Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Titel: Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
mitten in die Menge gestürzt und hatte ein halbes Dutzend Männer zu Boden geworfen.
    Eine Hand wies nach oben. »Da ist noch einer!« brüllte eine Stimme. »Da oben ist noch eins von den Schweinen!« Andere Stimmen nahmen den Ruf auf, und von einer Sekunde auf die andere war die Scheune von einem gröhlenden Chor erfüllt. Ein Chor, der nach seinem Blut schrie.
    Quenton starrte kalt auf die tobende Menge herab. Jemand hob ein Gewehr und schoß auf ihn. Die Kugel streifte seinen linken Arm und riß eine blutige Furche in seine Haut. Er spürte es nicht einmal. Langsam hob er die Arme, streckte sie waagerecht vor sich aus und spreizte die Finger, eine Geste, als würde er eine unsichtbare Last von sich schieben.
    »Ihr wollt Blut?« fragte er. »Ihr sollt erfahren, was Angst bedeuten kann!« Er hatte nicht sehr laut gesprochen. Und trotzdem hatte jeder seine Worte gehört. Eine zitternde, schwerfällige Wellenbewegung lief durch die Menge, als die Männer und Frauen instinktiv vor der hoch aufgerichteten Gestalt über sich zurückwichen. Wieder krachte ein Schuß, dann ein zweiter, dritter, vierter. Quenton fühlte, wie die Kugeln seinen Körper trafen, aber er spürte nur die Berührung, keinen Schmerz.
    »Ihr sollt Angst spüren!« schrie er. »Ihr habt die Gewalt hierher gebracht – jetzt fühlt sie selbst!«
    Das Kreischen der Menge änderte sich. Sie schrien noch immer, aber plötzlich waren es Laute der Furcht. Wieder krachte eine Gewehrsalve, und wieder wurde Quenton getroffen. Aber Quenton starb nicht, obwohl er bereits aus mehreren Wunden blutete.
    Dafür geschah etwas anderes. Für einen Moment lag ein helles, knisterndes Geräusch in der Luft, ein Laut wie das Zischen eines niederfahrenden Blitzes, aber heller, durchdringender und irgendwie boshaft. Dann schien sich ein dunkler Mantel über die Menge unter ihm zu legen. Männer und Frauen schrien in Panik auf, stürzten zu Boden und krochen in irrsinniger Angst dem Scheunentor zu. Der schwarze Mantel der Furcht legte sich um ihre Köpfe, ließ sie den Haß und die Wut vergessen, füllte sie aus mit kreatürlicher, alles überschattender Angst.
    »Ja, flieht nur!« keuchte Quenton. Wieder schlug die unsichtbare Macht, die er entfesselt hatte, zu und wieder ging ein einziger lauter Schrei der Angst durch die Menge.
    In der Scheune brach Panik aus. Die Menschen versuchten verzweifelt den Ausgang zu erreichen. Und noch einmal, ein drittes und letztes Mal, schlug Quenton mit aller geistiger Macht zu.
    Er spürte, wie seine Kräfte schwanden. Was er getan hatte, war nichts als ein letztes Aufbäumen gewesen, ein letztes, titanisches Aufflackern der Flamme, die in seinem Innern brannte, gespeist von Wut und Verzweiflung. Das große Vergessen würde ihr folgen.
    Er wankte, torkelte einen Schritt vom Bodenrand zurück und brach in die Knie. Langsam erwachte der Schmerz in seinem Körper, und er begann zu fühlen, wie das Leben aus seinem Leib herausströmte. Die Menge unter ihm tobte und schrie wieder, aber er beachtete sie nicht mehr.
    Irgend etwas flog zu ihm hinauf und landete polternd wenige Schritte neben ihm im Heu. Quenton hob müde den Blick. Es war eine Fackel. Eine zweite folgte, dann eine dritte. Die Flammen fanden in dem trockenen Heu sofort Nahrung, schossen zu einer meterhohen Wand hoch und hüllten ihn in einen Mantel aus Hitze und Rauch.
    Sein Blick begann zu verschwimmen.
    »Roderick«, flüsterte er. »Das ist deine Schuld. Ich verfluche dich.« Seine Stimme ging im Prasseln der Flammen unter. »Ich verfluche dich«, flüsterte Quenton noch einmal. »Du wirst dafür bezahlen. Du ... wirst nie wieder Ruhe haben, solange du ... lebst. Und darüber hinaus.«
    Quenton krümmte sich, fiel aufs Gesicht und starb.
    ** *
    Als ich erwachte, spürte ich ein sanftes, monotones Schaukeln. Ich war nicht allein im Raum; jemand sprach, ohne daß ich die Worte verstanden hätte, und hinter diesem Geräusch waren andere Laute: ein leises Knarren und Ächzen, das schwere, nasse Schlagen von Segeltuch und das Singen von Tauen, die bis an ihre Grenzen belastet waren.
    Das Schiff hatte Fahrt aufgenommen.
    Diese Erkenntnis weckte mich endgültig.
    Ich schlug die Augen auf, blinzelte und versuchte die Hand zu heben, um das quälende Licht abzuschirmen, das meine Augen marterte.
    »Er ist wach«, sagte eine Stimme. Ich erkannte sie als die Bannermanns, und als ich abermals die Augen öffnete, schwebte sein pausbäckiges Gesicht wenige Zentimeter über dem meinen. Ein

Weitere Kostenlose Bücher