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Der Hexer von Quin

Der Hexer von Quin

Titel: Der Hexer von Quin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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geht nur weiter, wenn der Fluß hohes Wasser führt. Der Rest des Weges ist nur den Kriegern und deinen seltsamen Reitvögeln möglich.«
    »Wo ist die Bucht?«
    Hoono deutete nach Nordwest, genau in den Mittelpunkt der scheinbar endlosen Wälder hinein.
    »Dort wird euer Ankerplatz sein, aber er reicht nur für ein Schiff oder zwei kleine.«
    »Ich verstehe«, sagte Casson und betrachtete sorgenvoll seine ausbleichenden »Tätowierungen«. »Bereiten wir alles vor. Die verdammte Ungewißheit macht mich krank.«
    »Unsere Fahrt wird noch lange dauern, Casson!« brummte Hrobon. »Bis der Shallad wieder fest auf seinem Sessel sitzt, und bis über Logghard wieder die Neue Flamme brennt… bis dahin vergehen noch viele Tage.«
    »Einige Tage weniger, wenn ich es verhindern kann!« fluchte Casson. »Habt ihr drei unserer Schiffe gesehen? Sie haben vielleicht hier angelegt.«
    Stumm schüttelte Hoono den Kopf.
    Also blieben die drei Schiffe weiterhin verschollen. Sie waren entweder weitergesegelt, untergegangen oder längst am Ziel. Casson hob die Schultern und fuhr durch seinen weißgrauen Vollbart. Die Blicke der drei Männer glitten langsam über alle Merkmale des umgebenden Geländes. Alles wirkte, abgesehen von den hochragenden Merkmalen der nahen Düsterzone, natürlich und ohne Geheimnisse, ohne Spuren von Magie und Dämonen. Es war ein Archipel in der Mitte des Ozeans voller Dschungel, Strände und gewöhnlicher Geländemerkmale. Der Lärm von den Schiffen war wie ein weit entferntes Echo. Nur der Wind summte und säuselte in den niedrigen Büschen. Wieder wandte sich Casson an den Quinen.
    »Meinst du, daß Kukuar und wir uns verbünden könnten?«
    Mit beiden Händen schob Hoono sein blauschwarzes Haar in den Nacken und erwiderte mit ausdruckslosem Gesicht:
    »Das weiß ich nicht. Du mußt Kukuar selbst fragen.«
    »Das werden wir tun, wenn wir bei ihm sind.«
    Casson winkte seinen beiden Begleitern. Langsam kletterten sie wieder hinunter und gingen auf die Rhiad zu. Das Schiff befand sich inzwischen in tieferem Wasser; Wasser und Proviant wurden mit den Booten an Bord gebracht. Schon jetzt, nach so kurzem Aufenthalt, war die Stimmung der Loggharder deutlich gestiegen. Die Männer waren ausgeschlafen, satt und zufrieden, und die Zeichen der Mangelerkrankungen vergingen unglaublich schnell. Jeder Krieger grinste Casson an oder grüßte ihn. Der Salamiter spielte mit dem goldenen Ring in seinem Ohr und sprang in ein Boot.
    »Willst du an Bord kommen?« fragte er den jungen Quinen. Abschätzend betrachtete der Bronzehäutige die aufragenden Bordwände.
    »Ja. Endlich sehe ich, wie es in einem so großen Kanu ist.«
    »Ein schwimmendes Haus, eng, feucht und leicht zu versenken«, knurrte Casson und packte den Schaft des Ruders. Einige halbnackte Rudersklaven der Zaketer legten sich schweigend in die Riemen. Ihre Haut war von den Sonnenstrahlen gerötet und glänzte vom Öl. Casson packte die Strickleiter und rief:
    »He, ihr an Bord! Casson kommt mit einem Gast. Hört mit dem Würfelspiel auf!«
    Rauhes Lachen ertönte von oben, ein paar Köpfe schoben sich über die Bordwand. Kräftige Hände packten die Arme Cassons und Hoonos. Mit einem Sprung kamen sie an Deck und sahen auf den ersten Blick, daß auch hier fleißig gearbeitet wurde. Als Casson an der Reling entlang hinaus aufs Meer blickte, sah er ein langes Kanu, das aus Süden kam und auf die Flotte zugepaddelt wurde.
    »Wo ist die Coltekin?« fragte er. Der Schiffszimmermann deutete mit dem Axtstiel zum Heck. »Sie liegt in der Sonne. Vielleicht schläft sie.«
    Casson zog Hoono, der sich mit sichtlicher Neugierde umsah, zwischen den Kesseln voller kochendem Erdpech, zwischen Taubündeln, Balken, Werkzeug und ausgebreiteten Segeln zum Heck. Dort war ein Dreieckssegel als Sonnenschutz ausgespannt, darunter lag auf Fellen und Decken die Coltekin. Bis auf einen dünnen Überwurf, der ihre Gestalt mehr enthüllte als bedeckte, hatte sie all ihren Schmuck abgelegt. Sie schlief, wandte aber den Ankömmlingen ihr Gesicht zu.
    »Nein!« keuchte plötzlich Hoono auf. Er riß aus dem Gürtel einen unterarmlangen Dolch und stürzte an Casson vorbei. Ein seltsames Gefühl, mehr als ein Gedanke, hatte Casson gewarnt. Er holte aus, ließ seinen rechten Arm senkrecht heruntersahen und hieb Hoono die Waffe aus den Fingern. Der Dolch krachte mit der Spitze in die Planken und blieb zitternd stecken.
    »He! Auf meinem Schiff zieht niemand ungestraft den Dolch!« rief er hart.

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