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Der Hexer - NR08 - Im Bann des Puppenmachers

Der Hexer - NR08 - Im Bann des Puppenmachers

Titel: Der Hexer - NR08 - Im Bann des Puppenmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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er hatte das sichere Gefühl, daß Howard ohnehin schon mehr gesagt hatte, als er wollte.
    Länger als eine halbe Stunde fuhren sie schweigend weiter, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Die Kutsche rollte über das gepflegte Kopfsteinpflaster der Pariser Straßen, fuhr über den Montmartre und ein paar Minuten lang an den Ufern der Seine entlang, dann begann die Umgebung ganz langsam an Pracht und Schönheit zu verlieren. Die Kleider der Passanten, an denen sie vorüberkamen, waren nicht mehr ganz so teuer und exklusiv. Hier und da tauchte ein Karren mit Gemüse oder Kohlen zwischen den Mietdroschken auf, eine Schlägermütze zwischen den weißen Hüten der Damen, eine schwarze Arbeiterjacke unter den maßgeschneiderten Ausgehanzügen ihrer Kavaliere.
    Als die Kutsche schließlich anhielt, schienen sie nicht nur in einem anderen Teil, sondern in einer anderen Stadt zu sein. Rowlf sah sich mißtrauisch um, als sie aus dem Wagen stiegen und von der Bordsteinkante zurücktraten. Die Straße war schmal, flankiert von düsteren, im Laufe der Jahrzehnte schwarz gewordenen Häusern, und von Schlaglöchern übersät. Ein unangenehmer, leicht fauliger Geruch hing in der Luft, und die wenigen Menschen, die ihnen begegneten, bedachten Howards vornehme Kleidung mit eindeutig feindseligen Blicken. Rowlf spannte sich instinktiv, als Howard mit weit ausgreifenden Schritten auf ein Gebäude am anderen Ende der Straße zuhielt.
    »Bist du sicher, daß wir hier richtig sind?« fragte er.
    Howard zuckte mit den Achseln. »Was die Adresse angeht – ja. Allerdings war die Gegend vor fünf Jahren noch nicht so heruntergekommen wie jetzt. Ich hoffe nur, Gaspard wohnt noch hier.«
    Sie überquerten die Straße, wichen einer großen, ölig schimmernden Pfütze aus und blieben schließlich vor einem winzigen Ladengeschäft stehen. Auf den blindgewordenen Scheiben verkündete abblätternde Farbe:
    François Gaspard,
    An- und Verkauf von Büchern, Antiquariat
    Okkulte Schriften

    »Er scheint wirklich noch hier zu wohnen«, murmelte Howard. Seine Stimme war so leise, als spräche er mit sich selbst, und auf seinen Zügen lag mit einem Male ein Ausdruck von Schmerz, den sich Rowlf nicht erklären konnte.
    »Vielleicht ist es besser, wenn ich erst einmal allein hineingehe«, erbot sich Rowlf an. »Es könnte eine Falle sein.«
    Howard drehte mit einer ruckartigen Bewegung den Kopf. Dann lächelte er verzeihend. »Kaum«, sagte er. »Wenn dort drinnen eine Gefahr auf mich warten sollte, dann bestimmt keine, vor der du mich schützen kannst, Rowlf.«
    Rowlf verstand nun überhaupt nichts mehr. Aber Howard machte keine Anstalten, seine Worte zu erklären, sondern straffte mit einem Seufzer die Schultern, streckte die Hand nach der Türklinke aus – und drückte sie übertrieben kräftig herunter.
    Kühle, Halbdunkel und der charakteristische Geruch alter Bücher schlugen ihnen entgegen, als sie den kleinen Laden betraten. Der Raum hinter den Scheiben mochte in Wahrheit groß sein, aber er war derart vollgestopft mit Regalen und Tischen, auf denen sich Bücher und Folianten aller nur denkbaren Art und Größe stapelten, daß Rowlf beinahe Platzangst bekam. Eine kleine Glocke über der Tür kündete ihr Kommen an, und schon nach Sekunden ertönten aus dem Hintergrund des Raumes schlurfende Schritte. Howard spannte sich. Seine Finger zupften mit kleinen, nervösen Bewegungen am Saum seines Gehrockes.
    Die Schritte kamen näher, dann schälte sich ein Schatten aus dem Gewirr von Bücherregalen und -stapeln. Rowlf erkannte einen grauhaarigen, hageren Mann schwer bestimmbaren Alters. Sein Gesicht war zu einem knappen, berufsmäßigen Lächeln verzogen, und seine Haut hatte den kränklichen, wächsernen Farbton des Menschen, der zu selten an frischer Luft und Sonne war.
    »Monsieur?« begann er. »Was kann ich für Sie –«
    Der Mann stockte. Das Lächeln auf seinen Zügen erlosch und wurde dann zur Grimasse. Seine Augen flammten auf, und Rowlf sah, wie sich seine Hände blitzartig zu Fäusten ballten und dann wieder öffneten.
    »Hallo, Gaspard«, sagte Howard leise.
    Gaspard schwieg. Sein Gesicht zuckte, und in seinen Augen wechselten sich in Sekunden Haß und Unglauben und Schrecken und Verzweiflung ab, so rasch, daß Rowlf nicht zu sagen wußte, welches Gefühl nun die Oberhand behielt. »Du... du bist tatsächlich gekommen«, sagte er schließlich. »Du hast es wirklich gewagt.« Seine Stimme bebte.
    Der Ausdruck von Trauer auf Howards

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