Der Hexer - NR38 - Das Auge des Satans
Gesichtsausdruck wirkte mit einem Male verbissen.
Ich rieb mir mit der rechten Hand über die Augen, tauschte einen raschen, erschrockenen Blick mit Letitia und starrte erneut in die dunkle, wogende Wolkenwand, die schräg hinter uns den Himmel beherrschte und mit irrsinniger Geschwindigkeit auf uns zukam. Die Gestalten der Beni Ugad wirkten winzig und verwundbar vor dem Hintergrund des gigantischen Gebildes.
»Was... sollen wir tun?« stammelte Letitia. Sie versuchte, sich möglichst wenig von ihrer Angst anmerken zu lassen, aber es blieb bei einem Versuch. Ihr Gesicht war grau vor Furcht.
Statt einer Antwort löste Ali die verknoteten Zügel der Kamele und zog Letitias Reittier das Leinenende über die Kruppe. Das Kamel schrie erschrocken auf und raste los; so schnell, daß Letitia beinahe abgeworfen worden wäre, ehe sie ihren Schrecken überwand und sich am Sattelhorn festklammerte. Mein Kamel folgte Letitias Tier mit raumgreifenden Schritten. Hinter mir mühte sich Ali mit dem Lasttier ab. Doch der näherkommende Sturm, den das Tier bereits witterte, hatte es schier um den Verstand gebracht. Es versuchte auszubrechen und behinderte Alis Kamel so sehr, daß dieser den Zügel freigab und das Lasttier samt unserer Wasser- und Nahrungsvorräte seinem Schicksal überließ.
Verzweifelt blickte ich zurück. Der Himmel überzog sich mit roten und violetten Schlieren, und in der bleigrauen Wand des Sturmes blitzte es immer wieder auf; ein fahles, schwefelgelbes Wetterleuchten, das mit nichts zu vergleichen war, das ich jemals erlebt hätte.
Auch unsere Verfolger mußten die drohende Gefahr längst bemerkt haben, denn ich sah, wie die Masse dunkler Punkte auseinanderspritzte, als die Reiter ihr Heil in einer verzweifelten Flucht suchten. Dann erreichte die Sturmfront die Beni Ugad, überrollte und verschlang sie, so schnell und spurlos, als hätte es sie niemals wirklich gegeben.
Binnen weniger Augenblicke frischte der warme Wüstenwind zum Orkan auf und zerrte an unseren Kleidern und Haaren. In sein schrilles Heulen mischte sich ein entsetzlicher, rasch anschwellender Ton, und ich glaubte den Boden unter den Hufen meines Kamels zittern zu fühlen.
Ali lenkte sein Tier neben Letitias Kamel, griff hinüber und legte ihr einen Zipfel des Burnusses wie einen Schleier vor das Gesicht. Ich folgte dem Beispiel und bekam wenigstens für eine kurze Zeitspanne wieder mehr Luft als Sand in Mund und Nase.
Doch der Sturm wurde immer stärker. Der Sand prasselte mit entsetzlicher Kraft auf uns herab und kroch unter meine Kleidung, in meinen Mund, meine Ohren und Augen und in meine Nase. Ich spie immer wieder aus, um den Mund freizuhalten. Meine Augen begann zu tränen. Und es wurde immer schlimmer.
»Schneller, Robert!« schrie Ali über das Toben des Sturmes hinweg. »Wenn er uns nur streift, haben wir vielleicht eine Chance!«
Wie um seine Worte augenblicklich ad absurdum zu führen, brach in diesem Moment eine neue, tobende Sturmböe über uns herein, schlug mit unsichtbaren Riesenfäusten auf uns ein und nahm mir vollends die Sicht. Ali und Letitia wurden zu verzerrten Schatten. Mein Kamel bäumte sich auf, versuchte auszubrechen und sprang mit einem gewaltigen Satz nach vorn. Mit aller Kraft klammerte ich mich am Sattelhorn fest, um nicht abgeworfen zu werden. Wenn ich jetzt fiel, war das mein Ende.
Und dann traf uns der eigentliche Sturm.
Ich hatte bis jetzt gedacht, daß es schlimm wäre. Aber das stimmte nicht. Es war nur ein sanftes Vorspiel gewesen, ein Präludium zu dem Weltuntergang, der folgte.
Eine Walze aus Sand und glühendheißer Luft raste über der Wüste heran, warf mich nach vorn und gegen den Kamelhals und drückte mich im nächsten Moment zur Seite. Mein Reittier taumelte, stieß einen schrillen Schrei aus und brach zusammen. Ich wurde in hohem Bogen aus dem Sattel geschleudert, landete auf heißem, plötzlich gar nicht mehr weichem Sand und rollte mich ganz instinktiv zu einem Ball zusammen. Es war schieres Glück, daß ich nicht unter das Kamel geriet und zu Tode gequetscht oder erstickt wurde.
Rings um mich herum erlosch die Welt.
Mit einem Male war es dunkel, eine Dunkelheit solcher Intensität, wie ich sie niemals zuvor erlebt hatte. Selbst die brüllenden Staubschleier waren verschwunden, als der Sturm mit seiner ganzen Gewalt über uns hinwegraste und auch noch das letzte bißchen Sonnenlicht fraß.
Ich krümmte mich zusammen, verbarg den Kopf zwischen den Armen und versuchte, in den Sand
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