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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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menschenleer, doch nicht weit hinter sich konnte er die Rufe der drei Büttel hören. Es würde nur noch ein paar Sekunden dauern, bis sie wieder in seinem Rücken auftauchten.
    Gehetzt sah sich der Henker um und erblickte nicht sehr weit entfernt eine Erle, die auf der anderen Seite der Klostermauer stand. Ein armdicker Ast ragte über den Pfad.
    Kuisl beschleunigte seine Schritte, sprang hoch und krallte sich mit den Fingern um den Ast, der ob des plötzlichen Gewichts bedrohlich knarzte. Mit zusammenge­bissenen Zähnen zog sich der Henker in die Höhe, bis er entlang des Astes über die drei Schritt hohe Klostermauer balancieren konnte. Ohne nach unten zu sehen, sprang er auf der anderen Seite in die Tiefe. Sein schwarzer Mantel blähte sich wie die Flügel einer riesigen Fledermaus.
    Es war keinen Augenblick zu früh.
    Als Kuisl im taufeuchten Gras abrollte, hörte er von jenseits der Mauer bereits wütende Schreie. Hatten die Männer seinen Sprung bemerkt? Kuisl hielt den Atem an. Doch die Männer liefen weiter, und schon bald kehrte Stille ein.
    Als der Henker sich atemlos umsah, bemerkte er, dass er auf dem Gelände des Klosterfriedhofs stand. Gräber mit Holz- und Steinkreuzen breiteten sich über eine weite grüne Fläche bis zum Kloster aus. In der Mitte stand der ringförmige Brunnen, den Kuisl von seinem ersten Besuch her kannte und aus dem die Mönche vor zwei Tagen die verbrannte Leiche des Uhrmachers gefischt hatten.
    Geduckt eilte Kuisl an den Gräbern entlang, während aus der Kirche nun Orgelmusik erklang. Offenbar hatte die Dankmesse zu Ehren der Heiligen Drei Hostien begonnen.
    Erneut betrachtete der Henker die frischen Gräber der beiden Novizen Coelestin und Vitalis; nicht weit davon entfernt befand sich der Grabhügel des dritten, älteren Mönchs, der schon vor über einem Monat verstorben war. Die Spuren waren verschwunden, doch die Erde war immer noch so frisch, als wäre das Grab erst vor einigen Tagen geschaufelt worden. Kuisl dachte an das Taschentuch mit den Initialen, das er und Simon neben der Grabstätte gefunden hatten.
    Konnte es wirklich sein, dass ein blutrünstiger Golem sich hier an Leichen vergangen hatte?
    Kopfschüttelnd ging der Henker weiter, vorbei am Brunnen und einigen weiteren Steinkreuzen, und kam schließlich zu den ältesten Gräbern des Friedhofs. Die Kreuze hier waren schief, verwittert und teilweise mit Efeu bewachsen; verblasste römische Ziffern berichteten von Menschen, die vor sehr langer Zeit gestorben waren.
    Kuisl erinnerte sich an die Erzählungen Simons von der Zerstörung der Burg. Zweihundert Jahre später hatten zunächst die Augustiner dieses Kloster gegründet; die Benediktiner waren ihnen schließlich gefolgt. Einige der Gräber hier mussten noch aus dieser Zeit sein. Oder gab es vielleicht Gräber, die noch weiter zurückreichten?
    Der Blick des Henkers glitt über den Friedhof mit seinen Kreuzen und über den ringförmigen Brunnen. Irgendetwas irritierte ihn. Es war wie so oft, wenn er intuitiv auf eine Verbindung, auf einen fehlenden Mosaikstein gestoßen war. Doch die Erkenntnis schlummerte nur in seinem Unterbewusstsein, sie drang nicht bis an die Oberfläche.
    Die Gräber …
    Seufzend gab Kuisl schließlich auf. Zu viele andere Dinge gab es zurzeit zu klären. Er konnte nur hoffen, dass Simon die Flucht geglückt war und er Magdalena rechtzeitig hatte warnen können. Er musste unbedingt mit den beiden reden! Vielleicht würde ihm bis dahin auch wieder einfallen, was so heftig in seinem Unterbewusstsein pochte. Doch wie sollte er mit seiner Tochter und seinem Schwiegersohn Kontakt aufnehmen? Zum Schinderhaus konnte er nicht zurückkehren. Sicherlich lauerten ihm dort schon die beiden Semers oder ein paar der Wachen auf. Wo also sollten sie sich treffen?
    Kuisl dachte nach, schließlich huschte ein Grinsen über sein Gesicht. Ihm war der perfekte Treffpunkt eingefallen.
    Wenn Magdalena wirklich seine Tochter war, dann würde sie wissen, wo sie ihn finden konnte.
    Fast blind vor Angst rannte Magdalena über die bunten Blumenwiesen, immer entlang der Schlucht, die ins Kiental führte.
    Ihre Kinder waren verschwunden! Vielleicht hatte sie dieser Verrückte in seiner Gewalt! Irgendein Wahnsinniger hatte ihr bereits mehrmals nach dem Leben getrachtet, warum also sollte er es nicht auch auf ihre Kinder abge­sehen haben? Noch hegte Magdalena die Hoffnung, dass die beiden Buben einfach aus dem Klostergarten ausgebüxt waren und sich jetzt irgendwo

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