Der Hexer von Hymal 01 - Ein Junge aus den Bergen
steht.«
Nikko hatte zwar Schwierigkeiten, den zweiten Krug so schnell zu leeren, schaffte es aber letztlich. Schon brachte der Wirt den dritten. Der Junge fühlte sich nun unkonzentriert und etwas schwummrig.
»Kommen wir nochmals zum Pass zurück. Was hattest du gesagt, weshalb du dort oben warst, als du den Brief gefunden hast?«, frage der Händler.
»Ich war auf dem Rückweg von Hymal«, antwortete Nikko fast automatisch.
»Du warst in Hymal?«, fragte der Händler erstaunt. »Was wolltest du dort nur?«
»Erst wollte er nach… Skingár, dann nach Hymal. Den Außenposten wollte er finden«, redete Nikko frei heraus, ohne viel zu denken und nahm einen weiteren großen Schluck.
»Wer?«
»Was?«
»Wer wollte nach Hymal?«, fragte Fodaj geduldig.
»Na Thorodos natürlich. In Hymal haben… sie ihn gefunden und… erschossen«, antwortete der Junge und bekam langsam Schwierigkeiten, noch vernünftig zu reden.
»Wer hat Thorodos gefunden?«, bohrte der Händler weiter.
»Der schwarze… Fremde mit… schwarzer Robe. Einer hat einen… komischen… Bogen. Ich wollte Holz suchen… für Feuer«, lallte Nikko, der nun den dritten Becher geleert hatte.
»Dann bist du allein zurück über den Pass?«
Der schwummrige Junge nickte nur desinteressiert und versuchte lieber, die letzten Tropfen Bier aus dem Krug mit seiner Zunge aufzufangen.
Einige Zeit später wachte Nikko auf, als Fodaj ihn vorsichtig wachrüttelte. Offensichtlich war er eingenickt. Der Junge sah, dass sich die beiden Söhne des Händlers nun auch mit an den Tisch gesetzt hatten, auf dem schon das Abendmahl angerichtet war. Er musste wohl eine ganze Weile weggetreten gewesen sein. Zum Essen gab für jeden eine große Schüssel Eintopf, dazu Brot und Butter, sowie einen Apfel.
»Nicht, dass du noch das Abendmahl verschläfst«, lachte der dicke Händler. »Bier gibt’s für dich heute aber keines mehr.«
Nikko war immer noch leicht benebelt und sein Schädel brummte etwas. Die fettige Suppe jedoch tat seinem Magen gut und der Kopf wurde wieder etwas klarer. Jetzt erst wurde ihm bewusst, was er dem Händler so alles erzählt hatte.
»Mach dir keine Sorgen«, meinte Fodaj, dem Nikkos Unbehagen wohl nicht entgangen war. »Mir kannst du wirklich trauen. Eines jedoch rate ich dir. Wenn du in Hocatin die Geschichte erzählen musst, lass alles weg, was Thorodos betrifft.«
Nikko nickte nur. Zwar beruhigten ihn die Worte des Händlers, aber dennoch schämte er sich für seine Redseligkeit.
»Was wisst Ihr über Thorodos?«, traute er sich schließlich doch zu fragen.
»Nur, was die meisten von ihm wissen in Hocatin«, antwortete der Händler. »Der Alte war ein Magier des Ordens, verbannt jedoch, wie wohl auch viele andere. Er hatte sich Hocatin als Exil gesucht. Warum er dann gerade nach Vyldoro gezogen ist, weiß jedoch niemand.«
»Was für ein Orden?«, frage Nikko aufgeregt, denn auf so viele Antworten hatte er nicht zu hoffen gewagt.
»Junge, von Zauberei hab ich keine Ahnung«, erwiderte Fodaj. »Die Magier sind wohl alle in einer Art Gilde vereint, dem sogenannten Orden eben.«
»Hat dieser Orden… Ich meine… der Fremde… Thorodos«, stammelte der Junge erregt.
»Keine Ahnung, Kleiner. Wirklich nicht«, antwortete der Händler geduldig. »Möglich wäre es natürlich.«
»Halt dich bloß aus den Angelegenheiten der Zauberer raus!« sprach einer von Fodajs Söhnen mit rauer Stimme. »Sumpfiger noch als die hohe Politik, aus der du dich übrigens auch raushalten solltest.«
»Ganz richtig«, pflichtete Fodaj bei. »Misch dich besser nicht in die Geschäfte des Ordens ein. Deshalb ja rate ich dir, über Thorodos lieber zu schweigen. Nicht dass du noch aus Versehen schlafende Hunde weckst. Bissige Hunde.«
Nikko nickte und ließ sich zum Nachtisch einen saftigen Apfel schmecken.
»Noch ein Rat«, fügte der Händler schließlich hinzu. »Lass dich nicht abfüllen, wie heute Abend. Von mir hast du ja nichts zu befürchten. Aber wer weiß, was passiert, wenn der Geist im Krug dir in Hocatin die Zunge löst.«
»Abfüllen?«, frage Nikko ungläubig.
»Junge, Getränke wie Bier und Wein schmecken zwar gut, haben aber so ihre Nebenwirkungen«, belehrte der Händler Nikko und dessen Söhne konnten sich ein Lachen nicht verkneifen. Schließlich lachten auch Nikko und Fodaj.
Nikko hatte tief und fest geschlafen in dieser Nacht, die er beim Händler und den Söhnen in deren Zimmer im Obergeschoss des Gasthofes verbracht hatte.
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