Der Hexer - NR29 - Necron - Legende des Bösen
das ist Wahnsinn«, stammelte ich. »Bitte, Pri, wir dürfen nicht...«
»Was?« fragte sie harmlos.
»Das, was... was du da... machst...«
»Gefällt es dir nicht?« erkundigte sich Priscylla, gab mir jedoch keine Chance, zu antworten, sondern beugte sich abermals vor und küßte mich, diesmal so heftig, daß mir im wahrsten Sinne des Wortes die Luft wegblieb.
»Aber Necron!« protestierte ich mühsam.
Priscylla richtete sich ein wenig auf, legte den Kopf auf die Seite und sah mich nachdenklich an. »Wenn es dir mit ihm mehr Spaß machen würde, rufe ich ihn dir gerne«, erklärte sie ernsthaft. »Es sei denn...«
Sie sprach nicht weiter, sondern richtete sich mit einer plötzlichen Bewegung auf, zog auch das dünne Nichts aus Seide mit einem Ruck über den Kopf und ließ sich wieder auf mich sinken. Ihre Hände machten dort weiter, wo sie vor Augenblicken aufgehört hatten.
Und ich für meinen Teil hörte auf, mich dagegen zu wehren. Nicht, daß mir das, was sie tat, direkt unangenehm gewesen wäre. Im Gegenteil. Ganz im Gegenteil...
* * *
Der Berg und die Festung ragten wie eine zornig geballte Faust aus schwarzem Stein gegen den Nachthimmel empor. Der Wind hatte sich gelegt, aber in der Wüste war noch immer Bewegung: ein Rascheln und Schaben hier, ein Huschen dort, ein leises Schleifen da... es war nichts Konkretes, nichts, worauf man deuten oder was man auch nur in Worte fassen konnte, aber es war da: Ein lautloses, aber unüberhörbares Flüstern und Wispern, irgendwo dicht jenseits der Wirklichkeit.
»Du spürst es auch, nicht wahr, Bruder Jean?«
Balestrano schrak aus seinen Gedanken hoch, drehte sich herum und erkannte Bruder van Velden in der schlanken Gestalt, die sich wie ein heller Schatten vom nachtdunklen Hintergrund der Wüste abhob. Er hatte nicht gehört, wie der Desert-Master nähergekommen war.
»Sie lebt«, fuhr van Velden fort, ohne auf eine Antwort Balestranos zu warten. »Die meisten Menschen halten sie einfach für ein Stück nutzloser Erde, auf dem nur Sand und Steine und allenfalls ein paar giftige Spinnen und Skorpione leben, aber das stimmt nicht. Die Wüste lebt. Und sie registriert sehr genau, wer sie betritt und was er tut.«
Jean Balestrano antwortete noch immer nicht. Er wandte sich wieder um und blickte zum Schatten der Bergfestung hinauf. Trotz ihres unheimlichen und angstmachenden Äußeren war sie nur als Schatten zu erkennen, wie ein kolossales schwarzes Loch in der Wirklichkeit. Man konnte nicht sehen, wo der natürlich gewachsene Fels aufhörte und das Mauerwerk der Drachenburg begann.
»Sie müssen jetzt bereits wissen, daß wir kommen«, murmelte van Velden, der seinen Blick bemerkt hatte. »Sie werden uns angreifen, sobald wir den Aufstieg beginnen.«
Balestrano sah ihn nachdenklich an. »Glaubst du?«
»Jedenfalls würde ich das tun«, sagte er. »Die Späher sind zurück. Das ist auch der Grund, aus dem ich dich gesucht habe. Was sie melden, gefällt mir nicht besonders. Dieser Berg.« Van Velden deutete mit einer Kopfbewegung auf den zyklopischen Schatten, der ein ganzes Drittel des Horizonts vor ihnen einnahm. »Es gibt nur einen einzigen Weg hinauf. Zehn Mann können ihn gegen eine Armee verteidigen.«
Balestrano schwieg. Van Veldens Worte überraschten ihn kein bißchen. Er wußte zehnmal besser als der Desert-Master, wie uneinnehmbar die Wüstenfestung Necrons war. Wären sie allein auf die Kampfkraft ihrer Krieger angewiesen, hätten sie auch mit der zehnfachen Anzahl von Männern keine Chance gehabt, sie zu stürmen.
Nach einer Weile wandte er sich schweigend um, bedeutete van Velden mit einer Kopfbewegung, ihm zu folgen, und ging zum Lager zurück, das zwischen zwei gewaltigen Sanddünen errichtet worden war. Selbst Balestrano staunte ein wenig, wie still und diszipliniert die fünfhundert Mann sich verhielten. Nicht der geringste Laut war zu vernehmen, und selbst ihre Gestalten schienen mit den Schatten der Nacht zu verschmelzen. Ein flüchtiges Gefühl von Stolz machte sich in ihm breit, als er zwischen den schweigend dahockenden Männern hindurchging.
Von Schmid, Hayworthy und de la Croix erwarteten ihn bereits, zusammen mit zwei anderen Männern; offensichtlich den Spähern, von denen van Velden gesprochen hatte.
Balestranos Blick huschte über die Gesichter der drei Master. Von Schmid starrte mit steinerner Miene ins Nichts, während sich auf Bruder Andrés Zügen ein eindeutig angespannter Ausdruck breitgemacht hatte. Nur Hayworthy sah
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