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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Kinder vor ein paar Tagen gespielt haben! Ich hab den hohen Felsen von dort aus gesehen!«
    Jakob Kuisl schien sie gar nicht gehört zu haben, gedankenverloren blickte er hinauf zur Spitze des steilen Fels­turms. »Ich war mit den Kindern hier, als wir nach Andechs gekommen sind«, fuhr er leise fort. »Ich bin eine Abkürzung gegangen, und plötzlich standen wir vor diesem Trumm Fels. Dort war eine Höhle, und davor saß eine alte Frau, die wirres Zeug redete …«
    Mit einem Mal spürte Magdalena, wie ihr Mund trocken wurde.
    »Die Einsiedlerin!«, stieß sie hervor. »Ich habe diese alte Frau auch getroffen! Mit dem Matthias und den Kindern bin ich bei ihr gewesen. Das Weib war verrückt, hat davon gefaselt, dass meinen Kindern Gefahr droht, und hat gemeint, hier sei …« Die Stimme versagte ihr, als ihr die Worte der Greisin wieder einfielen.
    Ich bewache den Eingang zur Hölle …
    »Mein Gott«, hauchte sie. »Die Pforte in die Unterwelt. Sie hat davon gesprochen. Sie hat sogar die Kinder gewarnt! Aber ich hab es nicht ernst genommen.«
    Der Henker nickte zögerlich. »Auch mir hat sie von der Höllenpforte erzählt. Ebenso wie du hab ich’s als Gewäsch ei­ner alten Närrin abgetan und schließlich vergessen. Erst heute auf dem Galgenberg ist es mir wieder eingefallen.«
    Er lachte kurz auf, dann griff er in seinen mitgebrachten Beutel und zog ein unterarmlanges Jagdmesser hervor. Mit geübtem Blick suchte der Henker im Unterholz nach einem geeigneten Ast und begann einen Knüppel zu schnitzen.
    »Vermutlich kannten die Einheimischen schon viel früher diesen Eingang«, fuhr er nachdenklich fort, während das Messer über das Holz schabte. »Später, lange nachdem die Burg zerstört wurde, hat man seinen eigentlichen Zweck vergessen. Zurück blieben nur Namen. Teufelsfelsen, Pforte zur Hölle. Namen, die heutzutage nur noch auf verblichenen Karten auftauchen …«
    Kuisl spuckte verächtlich aus und wog prüfend den fertig geschnitzten Knüppel in seinen Händen. »So sind die Menschen. Was sie nicht kennen, das hat der Teufel gemacht.«
    Noch einmal ging sein Blick hinauf zu der unnatürlich anmutenden Felsnadel. Plötzlich schnupperte er, seine großen Nasenflügel blähten sich.
    »Riechst du das auch?«, fragte er leise. »Da brennt ein Feuer. Lass uns lieber vorsichtig sein. Wer weiß, ob die Alte nicht gerade ihren Gerstenbrei kocht und mit ihrem Ge schrei gleich das halbe Kiental auf uns aufmerksam macht.«
    Magdalena atmete ein letztes Mal tief durch. Dann huschten sie durch das trockene Unterholz auf den Felsen zu und rannten die letzten Meter durchs offene Gelände. Schließlich schoben sich Vater und Tochter Schritt für Schritt an dem kühlen Stein entlang, bis endlich der Höhleneingang auftauchte.
    Kein Mensch war zu sehen. Ein dünner Rauchfaden kräuselte sich über einem erkalteten Feuer. Aus dem Inneren der Höhle erklang kein Laut.
    Magdalena entspannte sich und trat auf die Lichtung vor dem Felsen. »Die Luft ist rein«, sagte sie erleichtert. »Also lass uns jetzt …«
    »Wehe euch! WEHE!!!«
    Die schrille Stimme war aus den Büschen zur Linken gekommen. Nun erhob sich im dichten Unterholz die hagere Gestalt eben jener Greisin, die Magdalena vor ein paar Tagen nur unweit von hier angetroffen hatte. Ihr löchriges Kleid flatterte an ihr wie Mottenflügel, die Hände reckte sie drohend zum Himmel.
    »Der Satan hat sich erhoben!«, kreischte die Alte wie besessen. »Er hat die Unterwelt verlassen und sucht nun mit seinem Beelzebub nach unschuldigen Kindlein, deren Mark er aussaugen kann! Tut Buße, bei Gott, tut Buße!«
    Einen kurzen Moment verharrte Magdalena wie gelähmt, dann stürzte sie auf die alte Frau zu und rüttelte sie an den Schultern.
    »Du sprichst von Kindern!«, stieß sie hervor. »Meinen Kindern? Sag, hat dieser Verrückte meine Kinder in diese Höhle geschleppt? Jetzt sprich doch endlich!«
    Die blinde Alte sah sie mit milchig leeren Augen an. »Das Gute und das Böse. Deine Kinder sind beides«, murmelte sie. »Himmel und Hölle. Jehova und Luzifer. Nimm dich in Acht, Henkerstochter!«
    »Wo … woher weißt du, wer ich bin?« Verdutzt ließ Magdalena die Greisin los und trat einen Schritt zurück. War die Frau vielleicht wirklich eine Prophetin? Es hieß, dass Einsiedler ihre Eingebungen von Gott erhielten. Was aber sollte dann dieser Spruch über ihre Kinder bedeuten?
    Das Gute und das Böse. Deine Kinder sind beides …
    »Sprich schon, närrisches altes

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