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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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ärmlichen Ort seltsam fehl am Platz wirkte. War diese Höhle etwa eine Art Kapelle? Doch wer war dann ihr Bewohner? Aus der dunklen Tiefe vor ihm erklang weiter die traurige Melodie der Spieluhr, sie kam ihm jetzt viel näher vor als noch vor einigen Minuten.
    Als Simon seine provisorische Fackel weiter nach vorne hielt, erkannte er an der rückseitigen Wand den Eingang zu einem Felstunnel.
    Von dort kam auch die Melodie.
    Mit klopfendem Herzen betrat er den schmalen Gang. Unter seinen Füßen war jetzt kein Stroh mehr, sondern festgetretener Lehm. Der Gang war so niedrig, dass er leicht gebückt gehen musste; schon bald führten ausgetretene Stufen in die Tiefe. Simon beschloss, nur noch wenige Meter weiterzugehen und dann umzukehren und Jakob Kuisl zu suchen. Seine Vermutung war richtig gewesen. Hier schien tatsächlich der Eingang zu den früheren Katakomben der Burg zu sein.
    Unwillkürlich musste er lächeln. Was hatte ihn der Henker geschimpft, weil er am Bett des sterbenden Laurentius eingeschlafen war! Jetzt konnte er seinem Schwiegervater beweisen, dass er doch zu etwas taugte. Er würde ihn hier hinunterführen, und gemeinsam würden sie …
    Simons Gedankenstrom brach jäh ab. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, was sich verändert hatte.
    Die Melodie hatte aufgehört.
    Stattdessen waren jetzt leise schlurfende Schritte von jenseits der Stufen zu vernehmen. Sie schienen sich Simon zu nähern.
    »Ist … da jemand?«, fragte der Medicus zögerlich ins tiefe Dunkel des Ganges hinein.
    Eine Zeitlang herrschte Stille, dann ertönte ein heiseres Lachen. Simon kniff die Augen zusammen und versuchte etwas zu erkennen. Viel zu spät beschlich ihn die Erkenntnis, dass er mit der Fackel in der Hand zwar nichts sehen konnte, was weiter als drei Schritt entfernt war – dass er selbst allerdings sehr gut zu erkennen war.
    In diesem Moment erklang ein Sirren. Etwas bohrte sich tief in Simons Hals. Entsetzt ließ der Medicus die Fackel fallen und griff danach, als er bereits spürte, wie der Boden unter ihm weich wie Treibsand wurde. Der Gang weitete sich ins Unermessliche, und seine Beine knickten wie dünne, morsche Zweige unter ihm weg.
    Dass er mit dem Hinterkopf auf dem harten Lehm aufschlug, fühlte Simon schon gar nicht mehr. Aus dem Augenwinkel heraus sah er zwei schlammbespritzte braune Lederstiefel auf sich zutreten. Einer der Stiefel stieß ihn grob an, so dass Simons rechte Braue aufplatzte und Blut über seine Augen rann. Wie ein roter Vorhang schloss sich langsam die Welt um ihn.
    Dahinter war Schwärze.
    Der Hexer beugte sich über sein Opfer und fühlte mit dem Finger die Halsschlagader. Als er das ruhige Pumpen spürte, richtete er sich nachdenklich auf. Es war erstaunlich, wie unterschiedlich Menschen auf Gift reagierten. Bei der geringen Körpergröße des Baders hätte er eigentlich erwartet, dass der Mann sofort starb. Doch dieser Schongauer Hänfling hatte eine erstaunliche Konstitution. Immerhin wusste der Fremde nun, dass er für den Henker mindestens die doppelte Dosis brauchen würde.
    Doch das war ja nun vielleicht gar nicht mehr nötig.
    Der Hexer lächelte. Dass ihm der Bader ins Netz ging, war nicht geplant gewesen. Umso erfreulicher war es, dass er es jetzt nur noch mit dem Scharfrichter und seiner Tochter zu tun hatte. Aber er hatte dafür gesorgt, dass ihm auch diese beiden nicht mehr in die Quere kamen. Endlich hatte sein Helfer den Plan in die Tat umgesetzt.
    Der Hexer trat nach draußen vor die Höhle und betrachtete den Himmel. Weit im Westen türmten sich Wolken zu gigantischen Luftschlössern zusammen. Es lag ein gespanntes Flirren in der Luft, das er nur zu gut kannte.
    Der Augenblick war perfekt. Nun würde sein Warten endlich ein Ende haben.
    Leise summend ging er zurück in die Höhle und warf einen interessierten Blick auf den reglosen Bader, der ihn aus starren Augen anglotzte.
    Ob er ihn wohl erkannte?
    Gelehrte Männer hatten ihm vor langer Zeit einmal erzählt, dass das von ihm verwendete Gift zum Erstarren des Körpers führte. Man versteinerte, doch das Denken lief weiter. Während das Gesicht nichts weiter als eine gefrorene Grimasse war, schrie und tobte man innerlich.
    Immer noch vor sich hin summend, befestigte der Hexer einen Strick an den Füßen des Baders und zog ihn wie ein Stück totes Vieh hinter sich her, über die Stufen hinweg, hinein in die Finsternis des Ganges.
    Bestimmt würden die Kinder sich freuen, ihren Vater zu sehen. Auch wenn er in

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