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Der Hexer - NR42 - Die vergessene Welt

Der Hexer - NR42 - Die vergessene Welt

Titel: Der Hexer - NR42 - Die vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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dunkelbraune Flüssigkeit darstellte. Sie verlieh ihr schier übermenschliche Kräfte, aber ein Tropfen zuviel... Sie wäre nicht die erste Adeptin, die als ausgebranntes Wrack aus der Trance erwachte; ein Körper, der unversehrt war, aber leer wie eine Puppe.
    Sie verscheuchte den Gedanken. Noch während sie trank, begann ihre Seele abermals zu wandern. Obwohl sie nicht erwarten konnte, Madurs Gedanken auf die gewaltige Entfernung zum Ancen-Turm hinweg zu empfangen, rief sie nach ihm.
    Sie erschrak beinahe, wie rasch und vor allem wie kräftig seine Antwort kam. Die Erleichterung darüber ließ einen Teil ihrer Sorge verfliegen. Madur war gefährlich, aber er hatte sicher kein Interesse daran, eine Aneh, die sichtlich seinen Stellvertreter Tonn vorzog, als neue Bewahrerin von Conden zu sehen.
    Mereda verband sich enger mit Madurs Unterbewußtsein und versuchte, durch seine Augen zu blicken. Sie erschrak ein zweites Mal, als sie erkannte, wie nahe er dem Ancen-Turm war, und ein drittes Mal, als sie den Mann erblickte, der neben ihm stand. Es war der fremde Magier, der Mann mit den Haaren im Gesicht und der weißen Strähne auf dem Kopf...
    Mühsam drängte sie ihre Erregung zurück, konzentrierte sich einen Moment und hob die Arme. Die beiden Adepten rechts und links neben ihr ergriffen ihre Hände, der Kreis schloß sich. Kraft durchströmte Mereda. Nicht annähernd so viel, wie es der alte Magierkreis aufgebracht hätte. Aber sie mußte reichen. Sie mußte einfach. Wenn der Mann mit der sonderbaren Haartracht wirklich der war, für den sie ihn hielt, dann war dies vielleicht das letzte Mal, daß sie sich zur Verteidigung gegen die Ancen-Honks zusammenschließen mußten.
    Während Mereda ihre Gedanken sorgsam gegen die anderen abschirmte, damit keiner von ihrem Verdacht erfuhr, nahm ein anderer Teil ihres Bewußtsein vorsichtig Kontakt zu Madur auf.
    Gleichzeitig begann sie zu singen.

    * * *

    Das blaue Licht hatte uns verschlungen wie Nebel, kaum daß wir die Kammer und den anschließenden Tunnel verlassen hatten. Für eine gute halbe Stunde stapften wir durch diesen blauleuchtenden, sonderbar kalten Dunst, dann wurde die Sicht allmählich besser; gleichzeitig wurde es wärmer. Schließlich erreichten wir eine weitere, jäh aufsteigende Felswand, in der ein kaum mannshoher Durchgang klaffte.
    Madur schlug vor, eine kurze Rast einzulegen, und ich hatte wahrlich nichts dagegen einzuwenden. Sill war alles andere als ein Schwergewicht, aber wir trugen sie sehr behutsam, um sie nicht zu wecken und ihr keine unnötigen Schmerzen zuzufügen. Meine Arme fühlten sich jetzt schon an wie Blei. Auf meine Frage, wie weit es bis zum Conden-Turm war, hatte Madur mit: »Sieben oder acht Inklis«, geantwortet. Ich verzichtete darauf, ihn zu fragen, was ein Inklis war.
    Während wir rasteten, versorgte ich Sills Wunde – jedenfalls begann ich damit. Madur sah mir einen Moment kopfschüttelnd dabei zu, scheuchte mich dann mit einer knappen Geste beiseite und zauberte eine Art Verbandspäckchen aus den Taschen seiner Kleidung. Mit Hilfe einer farblosen, sehr schlecht riechenden Salbe und eines dünnen weißen Gazestoffes versorgte er ihre Schulter, riß dann kommentarlos einen weiteren Streifen aus meinem Hemd und legte einen kunstvollen Verband darüber.
    Ich dankte ihm mit einem wortlosen Kopfnicken. Zum ersten Male, seit ich Madur begegnet war, lächelte er. Wir gingen weiter.
    Der Stollen, durch den Madur mich führte, war so niedrig, daß wir auf Händen und Knien kriechen mußten und Sill mehr zwischen uns schleiften als trugen. Es folgte eine etwas höhere, stark abschüssige Höhle, dann ein weiterer Stollen, schließlich eine roh in den Fels geschlagene Treppe, an deren Ende ein Fleck hellgrünen Lichtes glomm. Ich hatte mittlerweile eine ziemlich konkrete Vorstellung davon, wie Madurs Welt aussehen mochte. Wahrscheinlich handelte es sich um eine gewaltige, unter dem Meeresboden gelegene Höhle.
    Früher – sehr viel früher, wahrscheinlich vor Hunderten, wenn nicht Tausenden von Jahren, bedachte man die Tatsache, daß Madurs Volk jegliche Erinnerung an die übrige Welt vergessen hatte – hatte sie sicher einmal an der Meeresoberfläche gelegen, denn es war schlichtweg unvorstellbar, daß sich eine so komplizierte Lebensform wie ein Mensch hier unten ganz zufällig noch einmal entwickelt hatte. Dann mußte etwas geschehen sein; irgendeine Katastrophe, die die Insel samt der riesigen Höhle und ihren Bewohnern hatte

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