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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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worden.«
    Simon folgte Jakob Schreevogl, der ihn auf dem schnellsten Weg zum Wohnbereich des Klosters brachte. Magdalena, ihr Vater und die Kinder blieben schon bald zurück. In aller Eile rief Simon ihnen zu, dass sie sich im Haus des Schinders wiedertreffen würden. Diesen Hausbesuch musste er wohl oder übel allein machen.
    Der Graf war in den sogenannten Fürstenzimmern im zweiten Obergeschoss des Osttrakts untergebracht – ein Bereich, der allein den Wittelsbachern vorbehalten war. Ein hohes Portal, das von zwei Wärtern flankiert wurde, öffnete sich zu einem stuckverzierten Gang, von dem mehrere Räume abgingen. Jakob Schreevogl führte Simon in das hintere rechte Zimmer, in dem vor einem mannshohen Spiegel ein Bett mit Baldachin und watteweichen, mit Daunen gefüllten Kissen thronte. Es roch angenehm nach Thymian und Minze. Nach den Tagen in dem provisorisch eingerichteten Hospital, das sonst als Pferdestall diente, kam Simon dieses Krankenzimmer beinahe wie ein Schloss vor.
    Die Armen verrecken auf flohverseuchtem Stroh und die Reichen in ihren Daunenbetten , dachte Simon. Aber gestorben wird überall. Der Tod macht keine Ausnahmen.
    In der Mitte des Bettes lag der jüngere Sohn des Grafen Wartenberg. Unter dem Berg von Decken und Kissen sah der ungefähr vierjährige Bub so leichenblass aus, als würde der Schnitter schon bald nach ihm greifen. Seine dicklichen rosa Wangen waren eingefallen, die Augen mit den langen Wimpern hielt er geschlossen; er zitterte am ganzen Leib und schrie in regelmäßigen Abständen leise auf. Neben ihm kniete gramgebeugt der Graf und hielt die Hand seines Sohnes. Als der Wittelsbacher den Schongauer Medicus kommen sah, erhob er sich zornig.
    »Da ist Er ja endlich!«, zischte Graf Wartenberg, wobei er nicht Simon, sondern Jakob Schreevogl mit stechendem Blick visierte. Seine Augen unter den buschigen Brauen glitzerten kalt. »Ich will nur hoffen, dass sich das Warten gelohnt hat. In der Zwischenzeit hätte ich meinen Martin genauso gut nach München bringen lassen können, um ihn dort von einem richtigen Arzt untersuchen zu lassen.«
    »In seinem Zustand halte ich das nicht für ratsam, Euer Exzellenz«, erwiderte Jakob Schreevogl mit fester Stimme. »Außerdem habt Ihr mit Meister Fronwieser einen der fähigsten Ärzte im ganzen Pfaffenwinkel.«
    »Im Pfaffenwinkel vielleicht!«, höhnte der Graf, und ein starker Geruch von Seife und teurem Parfum wehte zu ­Simon herüber. »In dieser Wildnis hier mit seinen schafschädligen Bauern mag ein reisender Bader ja schnell als Wunderarzt gelten, in München bleibt er ein Quacksalber.«
    Simon räusperte sich. Die Arroganz seines Gegenübers trieb ihm die Zornesröte ins Gesicht, trotzdem versuchte er ruhig zu bleiben. »Eure Exzellenz kann seinen Buben gern nach München bringen lassen, wenn er meinen Fähigkeiten nicht traut«, meldete er sich nun zu Wort. »Dort gibt es sicher studierte Doktoren, die dem Jungen für viel Geld ein Purgativ verabreichen oder ihn zur Ader lassen.«
    Erst jetzt schien der Graf den Bader überhaupt zu bemerken. Er drehte sich zu Simon um und musterte ihn argwöhnisch. Eine ganze Weile sagte keiner etwas.
    »Würde Er ihn denn zur Ader lassen?«, fragte der Graf schließlich.
    Simon beugte sich hinunter zu dem Jungen. Fragend sah er den Grafen an. »Darf ich?«
    Als Wartenberg wohlwollend nickte, öffnete Simon das schweißnasse Hemd des Knaben und fühlte nach dessen Herzschlag. Er sah ihm in die blutunterlaufenen Augen und ließ sich seine Zunge zeigen. Sie war genauso graugelb belegt wie bei den übrigen Kranken, auch die rötlichen Flecken auf der Brust waren die gleichen. Schließlich schüttelte Simon entschlossen den Kopf.
    »Nein, auf keinen Fall würde ich ihn schröpfen«, erwiderte er selbstbewusst. »So wie es aussieht, hat das Fieber den Buben über die Maßen geschwächt. Er braucht jeden Tropfen Blut, um wieder gesund zu werden.«
    »Interessant.« Graf Wartenberg rieb sich gedanken­verloren die schmalen Lippen, während er Simon durchdringend anstarrte. »Dabei sind es doch die am höchsten dotierten Ärzte mit dem besten Ruf, die ihren Patienten immer wieder Blut abzapfen, um die bösen Säfte abzuleiten. Haben die etwa alle unrecht?«
    »Die Viersäfte-Lehre Galens mag sich bei vielen Krankheiten als nützlich erweisen«, antwortete Simon vorsichtig. »Aber bei einem Fieber sollten wir die Hitze besser durch kalte Umschläge abführen. So verfahre ich auch bei meinen anderen

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