Der Hexer - NR07 - Das Haus unter dem Meer
Gerücht«, sagte ich leise. »Und wer hat es in Umlauf gebracht? Ihr?«
Einen Moment zögerte der Templer, dann nickte er. »Wir«, bestätigte er. »Es war eine Falle. Allein die Erwähnung dieses verfluchten Buches reicht, Idioten wir Morjaerd anzulocken wie der Honig die Fliegen.«
»Idioten wie Morjaerd...« Ich lächelte dünn. »Und mich, wolltest du sagen?«
Diesmal dauerte es länger, ehe Ger antwortete. Und als er es tat, wich er meinem Blick aus. »Reden wir jetzt nicht darüber, Robert. Wir haben einen Burgfrieden geschlossen, vergiß das nicht. Wenn das alles hier vorbei ist, sprechen wir uns aus. In aller Offenheit, das verspreche ich dir.«
Er wandte sich mit einem fast zornigen Ruck um und ging, ohne mir Gelegenheit zu weiteren Fragen zu geben.
Einen Moment lang sah ich ihm nach, dann blickte ich wieder zu der Tür am Ende der Treppe hinauf. Erneut machte sich dieses eisige Gefühl in mir breit. Die Pforte schien vor meinem Blick zu zerfließen, sich zu biegen und zu zittern wie ein gewaltiges, weit aufgerissenes Maul, das sich zu einem höhnischen Grinsen verzerrte.
Im Grunde war es das wohl auch – ein Maul; das Maul dieses titanischen Molochs, der seit Äonen existierte und nichts anderes tat als zu verschlingen. Vielleicht war ich das erste seiner Opfer gewesen, das ihm jemals entkommen war. Und vielleicht – für einen ganz kurzen Moment schlich sich diese Idee wie der Funken eines Verrats in meine Gedanken – vielleicht hatte es mich sogar entkommen lassen, damit ich zurückkehrte und ihm neue, lohnendere Opfer brachte...
Eine Hand berührte mich an der Schulter und riß mich in die Wirklichkeit zurück. Ich blickte auf.
»Wir sind soweit«, sagte Ger ernst.
Ich nickte, atmete noch einmal tief und gezwungen ruhig ein und trat mit einem entschlossenen Schritt auf die Treppe hinauf. Hinter uns setzten sich auch die anderen Templer in Bewegung – in einer weit auseinandergezogenen Formation, bei der immer zwei Männer mit Schilden einen dritten, mit einem Bogen oder einer Armbrust bewaffneten Ritter deckten.
Trotz ihrer großen Zahl war ihr Vormarsch nahezu lautlos. Erneut mußte ich die Disziplin und militärische Präzision dieser Männer bewundern. Im ersten Moment, als ich sie in ihren altertümlichen Kostümen und veralteten Waffen an Bord der kleinen Schiffchen gesehen hatte, waren sie mir hilflos, ja beinahe lächerlich vorgekommen. Aber dieser Eindruck war falsch. Vollkommen.
Ich blieb stehen, als wir die Tür erreicht hatten. Looskamp trat neben mich, lächelte aufmunternd – und trat die Tür mit einem einzigen, wuchtigen Fußtritt ein.
Looskamp, ich selbst und vielleicht ein Dutzend seiner Männer stürmten vorwärts, in den Salon, in dem ich dem buckeligen Croff und den beiden anderen Dienern Adurias beinahe zum Opfer gefallen wäre, während sich der Rest der Truppe in der Halle verteilte oder mit gezückten Schwertern die angrenzenden Räume stürmte.
Der Salon hatte sich verändert. War er mir beim ersten Mal schon alt und heruntergekommen erschienen, so bot er sich unseren Blicken jetzt als Ruine dar – die Möbel waren zusammengebrochen, ihre Stoffbezüge verfault und vermodert, und von den Gardinen und Teppichen waren nur noch graue, unansehliche Fetzen geblieben. Die Holzvertäfelung war überall herabgebrochen, so daß man die feuchte, von Schwamm und Moder zerfressenen Wände dahinter sehen konnte. Ein nahezu unerträglicher Fäulnisgestank lag in der Luft. In den Ritzen des aufgequollenen, überall eingesackten Fußbodens schwappte brackiges Wasser.
»Mein Gott!« entfuhr es mir. »Was ist das?«
Looskamp senkte sein Schwert, das er kampfbereit erhoben hatte, als wir den Salon stürmten, drehte sich sichernd noch einmal um seine Achse und verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
»Das Labyrinth«, sagte er. »So, wie es wirklich aussieht. Was du gesehen hast, war nichts als Schein. Täuschung und Illusion sind Satans mächtigste Waffen, Robert.«
»Satan?«
»Satan, der Teufel, Beelzebub – nenn ihn, wie du willst«, grollte Looskamp. »Alles nur verschiedene Namen für das gleiche Ding.«
Ich verzichtete auf eine Antwort. Jetzt war nicht der Moment, mich auf eine theologische Diskussion einzulassen.
Nach und nach kamen auch die anderen Templer zu uns in den Salon. Sie hatten das Haus untersucht, waren aber nirgends auf Widerstand oder auch nur ein Zeichen von Leben gestoßen.
Ger hörte sich ihre Berichte der Reihe nach an, reagierte aber mit keiner
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