Der Hexer - NR35 - Die seelenlosen Killer
offensichtlich aus den Kellergeschossen des Hauses heraufführte, trat ein zweiter Mann, dann ein dritter. Er und der erste, der Frankenstein und Rowlf um ein Haar überrascht hätte, boten einen höchst sonderbaren Anblick – sie trugen dunkle, bis auf die Knöchel fallende Wettermäntel, darunter allerdings keine dazu passende Kleidung, sondern weiße, mit einem gleichschenkeligen roten Balkenkreuz bestickte Hemden und Hosen aus Kettengeflecht, als wären sie geradewegs aus einem romantischen Ritterroman entsprungen.
Aber ihr Anblick war nichts gegen den dritten Mann, der zwischen ihnen ging.
Genauer gesagt, das Ding, das Frankenstein im ersten Moment für einen Mann gehalten hatte...
Soweit Frankenstein dies erkennen konnte, bestand es ganz und gar aus Eisen und sah ein bißchen aus wie ein wandelndes Skelett, denn es hatte keinen wirklichen Leib, sondern eine Art grobmaschigen Gitterkorb, aus dem die Glieder und der Hals herausragten und in dem sich allerlei mechanische Dinge drehten und bewegten. Mit sonderbar abgehackten, mechanischen Bewegungen stolzierte es zwischen den beiden Männern einher. Sein Kopf drehte sich unentwegt von rechts nach links und wieder zurück mit kleinen, vogelartigen Rucken. In den Augenhöhlen seines metallenen Totenschädels blinkten zwei winzige, rote Lämpchen.
Atemlos vor Schrecken sah Frankenstein zu, wie die beiden Männer und ihr bizarrer Begleiter wenige Schritte an ihrem Versteck vorüber und die Treppe hinauf gingen, um in einem Zimmer im oberen Geschoß zu verschwinden. Aber selbst, als alles wieder still geworden war, verharrte er noch lange reglos auf der Stelle und starrte die Treppe an.
»Was... was war das?« stammelte er schließlich.
»Eine von dem Lausdreck sein’ Puppen«, antwortete Rowlf düster. Seine gewaltigen Pranken öffneten und schlossen sich unentwegt, als hielte er sich nur noch mit Mühe davon zurück, den beiden Männern und der bizarren Kreatur nachzustürmen und über sie herzufallen. »War bloß noch nich’ ganz fertig.«
»Dann... dann sind sie... hier?« stammelte Frankenstein. Das letzte Wort klang beinahe hysterisch,
Rowlf grinste. »Sieht so aus, Doktorchen. Wo diese Hampelmänner in ihren Affenkostümen auftauchen, da ist auch der Lausdreck nich’ weit, darauf könnse Gift nehm’. Und jetz’ –« Sein Grinsen wurde noch breiter, verlor dabei aber merklich an Humor, »– kauf ich mir die Halunken.«
Es dauerte einen Moment, bis Frankenstein begriff. »Sie... Sie wollen doch nicht etwa dort hinunter?« stammelte er mit einer Geste auf die nur halb geschlossene Kellertür.
»Aba sicher doch«, grinste Rowlf. »Sie könn’ ja hierbleim, wennse woll’n.« Sprach’s, stieß die Tür auf und stürmte mit kampflustig gesenktem Kopf durch die Halle.
»Hier... bleiben?« flüsterte Frankenstein. Hier? Er sollte allein in diesem Haus zurückbleiben?!
Rowlf lief nicht gerade langsam die Kellertreppe hinunter. Trotzdem hatte Frankenstein ihn eingeholt, noch ehe er die Hälfte davon zurückgelegt hatte.
* * *
Es dauerte lange, bis das entsetzliche Gefühl des Fallens aufhörte, aber auch danach umgab mich weiterhin Dunkelheit; eine solch erstickende Schwärze, wie ich sie niemals zuvor erlebt hatte.
Und dann...
Es ist schwer, Empfindungen in Worte zu fassen, für die es keine Worte gibt. Nach dem endlos dauernden Sturz durch die Dimensionen des Wahnsinns kam ich irgendwo an, hatte mit einem Male wieder das Gefühl, einen Körper zu haben.
Trotzdem war dieses Gefühl sonderbar falsch.
Ein Körper.
Mein Körper.
Und trotzdem ein anderer.
Und ich war nicht allein.
Jemand – etwas? – war bei mir, um mich, in mir, überall und nirgends. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, von einer großen, unendlich sanften, aber auch unendlich starken Hand berührt zu werden, einer Hand, die mir freundlich gesinnt war, die aber auch töten und vernichten konnte.
Ein sonderbares, nicht unbedingt angenehmes Empfinden von Tasten und Sondieren, ein Gefühl, als griffe etwas in meine Gedanken und suche darin herum, bis es etwas Bestimmtes gefunden hatte.
Dann – jäh und so heftig, daß ich vor Schrecken aufgeschrien hätte, hätte ich einen Körper gehabt – Zorn.
Ein Zorn von einer Intensität, wie ich ihn nie zuvor erlebt hatte.
Dann nichts mehr.
Nur das Gefühl, einen Körper zu haben, wurde stärker.
Aber es war nicht mein Körper...
* * *
Der Keller war so groß und düster und voller Staub und Gerümpel, wie Frankenstein
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