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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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mitbekommen. Mittlerweile trau ich keinem mehr hier im Kloster. Diese Pfaffen sind ein einziger Haufen von Lügnern und Intri­ganten.«
    Schweigend gingen sie weiter an der verwitterten Klostermauer entlang. Trotz des frühen Morgens kamen ihnen immer wieder Wallfahrer entgegen, die sich an der Heilquelle der nahe gelegenen Elisabethkapelle die Augen gewaschen hatten. Das Rinnsal sollte bei Blindheit und jeder Art von Sehschwäche helfen. Simon hatte das Gefühl, dass auch seinen müden Augen ein wenig erfrischendes Wasser guttun würde. Er hatte noch bis spät in die Nacht in der Andechser Chronik geblättert, aber auch dort keinen Hinweis gefunden, wer hinter der Entführung des Uhrmachers Virgilius stecken könnte.
    Endlich war rechts in der Mauer ein rostiges Gatter eingelassen. Als Simon neugierig die Klinke drückte, schwang es quietschend auf. Dahinter standen lange Reihen von verwitterten, schiefen Steinkreuzen, vor denen teils mit Efeu überwachsene Erdhügel lagen.
    »Der Andechser Klosterfriedhof«, murmelte Simon. »Na wunderbar. Hier stört uns hoffentlich keiner.«
    Tatsächlich war auf dem mit Gras, Feldblumen und Mohn bewachsenen Gelände kein Mensch zu sehen. Ein paar wilde Tauben hatten sich auf den Grabkreuzen niedergelassen, und die Kinder jagten ihnen lachend hinterher. In der Mitte stand ein verlassener Brunnen, auf dessen Rand einige Eidechsen in der Sonne dösten. Es herrschte eine friedliche Stille, die nach dem Trubel der Wallfahrer seltsam unwirklich schien.
    Jakob Kuisl steuerte eine steinerne Bank unweit der Klostermauer an und holte seine Pfeife hervor. Während er die kalte Asche herausklopfte, winkte er Simon und Magdalena zu sich.
    »Unter den Toten spricht sich’s immer noch am ungestörtesten«, sagte er. »Jetzt lasst uns gemeinsam überlegen, wie wir dem Abt und dem Nepomuk helfen können.«
    Simon setzte sich neben seinen Schwiegervater, während Magdalena auf einem umgestürzten Grabstein Platz nahm und von dort aus die Kinder im Blick behielt.
    »Wir wissen immer noch nicht, was dieser Verrückte ei­gentlich mit den Hostien will«, begann Simon. »Bislang deu­tet alles darauf hin, dass er im Kloster Angst und Schrecken verbreiten möchte. Die grausigen Morde, der verschwundene Automat, jetzt die gestohlenen Reliquien …« Er seufzte. »Eines ist klar: Wenn die Hostien bis übermorgen nicht auftauchen, wird sich die Unruhe der Pilger weiter steigern. Man wird das als böses Zeichen betrachten. Gut möglich, dass unter den Wallfahrern sogar eine Panik ausbricht.«
    »Na, wenigstens haben sie mit Nepomuk jetzt ihren Böse­wicht«, brummte der Henker. »Sie werden ihn so schnell wie möglich foltern und hinrichten, um die Sache aus der Welt zu schaffen.«
    Magdalena warf ärgerlich mit einem Stein Richtung Friedhofsmauer. »Dabei ist doch klar, dass Nepomuk die Hostien gar nicht gestohlen haben kann!«, empörte sie sich. »Schließlich war er zu diesem Zeitpunkt schon im Kerker!«
    Ihr Vater grunzte und stopfte gemächlich seine Pfeife. »Dann hat sich der Nepomuk halt rausgezaubert. Glaubt mir, das schert keinen. Hauptsache, es gibt einen Sündenbock, damit die Leut stillhalten.«
    »Wenn es nicht Nepomuk war, wer kommt sonst noch in Frage?« Simon zählte die Verdächtigen einzeln an den Fingern ab. »Zunächst natürlich der Prior. Schließlich will er Abt werden, und nach dem, was inzwischen vorgefallen ist, wird er wohl bald Rambecks Amt übernehmen.«
    Magdalena zog die Augenbrauen hoch. »Ich weiß nicht. So ein Aufwand, nur um den jetzigen Abt in Verruf zu bringen?«
    »Lass mich doch erst mal ausreden.« Simon zählte weiter. »Also der Prior. Dann der alte Bibliothekar. Oben in der Andechser Bibliothek hat er sich mir gegenüber merkwürdig verhalten. Er wollte partout nicht, dass ich dort herum­stöbere. Und er ist Mitglied des Klosterrats und damit im inneren Zirkel derer, die die Geheimnisse des Klosters kennen.«
    »Ebenso wie der Cellerar und der Novizenmeister!«, stöhnte Magdalena. »Der Kreis der möglichen Verdächtigen wird größer und größer.« Sie sah hinauf zum Kirchturm, wo soeben zur nächsten vollen Stunde geläutet wurde. »Eines weiß ich inzwischen: Der Mann oben im Glockenstuhl, der mich hinuntergeschubst hat, das war nicht der Abt. Ich habe mich gestern von der schwarzen Kutte täuschen lassen. Es war ein jüngerer Mann. Jung und beweglich.«
    »Dann vielleicht doch der Novizenmeister? Das wird ja immer verworrener.« Simon rieb sich

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