Der Hexer - NR18 - Wer den Tod ruft
stürmten. Die Majunde hatten sich zu kleinen Gruppen zusammengefunden und Feuer entzündet, über denen sie mitgebrachte Lebensmittel erhitzten, und hier und da hatte sich einer auf dem nackten Boden ausgestreckt und schlief.
Shannon deutete auf Yo Mai, der zusammen mit einer Handvoll Majunde-Krieger am Tor stand und ganz offensichtlich in eine erregte Diskussion verstrickt war. Wir eilten zu ihnen, und Shannon riß den Majunde grob an der Schulter herum, ohne auf die drohenden Blicke der anderen zu achten.
»Wo ist euer Magier?« schnauzte er.
Yo Mai blickte ihn einen Moment unverstehend an. »Unser Magier?« wiederholte er. »Warum? Was willst du von ihm?«
»Nichts«, fauchte Shannon. »Aber ich habe das Gefühl, er will etwas von uns.« Zornig deutete er auf mich. »Um ein Haar hätte er meinen Freund hier umgebracht, Wilder! Wo ist er?«
»Ich... weiß es nicht«, gestand Yo Mai verwirrt. »Ich werde ihn suchen.« Er wandte sich an die Männer, die im Halbkreis um uns standen, und wechselte ein paar rasche Worte im Dialekt des Stammes mit ihnen. Sie entfernten sich. Dann drehte er sich wieder zu Shannon um. Die Verwirrung war aus seinen Zügen gewichen und hatte allmählich aufkeimendem Zorn Platz gemacht. »Was bedeutet das alles?« fragte er. »Ihr habt unser Wort, daß wir uns nicht in eure Dinge mischen.«
»Deines vielleicht«, sagte Shannon wütend. »Aber euer Hinterhofzauberer schert sich einen Dreck darum. Wäre ich nicht dabei gewesen, wäre Robert jetzt tot.«
Yo Mai erschrak sichtlich, sah mich einen Moment verunsicherten und schüttelte ein paarmal den Kopf, als könne er nicht glauben, was er hörte.
Nach einer Weile kamen die Eingeborenen zurück, die er weggeschickt hatte, um nach dem Magier zu suchen. Und sie kamen allein. Es war nicht schwer, den Ausdruck auf ihren exotisch geschnittenen Gesichtern zu deuten.
»Er... ist nicht mehr da«, sagte Yo Mai stockend, nachdem er mit seinen Leuten gesprochen hatte. »Ich verstehe das nicht!«
»Was soll das heißen, nicht mehr da?« schnappte Shannon. Seine Wut – die ich noch immer nicht verstand – war keineswegs besänftigt, sondern schien durch die Worte des Majunde eher noch weiter angestachelt zu werden.
»Er ist... nicht im Lager«, gestand Yo Mai, wobei er Shannons Blick auswich. »Ein paar Männer haben gesehen, wie er weggegangen ist, kurz ehe wir hierher kamen.«
»Wohin?« fauchte Shannon.
Yo Mai sah auf, aber er blickte mich an, nicht Shannon. Dann hob er die Hand und deutete auf den Gipfel des Krakatau. »Dorthin«, sagte er. »Zu den heiligen Höhlen unseres Volkes.«
Ich wollte antworten, aber ich kam nicht dazu, denn in diesem Moment flammte ein neuer, quälender Schmerz in meiner Brust auf.
Es war längst nicht so schlimm wie der erste Angriff, eigentlich nur ein dünner, tiefgehender Stich, eher lästig als wirklich schmerzhaft. Aber er blieb.
* * *
Die Wärme des Vulkans machte sich hier oben, näher an seinem Krater als an der Küste und dem Meeresspiegel, unangenehm bemerkbar. Trotz des hellen Sonnenlichtes schien der Himmel unmittelbar über dem wie abgeschnitten wirkenden Gipfel des Berges in düsterem Rot zu glühen, und in fast regelmäßigen Abständen ertönte ein dumpfes, knirschendes Grollen, manchmal gefolgt von einer Säule feuriger Lava, die aus der Caldera des Vulkans emporschoß und fauchend wieder zurücksank.
»Der Berg ist unruhig«, sagte Roosfeld.
Tergard zog eine Grimasse. »Eine ungemein intelligente Feststellung, Roosfeld«, murmelte er. »Was würde ich nur ohne dich tun?«
Roosfeld schluckte, senkte den Blick und konzentrierte sich ganz darauf, neben Tergard den abschüssigen Hang hinaufzusteigen, ohne auf dem losen Geröll das Gleichgewicht zu verlieren. Tergard war gereizt, und Roosfeld wußte nur zu gut, wie unberechenbar der Templer sein konnte, wenn er schlechter Laune war.
Schweigend stiegen sie weiter, überwanden den Hang und drangen wieder in den Dschungel ein, der hier oben nicht ganz so undurchdringlich war wie weiter unten an der Küste. Trotzdem würden sie den Krater nicht vor Sonnenuntergang erreichen, das wußte Roosfeld. Und seit der vergangenen Nacht hatte er Angst, nach Dunkelwerden hier zu sein. Er wußte, daß die Feuerwürmer wiederkommen würden. Tergard mochte ihn als Idioten betrachten, aber so dumm, sich nicht auszurechnen, daß Dagon sie mit aller Macht verfolgen würde, war er nun auch wieder nicht.
Tergard blieb stehen, als sie einige Schritte in den
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