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Der Hexer - NR41 - Die phantastische Reise

Der Hexer - NR41 - Die phantastische Reise

Titel: Der Hexer - NR41 - Die phantastische Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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zu zerfließen und dünne, peitschende Tentakel zu bilden, die nach den Flüchtenden griffen, sie mit grausamer Gewalt packten und in die Höhe rissen. Ein fleischfarbenes, bizarr geformtes Maul klaffte plötzlich in der wogenden Haut des Ungeheuers, lange, dolchartige Zähne glitten aus den schwammigen Lippen. Einer der Tentakel, eine wild um sich schlagende Frau in seinem Griff, zuckte nach oben, näherte sich dem Maul. Eine schwarze, naß glänzende Zunge peitschte daraus hervor, wand sich blitzschnell um den dürren Körper und zog sich wieder zurück. Und als die Frau halb im Maul des Untiers verschwunden war, schnappten die Zähne zu –
    George schrie entsetzt auf und warf sich im Griff der Eingeborenen zurück. Sekundenlang wehrte er sich noch verzweifelt und in nackter Panik gegen ein Bild, das allein in seinem Geist existierte, bis sein Verstand endlich zur Wirklichkeit zurückfand.
    Bis er wieder die einfache, mit groben Strichen bemalte Steinplatte vor sich sah, auf der das schreckliche Wesen nicht mehr war als ein verlaufener Fleck.
    Er hatte geträumt. Und doch die Wirklichkeit gesehen in einer grauenvollen Vision, die ihm das Bild aufgezwungen hatte.
    George atmete schwer. Nur langsam beruhigte sich sein rasender Herzschlag. Für Sekunden hatte er dem Monstrum wahrhaftig gegenübergestanden, hatte seine üble Ausdünstung gerochen und die Todesschreie gehört.
    Doch der Häuptling ließ ihm nicht viel Zeit, das Unglaubliche zu verkraften. Wieder traf die Lanze seine Seite und trieb ihm die Tränen in die Augen, doch diesmal war George fast dankbar für den Schmerz, denn er half ihm, den Schrecken zu überwinden und vollends in die Wirklichkeit zurückzufinden.
    Er sah auf und begegnete dem Blick des bleichen, schuppenhäutigen Wesens vor ihm. Und diesmal sah er keine Wut darin, sondern Traurigkeit. Der Häuptling ließ die Steintafel sinken und deutete mit dem Speer in die Runde.
    George begriff nicht sofort, aber er folgte der Geste, die das ganze Dorf und alle Eingeborenen, die sich auf dem Tempelplatz versammelt hatten, einschloß.
    Es waren Männer – alle! Keine einzige Frau hielt sich in ihrer Mitte auf.
    »Es... holt sich eure Frauen«, murmelte George betroffen. Dann erst begriff er wirklich.
    »Es... es lebt?! Es lebt wirklich?«
    Plötzlich fror Herbert George Wells, aber es war eine Kälte, die von innen, aus der Tiefe seiner Seele kam, wo die dunklen Schatten seiner Ängste und Alpträume nisteten, die nun langsam begannen, an die Oberfläche seines Bewußtseins zu kriechen.
    Obwohl der Häuptling seine Worte wohl kaum verstanden hatte, schien er ihren Sinn doch zu begreifen, denn er legte die Steintafel vor seinen Füßen zu Boden, straffte sich mit einem Ruck und bedeutete seinen Leuten durch ungeduldige Gesten, den Fremden auf die Beine zu stellen.
    Dann nahm er seinen Speer in beide Hände, trat einen Schritt auf George zu – und hielt ihm die Waffe feierlich entgegen.
    Wieder dauerte es einen Moment, bis George Wells begriff. Dafür aber nur zu gut! Hastig wich er einen Schritt zurück und hob abwehrend die Hände. Diese Wilden hatten vor, ihn gegen dieses Monstrum kämpfen zu lassen!
    Ein derber Stoß traf seinen Rücken und ließ ihn wieder auf den Häuptling zutaumeln. Dessen feierlicher Gesichtsausdruck hatte sich abermals gewandelt, war zu einer wütenden Grimasse geworden, in der zwei dunkle Augen George fordernd und unnachgiebig fixierten. Wieder hielt er George Wells den Speer hin und deutete auf die vierte Steintafel, als George noch immer nicht reagierte.
    Dann schien er einzusehen, daß er auf diese Weise seinen Gefangenen nicht dazu bewegen konnte, den Speer und damit die Herausforderung zum Kampf anzunehmen.
    Doch wenn George erwartet hatte, daß sich die bleichen Urwesen nun auf ihn stürzen würden, so sah er sich getäuscht. Statt dessen stieß der Häuptling einige dumpf klingende Laute aus, und zwei seiner Sippe eilten zum Eingang des Tempels und verschwanden darin.
    Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sie zurückkehrten.
    George Wells stockte der Atem. Er wußte im gleichen Moment, daß er verloren hatte.
    Denn zwischen ihren dürren, schmutzigweißen Armen hielten die Eingeborenen ein Geschöpf, das ebensowenig in diese verwunschene Welt paßte wie er selbst: eine dunkelhaarige, hochgewachsene Frau im braunen Umhang, unter dem die stählernen Maschen eines Kettenhemdes glänzten. Eine menschliche Frau, wenngleich sie in ihrer eigenartigen Kleidung aussah, als

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