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Der Hexer - NR27 - Todesvisionen

Der Hexer - NR27 - Todesvisionen

Titel: Der Hexer - NR27 - Todesvisionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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blind nach dem kleinen Leinenbeutel und streute neues Pulver auf das nebelüberzogene Wasser. Sofort tanzten wieder irrlichternde Funken über seine Oberfläche, und erneut versank sein Geist in den Tiefen der magischen Schale. Mit dürren Geistfingern griff er aus der Welt der Visionen hinaus in die Wirklichkeit, Hunderte von Meilen entfernt, unter dem grauen Dach einer Zeltplane...
    »Ich stoße von Süden gegen die Hauptmacht der Sioux vor«, Custer zog mit dem Finger einen Halbkreis über die verschlissene Karte, »und treibe sie gegen General Gibbons Truppen. Er steht... hier.« Sein Finger übersprang gute fünfzig Meilen und tippte energisch auf das Papier. »Damit haben wir sie in der Falle«, fuhr er nach einer gewichtigen Pause fort. »Wir werden planmäßig morgen früh um fünf Uhr aufbrechen. In zwei Tagen erreichen wir das Hauptlager –
    »Zwei Tage«, unterbrach ihn General Terry ungläubig. »Das ist Wahnsinn, Custer. Zwölf Kompanien können nicht –
    »Und treiben die Sioux vor uns her; geradewegs in Gibbons Hände«, fuhr Custer ungerührt fort. »Das Überraschungsmoment ist auf unserer Seite, meine Herren. Wir werden –
    Er stockte mitten im Satz. Ein heftiger Schmerz durchzuckte plötzlich sein Gehirn. Er stöhnte auf und strich sich mit einer fahrigen Handbewegung über die Stirn. Die Karte verschwamm vor seinen Augen, und er mußte sich auf den Tisch stützen.
    Er blickte auf, aber die Gesichter seiner Offiziere waren nur noch verwaschene Flecken gegen den dunklen Zeltstoff. Ihre besorgten Stimmen klangen seltsam verzerrt und falsch in seinen Ohren, und wie durch eine Schicht von Watte nur konnte er ihre Griffe spüren, mit denen sie ihn stützten.
    Dann war es vorüber. Die Benommenheit verging so schnell, wie sie gekommen war. Zurück blieb nur ein dumpfes Pochen in seinem Hirn, wie ein beginnender Kopfschmerz.
    George Custer atmete tief ein und blinzelte die letzten Schleier von seinen Augen weg. Allmählich wurden die Konturen wieder klar, und nun verstand er auch die aufgeregten Worte seiner Begleiter.
    »Es ist nichts«, sagte er rasch. »Ein leichter Anflug von Übelkeit Ich vertrage diese Temperaturen wohl doch nicht so gut, wie ich dachte.«
    Colonel Waters nickte, und sein breites Gesicht glänzte vor Schweiß. »Diese verdammte Hitze bringt mich eines Tages noch um«, pflichtete er Custer bei, zog sein seidenes Taschentuch hervor und tupfte sich die Stirn damit.
    General Custer wandte sich wieder der Karte zu, und plötzlich erschien ihm sein Plan gar nicht mehr so perfekt wie noch vor wenigen Sekunden. Mit einem Male war ihm klar, daß er einen entscheidenden Fehler begangen hatte. Er beugte sich über die Karte und trommelte nervös mit den Fingern auf die Tischplatte. Der dumpfe Schmerz in seinem Kopf schwoll an –
    und Sitting Bull verstärkte den Druck seiner magischen Geistfühler. Behutsam drang er in das Unterbewußtsein des weißen Mannes vor, tastete über seine Gedanken, kehrte sie um und lenkte sie in andere Bahnen. Seine körperlosen Lippen flüsterten das Wort, das Wakan Tanka ihm gegeben hatte; das Wort, das für die Weißen den Untergang bedeuten würde...
    Plötzlich wußte Custer, wo der Fehler lag. Und kaum hatte er ihn gefunden, da verschwand auch der bohrende Kopfschmerz; gerade so, als wolle das Schicksal seinen guten Einfluß bekräftigen.
    Er hatte die Chance, als alleiniger, ruhmreicher Sieger aus dieser Schlacht hervorzugehen, und es war geradezu lächerlich einfach! Mit den Augen verfolgte er die Linie, die er und seine Truppe ziehen mußten, bis er sich von seinem Ersten Offizier Major Reno und einem kleinen Teil der Mannschaft trennen würde.
    Dort, jenseits des Flusses, würde die kapitale Beute auf ihn warten: die Hauptmacht des Häuptlings Sitting Bull. Völlig ahnungslose Krieger, die er mit seinem Angriff überraschen und zerschlagen konnte.
    Dort am Little Bighorn River...

    * * *

    Ein dumpfer, pulsierender Schmerz durchzog meine Brust, als ich erwachte. Ich saß an einen Felsen gelehnt da, einen dicken weißen Verband um meinen entblößten Oberkörper, und Lancelot Postlethwaite fuchtelte mit einer monströsen Spritze vor meinem Gesicht herum. Fast wäre mir wieder schwarz vor Augen geworden, als ich sah, wie er Anstalten machte, mir die Nadel auf die Haut zu setzen.
    »Nicht!« krächzte ich und ruckte ein Stück zur Seite und von der Nadel weg, was einen höllischen Schmerz durch meine Brust jagte.
    »Aha, Sie sind wach«, stellte

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