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Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Titel: Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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und jagte grußlos zum Dorf zurück. Und ich machte mich auf den Weg nach Baskerville Hall.

    * * *

    Beim ersten Versuch hatte John Barrymore keinen Erfolg gehabt. Das erhoffte und gleichzeitig von ihm verabscheute Erkennungszeichen war ausgeblieben. Vielleicht, sagte er sich, war es noch zu hell gewesen. Das Böse erwachte erst, wenn die Dunkelheit ihre Herrschaft über das Land antrat.
    Er versuchte es erneut, begleitet von den flehenden Blicken seiner Frau Eliza. Die Gefahr, entdeckt zu werden, war sehr gering. Sir Henry hatte sich mit seinen Gästen in die Bibliothek zurückgezogen; die Herren hatten wohl kaum Veranlassung, dem gemütlichen Kaminfeuer den Rücken zu kehren.
    Barrymore nickte seiner Frau noch einmal zu, verließ die Küche und schritt hinauf zur Galerie. Auf leisen Sohlen schlich er den dunklen Korridor entlang, konnte jedoch nicht verhindern, daß die Dielen unter seinen Füßen knarrten. Aber die verräterischen Geräusche blieben ohne Folgen – die Bibliothek lag zu weit entfernt, als daß man ihn hätte hören können.
    Barrymore erreichte die letzte Tür am Ende des Korridors. Sie war unverschlossen – niemand außer ihm betrat für gewöhnlich dieses Zimmer. Er ging hinein, schloß die Tür hinter sich und trat ans Fenster.
    Er blickte hinaus. Undeutlich konnte er im schwachen Mondlicht die Wipfel der Bäume erkennen, hinter denen sich die weite Fläche des Moors erstreckte.
    Und er sah noch etwas. Die hell leuchtende Gestalt eines riesigen Hundes, die in weiten Sätzen über den tückischen Sumpf eilte. Der Höllenhund.
    Das Herz John Barrymores klopfte zum Zerspringen. Wahnsinnige, mörderische Hoffnung keimte in seinem Herzen auf wie der Schößling einer giftigen Pflanze.

    * * *

    Ich war es gewohnt, in nächtlicher Dunkelheit meinen Weg zu finden, und so hatte ich keine große Mühe, mich zu orientieren, zumal jetzt auch der Mond des öfteren hinter seiner Wolkendecke hervorlugte. Ohne Schwierigkeiten fand ich den breiten, befestigten Weg, der zum Schloß der Baskervilles führte.
    Der ›Höllenhund‹ hatte sich nicht mehr hören und blicken lassen. Obwohl er mir zuerst einen gehörigen Schrecken eingejagt hatte, fiel es mir immer schwerer, ihn als Kreatur von überirdischer Wesensart zu sehen. Fast war ich schon davon überzeugt, daß es für seine Erscheinung eine natürliche Erklärung geben mußte, wenn ich auch gegenwärtig nicht zu sagen vermochte, wie eine solche aussehen sollte. Auf alle Fälle war der Fluch der Baskervilles für mich ein Problem zweiter Ordnung. Mein vordringliches Anliegen – hier und jetzt – war Sir Henry Baskerville selbst.
    Wie es schien, lag Baskerville Hall in einer kleinen Talmulde, denn die Zufahrtsstraße, die ich entlangschritt, wies eine leichte Abwärtsneigung auf. Alte, teilweise verkrüppelte Eichen und Kiefern säumten den Weg, und ihre verwelkten Blätter knirschten unter meinen Füßen. Bald schon konnte ich im Mondlicht die Umrisse von zwei hohen Türmen ausmachen und stand wenig später vor dem äußeren Tor des altehrwürdigen Adelsbesitzes, das von zwei bemoosten Steinpfeilern gehalten wurde. Die Pfeiler wurden von Eberköpfen geschmückt; vermutlich die Wappentiere des Baskerville-Geschlechts. Unmittelbar neben dem Tor befand sich ein kleines Wächterhaus aus schwarzem Granitgestein, das jedoch allem Anschein nach nicht bewohnt wurde. Durch die Gitterstäbe des Tores konnte ich, jenseits einer breiten Rasenfläche, die eigentlichen Schloßgebäude erkennen.
    Ich streckte die Hand nach der Torglocke aus, ließ den Arm dann aber auf halbem Weg wieder sinken.
    Was, zum Teufel, sollte ich sagen, wenn ich einem Bediensteten gegenüberstand und nach dem Grund meines Besuches gefragt wurde? Ich komme, um meinem guten alten Freund Henry Baskerville wieder einmal ein Essen zu vergällen? Nicht unbedingt eine ideale Eintrittskarte, nicht wahr?
    Kurz entschlossen tat ich etwas, das ganz dem Image entsprechen mußte, welches Baskerville sich von mir gebildet hatte: Ich kletterte einfach über das schmiedeeiserne Tor.
    Obwohl im Schloß eine ganze Reihe von Lichtern brannten, konnte ich doch ziemlich sicher sein, daß niemand auf mich aufmerksam geworden war. Zwischen Tor und Haus erstreckte sich, die Rasenfläche durchschneidend, eine Baumallee, deren Zweige so tief hinunterreichten, daß sie den Einblick vom Schloß her verwehrten.
    Immer im Sichtschutz der Bäume bleibend, arbeitete ich mich den Gebäuden entgegen. Hinter dem Stamm der

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