Der Hexer - NR35 - Die seelenlosen Killer
es bei einem Haus wie diesem erwartet hatte.
Und er war von der gleichen Art düster-lauernden Lebens erfüllt, das er befürchtet hatte: das gleiche, nicht greifbare, aber entsetzliche Gefühl, das ihn draußen im Garten überfallen hatte, nur daß es hier sehr viel stärker war. Er glaubte die Augen beinahe zu sehen, die ihn aus der Dunkelheit heraus anstarrten.
Aber eben nur beinahe.
Rowlf legte mahnend den Zeigefinger auf die Lippen, als Frankenstein etwas sagen wollte, deutete nach links und machte gleichzeitig mit der anderen Hand eine Geste, deren Bedeutung Frankenstein unklar blieb. Vorsichtshalber beschloß er, Rowlf zu folgen, als der rothaarige Riese geduckt durch den Keller zu schleichen begann.
Nach einer Weile hörten sie Stimmen: sehr leise und zu undeutlich, als daß sie die Worte verstehen konnten. Rowlf machte abermals eine Handbewegung, vorsichtig zu sein, brach quasi im Vorübergehen – und zu Frankensteins Erstaunen so gut wie lautlos – ein Bein eines herumstehenden Stuhles ab, schwang seine improvisierte Keule probehalber ein paarmal und bewegte sich noch vorsichtiger weiter.
Die Stimmen kamen näher. Sie wurden lauter, sonderbarerweise aber nicht deutlicher, und bald hörten sie auch andere Geräusche – ein leises, rauhes Lachen, das helle Klappern von Würfeln, mit denen die Männer sich die Zeit zu vertreiben schienen, dann Schritte, die sich ihrem Versteck aber nicht näherten.
Schließlich erreichten sie die Quelle der Geräusche: eine niedrige, mit einem wuchtigen, halbverrosteten Schloß versehene Tür in der südlichen Wand des Kellers. Wenn ihn sein Orientierungssinn nicht vollends im Stich gelassen hatte, dachte Frankenstein verwirrt, dann mußten sie den Keller mittlerweile zur Gänze durchquert haben – was nichts anderes hieß, als daß sich die Kellergeschosse dieses Hauses auch noch unter den Garten beziehungsweise die Straße erstreckten.
Nicht, daß ihn bei diesem Haus auch nur noch irgend etwas gewundert hätte...
Rowlf packte seine improvisierte Keule fester, sah noch einmal sichernd nach rechts und links und näherte sich der Tür auf Zehenspitzen. Auf seinem Gesicht lag ein entschlossener, beinahe schon verbissener Ausdruck, als er die Hand nach der Klinke ausstreckte.
Trotz ihres verwahrlosten Äußeren schwang die Tür vollkommen lautlos auf. Ja, mehr noch – für einen Moment hätte Frankenstein schwören können, daß sie sich Rowlfs Hand entgegenbewegte, als könne sie es kaum mehr erwarten, endlich geöffnet zu werden.
Aber das mußte eine Täuschung sein. In den letzten Stunden hatte er so viel Unmögliches und Unglaubliches erlebt, daß er wohl schon anfing, Gespenster zu sehen.
Ein heller Streifen flackernden gelben Lichtes wie das einer Petroleumlampe fiel ihnen entgegen, als sie die Tür öffneten, und die Stimmen wurden abermals lauter, waren aber noch immer nicht deutlicher zu verstehen – was nun allerdings eindeutig daran lag, daß sie sich nicht der englischen Sprache bedienten, sondern eines Idiomes, das Frankenstein zwar vage bekannt vorkam, das er aber nicht verstand. Ein kurzer, steil in die Tiefe führender Treppenschacht nahm sie auf. An seinem Ende befand sich eine zweite, offenstehende Tür.
Frankensteins Herz begann schnell und fast schmerzhaft hart zu schlagen, während er hinter Rowlf die ausgetretenen Stufen hinunterschlich. Seine ganze Situation kam ihm mit jeder Minute lächerlicher vor – was zum Teufel tat er hier eigentlich? Er war drauf und dran, sich nicht nur in ein Abenteuer – gegen das er im Prinzip nichts einzuwenden gehabt hätte – zu stürzen, sondern in einen höchst unerfreulichen Tod, denn wenn in dem Raum dort unten noch mehr der bizarren Maschinenmenschen warteten, dann würden ihnen auch Rowlfs Riesenkräfte nicht mehr weiterhelfen. Und Frankenstein hatte das sichere Gefühl, daß sie ihr Glück zu sehr strapaziert hatten, um auf ein abermaliges Entkommen rechnen zu können.
Aber es war zu spät für solcherlei Überlegungen, denn in diesem Moment, fast als hätte er seine Gedanken gelesen, sprang Rowlf mit einem gellenden Schrei durch die Tür.
* * *
Bruder Carlsen und er hatten die Maschine in den Salon im oberen Stockwerk geschafft, wie Sarim de Laurec es ihnen befohlen hatte, und vor einer Stunde waren die anderen gekommen.
Seither warteten sie.
Es war sehr still in diesem großen, unheimlichen Haus. Nicht der mindeste Laut drang von der Straße herein, und die einzigen Geräusche, die Bruder
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