Der Hexer - NR41 - Die phantastische Reise
wieder dem Mann zuwandte, der eben den schwarzen Opferstein erreichte und die scharfe Klinge seines Speeres an den ersten der Hanfstricke setzte.
Er wollte mich um mein Opfer betrügen! Wutentbrannt schlug ich nach ihm, traf seine Seite und schleuderte ihn weit durch die Luft. Er stürzte hart zu Boden, verlor den Speer und blieb besinnungslos liegen.
Fast fürchtete ich schon, er hätte sich das Genick gebrochen, da regte er sich wieder und kam mit ungelenken, fahrigen Bewegungen auf die Beine.
Er wankte. Er taumelte. Suchte benommen nach dem Speer – und schrak zurück, als er erkannte, daß er ihn nicht mehr rechtzeitig erreichen würde. Der weiße Wurm begrub die Waffe unter seinem Körper und richtete sich abermals auf, um sich auf das wehrlose Opfer hinabfallen zu lassen.
Ich sah nur noch eine Chance. Und mir blieben nur Sekunden, sie in die Tat umzusetzen.
Ich löste meinen Geist von dem des Wurmes und konzentrierte mich mit aller Macht auf den Mann vor mir. Hastig drang ich in sein Hirn ein – die Panik und seine verwirrten Gedanken machten es mir nur um so leichter – und suggerierte ihm das Wort.
FEUER!
Ich sah, wie er unter meinem geistigen Griff zusammenzuckte und die Hände an die Schläfen preßte. Instinktiv versuchte er sich gegen die mentale Attacke zu wehren, doch sein Widerstand zerbrach im gleichen Augenblick wie Glas unter einem Hammerschlag.
Er wirbelte herum, entkam um Haaresbreite einem Tentakel, der nach ihm peitschte, und rannte auf die Feuerstelle zu.
Nein! Es durfte nicht geschehen! Er durfte das Feuer nicht erreichen! Was hatte ich getan – er würde mich töten! Ich war die Kreatur. Wenn sie verging, mußte auch ich sterben!
Doch besser sterben als in diesem Körper zu leben und darauf zu warten, daß mein magischer Schild zerbrach, der mich vor den zersetzenden Magensäften bewahrte. Ich schrie vor Schmerz und Anstrengung auf, als ich den Leib des weißen Wurmes abermals zum Stillstand brachte.
Die Kreatur hatte endlich begriffen, daß sie nun um ihr Leben kämpfen mußte. Ihre geistige Macht schien mein Hirn zu zerschmelzen, als sie mit einem brutalen Schlag meinen Einfluß zur Seite fegte, sich aus meinem Griff befreite und die Verfolgung wieder aufnahm.
Doch es war zu spät – diesmal für den Wurm. Der Fremde hatte die Feuerstelle erreicht. Er packte einen der glühenden Scheite und warf ihn dem amorphen Wesen entgegen.
Das Holz fraß sich zischend in den Leib der Kreatur. Ein greller, unsagbar quälender Schmerz schoß in mir empor, und hätte der Wurm nicht Sekunden zuvor selbst die Verbindung gelöst, so wäre mein Geist wohl daran zerbrochen.
Doch die Pein war nicht von Dauer; voller Schrecken bemerkte ich, wie sich die Bestie schon nach wenigen Sekunden wieder erholte.
Die Glut allein war zu schwach, um ihr ernsthaft zu schaden! Der Holzscheit glitt durch ihren Körper hindurch und fiel schließlich harmlos zu Boden.
Aus! Ich war verloren! Ich –
Irgend etwas in mir, ein Teil meines Erbes, der bislang in meinem Unterbewußtsein geschlummert hatte, brach an die Oberfläche und übernahm mein Denken. Und plötzlich wußte ich, was ich zu tun hatte.
In einer letzten, verzweifelten Anstrengung konzentrierte ich mich, tastete mit dünnen Gedankenfühlern nach dem glimmenden Scheit. Ich handelte nur noch rein instinktiv, aus einer vagen Hoffnung heraus. Nie zuvor hatte ich versucht, meinen Geist mit Feuer zu verschmelzen.
Die Berührung war schlimmer noch als ein körperlicher Schmerz. Eine unsichtbare Flamme schien meine Seele in Brand zu setzen. Das Feuer war in mir; nein, mehr noch: Ich war das Feuer selbst. Ein lodernder, zuckender Funke, der sich an dem morschen Holzscheit labte und doch unersättlich nach neuer Nahrung schrie, um nicht zu erlöschen.
Nahrung, die ich ihm geben konnte.
Mit der Macht meines magischen Erbes!
Eine grelle Explosion zerriß das Dämmerlicht. Die Flamme wurde zu einer glühenden Woge, die zum Himmel emporschoß und den Wurm in einen feurigen Mantel hüllte. Es war ein blutiges Chaos, eine Eruption von Schmerz und Haß und nackter, kreatürlicher Angst.
Der weiße Wurm bäumte sich auf. Ein urgewaltiger Schrei ließ die Luft erzittern. Durch einen glutroten Schleier sah ich aus seinen Augen, wie die schwammige Haut Feuer fing, wie sein unförmiger Körper auseinanderfloß und stinkende, feucht glänzende Massen daraus hervorströmten. Hastig löste ich meinen Geist wieder von dem allgegenwärtigen, vernichtenden Feuer.
Der
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