Der Hexer - NR41 - Die phantastische Reise
Wurm verendete. Seine Haut riß vollends auf, schälte sich von seinem aufgedunsenen Körper ab – und gab mich frei!
Mit einem Male drang Licht an meine Augen – meine Augen, nicht die der Kreatur – und blendete mich. Ich sackte nach unten, tauchte in zerfließendes, zähes Gewebe und kämpfte mich benommen und halb ohnmächtig wieder hoch. Instinktiv hielt ich den magischen Schirm aufrecht, um dem erstickenden Schleim zu entgehen.
Und nur dieser Umstand rettete mir letztendlich das Leben.
Plötzlich tauchte der Fremde vor mir auf, wie von Sinnen brüllend, und schwang einen weiteren glühenden Scheit. In seinen Augen flackerte der Wahnsinn – wahrscheinlich sah er mich als Herr der Kreatur an, die er gerade mit meiner Hilfe vernichtet hatte.
Der Holzscheit traf meine Schläfe und prallte an dem mentalen Schild ab. Von seinem eigenen Schwung nach vorn gerissen, taumelte der Mann in meine Arme. Das Holz entglitt seinen kraftlosen Händen. Dann brach er zusammen.
Ich packte ihn rasch unter den Achseln und zog ihn mit mir, fort von der Masse zergehenden Fleisches. Gleichzeitig drang ich behutsam in seinen Geist und beruhigte ihn. Nach Sekunden bangen Wartens konnte ich fühlen, wie der auflodernde Irrsinn zurückgedrängt wurde und schließlich erlosch.
Dann erreichte ich Sill. In ihrer Lage hatte sie den Todeskampf der Kreatur nicht mitverfolgen können, und als ich nun unvermittelt neben ihr auftauchte, starrte sie mich an wie einen Geist.
Wahrscheinlich hatte sie mich auch für einen solchen gehalten, nach unserem Sturz auf diesen unterirdischen Kontinent und all den Schrecknissen, die sie danach erlebt hatte.
»Robert?« hauchte sie ungläubig.
Ich ließ den Mann sanft zu Boden gleiten und widmete mich dem Strick um ihr rechtes Handgelenk. Dabei versuchte ich geflissentlich, nicht auf ihren unverhüllten Körper zu starren. Es gelang mir nicht ganz. »Ich erzähle dir später alles«, sagte ich rasch. »Laß uns erst einmal von hier verschwinden. Wo sind die Kerle, die dich entführt haben?«
Sie deutete mit dem nunmehr freien Arm in die Runde. »Sie haben sich in ihren Hütten verkrochen, als das Ungeheuer auftauchte. Ist es –«
»Vernichtet«, antwortete ich knapp und eilte auf die andere Seite des Altars. »Wo sind deine Kleider?« Die zweite Fessel fiel herab.
Sie errötete. Jetzt erst schien ihr recht bewußt zu werden, daß sie völlig nackt vor mir lag. »Im... im Tempel, glaube ich«, entgegnete sie heiser. »Ich... war in Trance. Sie haben mir irgendeinen Trank eingeflößt, Sidi! Ich konnte mich kaum wehren, als sie mir die Kleider –«
Ich bemerkte ihren schamerfüllten Blick und lächelte ihr beruhigend zu. »Darüber mach dir keine Gedanken, Sill. Und außerdem –«, ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, »– bietest du einen durchaus erfreulichen Anblick. Du bist ja nicht gerade das erste Mädchen, das ich.... aber lassen wir das.« Ich löste die letzte Fessel, und während Sill sich vom Opferstein herunterschwang, zog ich mein Hemd aus und reichte es ihr. Sie schlüpfte hastig hinein.
Ich sah mich um. Noch regte sich nichts, doch lange konnte es nicht mehr dauern, bis sich die Bewohner dieses Dorfes wieder hervorwagten. Ich wollte es nicht darauf ankommen lassen, herauszufinden, ob sie uns dann freundlich oder feindlich gesinnt waren.
»Wir müssen weg von hier«, drängte nun auch Sill. »Kennst du einen Weg hinauf zur Oberfläche?«
»Ich weiß es nicht«, entgegnete ich. »Es gibt ein Meer, etwa vier Stunden von hier. Ich habe darüber gelesen, vor vielen Jahren. Ich glaube, an seinem jenseitigen Ufer finden wir einen Aufstieg.«
»Gelesen?« Sill schüttelte ungläubig den Kopf. »Willst du damit sagen, daß –«
»Wir haben jetzt keine Zeit für Erklärungen«, unterbrach ich sie und sah mich wieder um. Noch immer regte sich nichts. Ich deutete auf den Bewußtlosen, den ich neben dem Opferstein zu Boden gelassen hatte. »Wer ist das? Kennst du ihn?«
Sill schüttelte abermals den Kopf. »Aber er war ein Gefangener wie ich«, sagte sie dann. »Er hat mit dem Ungeheuer um mein Leben gekämpft.«
»Wir nehmen ihn mit uns«, entschied ich kurzentschlossen. »Fühlst du dich kräftig genug, um mir zu helfen? Wir müssen ihn stützen...«
* * *
Das Erwachen kam plötzlich; so abrupt, daß allein die Erkenntnis zu leben viele von ihnen tötete, noch bevor ihr Geist vollends erwacht war.
Ihre Körper waren unfertig, einige noch hilflose Larven und nicht fähig,
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