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Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York

Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York

Titel: Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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Freiheitsstatue angegriffen worden zu sein. Angeblich hat sie sein Boot in Brand gesetzt. Wenn ihr mich fragt, ist er eingeschlafen oder war betrunken und hat mit einer Lampe herumgespielt. Wäre nicht das erste Mal. Diese alten Kähne brennen wie Zunder.«
    Ich wollte antworten, aber in diesem Moment stieß Howard hinter mir ein erstauntes Keuchen aus, und statt dessen drehte ich mich zu ihm herum.
    Howard hatte – warum auch immer – die Taschen des Toten durchsucht und etwas zutage gefördert, was auch mir einen erstaunten Laut abrang, als ich es erkannte.
    Es war ein Finger.
    Er war ein wenig größer als ein normaler menschlicher Finger, aber er war auch ganz und gar nicht normal. Er war grün, und er war hohl. Und er bestand aus Kupfer.

    * * *

    Jetzt, als alle Arbeiter fort waren und die Hektik und der Lärm des Tages der Stille und Dunkelheit der Nacht gewichen waren, wirkte die Insel wie ein gigantischer Friedhof. Die Dunkelheit hatte sich wie eine Glocke über die riesige Statue gestülpt, und vom Meer her krochen eisige Kälte und dünne graue Nebelfetzen auf den Fuß der Titanin zu. Das Lichtermeer der Stadt war hinter einer grauen, wattigen Mauer verschwunden.
    Rosenberg sog an seiner Zigarette und genoß das leise Schwindelgefühl, das sich hinter seiner Stirn ausbreitete. Er war kein geübter Raucher, und normalerweise bekam er einen Hustenanfall, wenn er einen so tiefen Zug nahm wie jetzt. Und außerdem war er sich darüber im klaren, daß es ziemlich dumm war, in seinem Alter noch das Rauchen anzufangen.
    Er konnte sich den Spaß einfach nicht leisten. Tabak war teuer.
    Aber er brauchte einfach etwas, um seine Hände zu beschäftigen. Und etwas, das ihm wenigstens die Illusion gab, sich beruhigen zu können. Die Insel und die gewaltige metallene Statue machten ihm Angst.
    Das Schlimmste war vielleicht, daß er nicht einmal wußte, warum er Angst hatte, geschweige denn, wovor.
    Vor zwei Wochen, als er diesen Job als Aushilfs-Wächter bekommen hatte, hatte er seine Frau und seine beiden Söhne voller Stolz mitgenommen und ihnen die gigantische Statue gezeigt, die er nachts bewachte. Aber das war tagsüber gewesen, und außer ihm waren noch ungefähr zweihundert andere Männer und Frauen hier gewesen, die die noch nicht ganz fertiggestellte Figur betrachteten.
    Jetzt war es Nacht, er war allein auf Liberty Island, und er hatte ganz erbärmliche Angst.
    Nun gut, dachte er, noch zwei Stunden, und seine Schicht war zu Ende, Liberty Island würde sich wieder mit Menschen und Lärm füllen und in eine Großbaustelle verwandeln, und auf den Gerüsten, die die Statue jetzt wie sonderbar eckige Spinnweben umgaben, würden Männer sein, die sich wahrscheinlich einen Ast lachten, wenn sie von seinen nächtlichen Ängsten hörten. Rosenberg schnippte seine Zigarette in den Nebel und setzte seine Runde fort.
    Eine Viertelstunde später war seine Angst kein bißchen schwächer geworden, aber der Nebel war näher gekommen und jetzt bis fast an den Fuß der Statue herangekrochen. Rosenberg überlegte, ob er nicht einfach den Schlüssel an seinem Gürtel benutzen und in die Statue hineingehen sollte – was zwar verboten, aber eindeutig bequemer und wärmer wäre, als hier draußen herumzustehen. Und was sollte schon geschehen? dachte er. Schließlich würde niemand kommen und die Freiheitsstatue stehlen.
    Der Gedanke begann ihm zu gefallen. Er war mehr als einmal drinnen gewesen in dem gigantischen, die Hälfte der gesamten Statuenhöhe ausmachenden Sockel der Figur, und er wußte, daß es dort eine Menge geschützter Ecken gab, in denen er die letzten beiden Stunden seines Dienstes weitaus behaglicher zubringen konnte als hier draußen. Und außerdem machte ihm der Nebel Angst.
    Rosenberg beschloß, angesichts des Nebels und der Kälte ausnahmsweise einmal fünf gerade sein zu lassen und genauso zu verfahren, bog mit deutlich beschleunigten Schritten um die letzte Ecke – und erstarrte.
    Eine Seite des riesigen Doppeltores im Sockel stand offen. Ein sanftes, sonderbar grüngefärbtes Licht, das nicht sein durfte, erstrahlte im Inneren des gewaltigen Steinbaues, und davor zeichnete sich der Umriß einer schlanken Frauengestalt ab. Sie stand völlig reglos und mit halb geschlossenen Augen da und schien auf das Meer hinauszublicken, wenngleich vor ihr nichts anderes als grauer, unheimlicher Nebel war, und sie sah nicht in Rosenbergs Richtung, so daß sie ihn zumindest im Moment noch nicht bemerkt hatte. Einen Moment

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