Der Hexer - NR01 - Das Erbe der Dämonen
verkochte!
Er lebte, warf sich verzweifelt hin und her und schlug mit den Armen um sich, als kämpfe er gegen unsichtbare Fesseln an, aber ich zweifelte nicht daran, daß ich seinem Todeskampf zusah. Die Temperatur des Miscatonic mußte da, wo er sich befand, weit über dem Siedepunkt liegen, und ich sah, daß sich sein Körper immer wieder wie in Krämpfen wand.
Und dann hörte ich seine Stimme!
Er schrie, gellend und in höchster Todesangst, stieß unmodulierte, fürchterliche Töne und Laute aus – und brüllte dazwischen immer und immer wieder meinen Namen!
»Jeff!« schrie er. »Hilf mir! So hilf mir doch!«
Es waren Schreie, wie ich sie niemals zuvor in meinem Leben gehört hatte.
Eine endlose Sekunde blieb ich, wo ich war, und starrte den tobenden Hexenkessel vor mir an.
Meine magischen Kräfte waren fast erschöpft. Das Kraftfeld konnte ich noch aufrechterhalten, aber ich mußte ins kochende Wasser zurück. Langsam ließ ich meinen Körper wieder sinken, tauchte ein und – kraulte los, so schnell ich konnte.
Direkt in den Kreis aus brodelndem Wasser hinein.
Der Fluß zog und zerrte mit unsichtbaren Händen an mir, die Strömung schlug wie mit Fäusten auf mich ein, und der wirbelnde Sog wollte mich abermals ergreifen und in die Tiefe zerren. Das Wasser wurde warm, dann heiß, aber der magische Schirm schützte mich. Ich schwamm weiter, keuchend vor körperlicher und geistiger Anstrengung.
Rings um mich herum siedete das Wasser, und aus der Tiefe stiegen immer wieder sprudelnde Ströme noch heißeren Wassers auf, als wäre auf dem Grund des Miscatonic ein Vulkan ausgebrochen. Der heiße Dampf verbrühte fast mein Gesicht und schnitt wie flüssiges Feuer in meine Lungen, wenn ich atmete, aber ich kämpfte mich weiter, stemmte mich gegen die unsichtbaren Hände, die mich zurückstoßen wollten.
Und dann... brach der magische Schirm! Das siedende Wasser stürzte auf mich ein, der Sog zerrte mich nach unten. Das ist das Ende! durchfuhr es mich, während ich herumgewirbelt wurde, immer und immer wieder.
Mit einem winzigen, klar gebliebenen Teil meines Denkens begriff ich endlich, daß ich längst hätte tot sein müssen. Das Wasser, in dem ich schwamm, hatte den Siedepunkt erreicht, und die Schläge, die mir der Fluß versetzte, waren die gleichen, die zuvor unser Boot zerschmettert hatten. Irgend etwas schützte mich noch. Nicht meine Kraft, sondern...
Aber ich hatte nicht die Zeit, den Gedanken weiter zu verfolgen. In meinen Ohren gellten noch immer Shannons verzweifelte Hilferufe, vielleicht nur noch eingebildet, denn er mußte längst tot sein, verbrüht und zerschmettert von den Gewalten, die rings um uns in den Wassern tobten. Aber ich schwamm weiter, kämpfte mich zäh und halb blind vor Schmerz weiter und auf die Stelle zu, an der er sein mußte.
Dann sah ich ihn.
Er lebte noch, aber seine Bewegungen waren bereits merklich schwächer geworden, und sein Gesicht und seine Hände schienen eine einzige, fürchterliche Brandwunde zu sein.
Mit einer letzten Anstrengung warf ich mich vor, schrie seinen Namen und streckte die Hände nach ihm aus.
Eine unsichtbare Faust traf mich, schleuderte mich zurück und drückte mich mit grausamer Kraft in den Fluß. Ich schluckte Wasser, kämpfte mich wieder an die Oberfläche und rang keuchend nach Luft.
Direkt vor mir spritzte der Fluß auseinander, als hätte ihn ein titanischer Hammerschlag getroffen. Die Druckwelle schleuderte mich weiter zurück, weiter fort von Shannon, und wieder dauerte es Sekunden, ehe ich mich an die Oberfläche gerungen und wieder Luft bekommen hatte.
Aber ich gab nicht auf. Mit aller Kraft, die ich noch aufbringen konnte, konzentrierte ich mich wieder, schuf in dem tobenden Chaos, das in meinen Gedanken herrschte, eine winzige Insel der Ruhe –
und fühlte.
Nicht nur der Fluß tobte. Die Luft über dem brodelnden Wasser war erfüllt von einem unsichtbaren Gewitter tobender, magischer Energien. Was ich erlebte, war keine Naturkatastrophe, sondern ein Angriff mit magischen Mitteln, eine Attacke von Kräften, die unsichtbar und unbegreiflich und tödlich waren!
Für einen winzigen Moment glaubte ich ein gewaltiges, pulsierendes Netz aus grauen Fäden zu erkennen, das sich über und im Fluß spannte.
Ich warf mich wieder nach vorne und schwamm erneut auf Shannon los. Als ich ihn erreichte, kam der nächste Angriff. Diesmal aber war ich vorbereitet. Ich schloß die Augen und konzentrierte mich mit aller Macht darauf, den
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