörte er nur auf seine innere Stimme. Er erkannte, was gut für ihn, aber auch, was schlecht für ihn war. Und so auch jetzt. In Frankfurt am Main hatte er sofort gespürt, dass die Stadt kein guter Platz für ihn sein würde. Aber hier war das anders.
Ja, dachte er und erfreute sich an Triers Anblick, hier werde ich bleiben. Hier finde ich sicher einen Schüler, der mein Erbe antreten wird!
Bei dem Gedanken an einen Nachfolger sah sich Barnabas suchend nach Servatius um und entdeckte ihn inmitten der Weinbauern, die die letzten Weinreben abernteten.
Da der Sommer dieses Jahr erst spät Einzug gehalten hatte, dauerte
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