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Der Hexer - NR18 - Wer den Tod ruft

Der Hexer - NR18 - Wer den Tod ruft

Titel: Der Hexer - NR18 - Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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Bilder, wie sie in der Phantasie der Menschen mit dem Wort Vernichtung gepaart sind – verbrannte Häuser, zerborstene Erde, Leichen, die Spuren von Bränden...
    Nichts von alledem war zu sehen.
    Der Ort war nicht zerstört.
    Er war einfach nicht mehr da.
    Was das Feuer und Dagons Höllenkreaturen übrig gelassen hatten, hatte das Wasser weggeschwemmt. Das ovale Areal zwischen dem Dschungel und dem See hatte sich in eine schlammige Fläche verwandelt, einem Sumpf gleich, in dessen erst halb erstarrter, brauner Oberfläche dunkle formlose Dinge eingebettet waren, durchzogen von gezackten Rissen und Klüften, zum Teil mit blasig erstarrter Lava, zum Teil mit Wasser gefüllt.
    Noch immer lag ein Hauch von unwirklicher Wärme über der Lichtung, und von Zeit zu Zeit glaubte ich ein ganz leises, mahlendes Grollen zu hören, ein Geräusch, das anders war als der Pulsschlag des Krakatau, der in fast regelmäßigen Abständen erklang und tief unter meinen Füßen entstand. Tief im Leib der Erde, die vielleicht eine Wunde davongetragen hatte, die viel tiefer war, als wir jetzt schon ahnen mochten.
    Ich muß wohl zehn Minuten oder länger wie versteinert dagestanden und das grauenhafte Bild angestarrt haben, unfähig, wirklich zu begreifen, was hier geschehen war. Obwohl ich das Chaos so unmittelbar erlebt hatte, wie es nur möglich war, weigerte sich etwas in mir, die Erinnerung an die schrecklichen Sekunden freizugeben.
    Eine Hand berührte mich an der Schulter, und ich wußte, daß es Shannon war, ohne daß ich mich umdrehen mußte. Ich hatte gespürt, daß er kam. Meine magischen Kräfte begannen wieder zu erwachen, sehr langsam und zögernd noch, so daß es Tage, wenn nicht Wochen währen mochte, bis sie mir in gewohnter Stärke wieder zur Verfügung standen. Aber sie regten sich. Vielleicht war es der Schock gewesen, der Tergards Bann gebrochen hatte. Für Sekunden war ich fest davon überzeugt gewesen, zu sterben.
    »Es ist fürchterlich, nicht?« sagte Shannon. »Ich war nicht sicher, ob es mir gelingen würde.«
    Ich sah ihn noch immer nicht an, sondern versuchte das Chaos hinter meiner Stirn zu beruhigen. Ich war den Rest der Nacht ohne Bewußtsein gewesen, und als ich endlich erwachte, hatte Shannon neben mir gesessen, und seine Hand hatte meine Stirn berührt, was die Frage beantwortete, warum ich so lange ohne Bewußtsein gewesen war.
    Trotzdem fühlte ich mich noch immer wie in Trance. Dies alles hier war so unwirklich, daß ich mich fragte, ob es wirklich passiert war.
    Mein Blick blieb auf einem finsteren, verkrümmten Ding haften, das halb in den braunen Schlamm eingesunken war, der die Lichtung bedeckte. Im ersten Moment dachte ich, einem verkohlten Baumstamm gegenüberzustehen, dann erkannte ich die regelmäßige Struktur seiner Oberfläche. Es war ein Ssaddit, einer von Dagons Höllenwürmern, vom Wasser zu schwarzer Schlacke verbrannt, wie ein lebendes Wesen in dem Element verbrannt wäre, in dem es normalerweise existierte. Seltsamerweise erweckte der Anblick keinen Triumph in mir; nicht einmal Zufriedenheit. Nur Schrecken.
    »Sind sie alle tot?« fragte ich.
    »Alle, die hier waren«, bestätigte Shannon. »Aber ich fürchte, es werden noch mehr da sein. Trotzdem haben wir Dagon einen gehörigen Schlag versetzt.«
    Ich trat zur Seite, so daß seine Hand von meiner Schulter herabglitt, und starrte ihn aus brennenden Augen an. »Ist das alles, was dir dazu einfällt?« fragte ich, schärfer, als ich eigentlich beabsichtigt hatte. »Beinahe dreißig Majunde sind tot, Shannon. Und wir...« Ich brach ab, rang einen Moment hörbar nach Atem und deutete mit einer zornigen Bewegung auf die Lichtung hinaus. »Wir hätten diese ganze verdammte Insel in die Luft sprengen können, ist dir das klar? Wenn das Wasser tief genug in den Berg gedrungen wäre, um eine große Lavaader zu erreichen –«
    »Das ist es aber nicht«, unterbrach mich Shannon. »Das Risiko war mir klar, Robert. Aber ich hatte keine Wahl. Dagons Haustierchen hätten uns alle umgebracht, wenn ich sie nicht vernichtet hätte. Wir haben ihn nicht geschlagen, aber wir haben wenigstens etwas Zeit herausgeschunden. Er wird Tage brauchen, um sich davon zu erholen. Wenn nicht Wochen.«
    Wieder dauerte es lange, bis ich antwortete, und als ich es tat, überlegte ich mir jedes einzelne Wort sehr genau. Ich war gereizt, und das furchtbare Geschehen – und mehr noch der Gedanke an das, was hätte geschehen können – wühlten mein Innerstes auf. Shannon

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