Der Highlander, der mein Herz stahl: Roman (German Edition)
ihre Überraschung sein, wenn sie entdeckte, dass ihr Pirat ein Nachfahre Somerleds und Oberhaupt eines der ältesten Clans im Lande war? Sie würde überwältigt sein – sogar dankbar. Befriedigung wallte in seiner Brust auf. Ja, Dankbarkeit war gut – und einzigartig, was Ellie betraf.
Mit frisch erwachter Energie zog Erik die Ruder durch die stärker werdende Strömung und die immer höher werdenden Wellen. Ungeduldig wartete er auf ihr Erwachen, da er ihr sofort seinen Entschluss offenbaren wollte. Er konnte es kaum erwarten, ihre Reaktion zu sehen. Zunächst würde es für sie ein Schock sein – zumal wenn ihr aufging, welche Ehre er ihr damit erwies –, dann aber würden zweifellos Freude, Erregung und Erleichterung folgen.
Vielleicht würde sie auch ein paar Tränen vergießen.
Plötzlich war ein Wassertropfen auf ihrer Wange zu sehen. Dass sein Gedanke Realität geworden war, erschreckte ihn, bis er merkte, dass es keine Träne, sondern ein Regentropfen war.
Erik entging sonst nicht die kleinste Veränderung der Witterung – als Seemann hing sein Leben und das seiner Männer davon ab –, doch war der Regen ohne Warnung gekommen. Der dichte Nebel hatte die Anzeichen verborgen, aber plötzlich hatte sich das Wetter von Innse Gaell launisch wie Quecksilber rasch verändert .
Passt einem das Wetter nicht, muss man fünf Minuten warten. Die alte Wetterregel der Western Isles hatte sich bewahrheitet.
Zunächst machte er sich keine Sorgen. Der Wind frischte auf, sodass er die Ruder einziehen und das provisorische Segel setzen konnte. Das winzige Boot wurde von einem heftigen Windstoß erfasst, und er legte eine Strecke in dem Bruchteil jener Zeit zurück, die er gerudert hatte.
Doch der leichte Wind und Regen waren nur Vorboten dessen, was kommen sollte.
Er hatte plötzlich hereinbrechende Unwetter schon so oft erlebt, dass er die Anzeichen kannte. Der Regen wurde heftiger. Der Wind wechselte ständig die Richtung und kam in kurzen, starken Stößen. Die See wurde rauer. Der Wellengang wurde höher und steiler. Strömungen wirbelten und zerrten.
Erik fiel es immer schwerer, die Position zu halten. Es gab nicht viel Orte, die schlimmer waren als der North Channel in einem winterlichen Unwetter – noch dazu in einem kleinen Boot, das für eine solche Unternehmung nicht geschaffen war.
Die Luft wurde schwer und brodelte vor Unruhe. Er spürte, wie die Energie des Gewitters sich aufbaute, und er wusste, dass er nichts tun konnte und den Elementen ausgeliefert war.
Seiner Berechnung nach musste es kurz vor Mitternacht sein, und sie hatten die Hälfte der Strecke geschafft, doch war die Nordküste Irlands noch gut sieben Meilen entfernt. Es gab nur eine Möglichkeit: Um dem Unwetter zu entkommen, musste er es zur bis Küste schaffen, ehe es mit voller Wucht zuschlug.
Er wusste, dass ihm ein Kampf bevorstand. Nicht nur um Irland rechtzeitig zu erreichen, sondern um ihr Leben zu retten. Nur mit Aufbietung all seiner Kraft würde er verhindern können, dass Wellen und Regen das Boot volllaufen und kentern ließen.
Er hatte sich eine Herausforderung gewünscht, und es sah ganz so aus, als würde ihm eine begegnen. So aber hatte er sie nicht gewollt, nicht mit Ellie.
Ein merkwürdiges Gefühl beschlich ihn, und er benötigte einen Moment, um es zu erkennen. Es war Angst. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schock. Er hatte sich schon in viel schlimmeren Situationen befunden und noch nie Angst empfunden.
Es war Ellies wegen. Seine Angst galt ihr. Der Gedanke, sie in Gefahr zu sehen, behinderte ihn, machte ihn fast … verwundbar. Und das gefiel ihm gar nicht.
O Gott, was hatte er getan? Er hätte sie beschützen und nicht in Gefahr bringen sollen. Aber für Reue war später Zeit. Im Moment hatte nur ein Gedanke Platz: Wie konnte er sie lebend an Land bringen?
Ein Donnerschlag riss Ellie jäh aus dem Schlaf.
»Was ist?«, fragte sie benommen.
»Eine kleine Schlechtwetterphase, nicht mehr«, beruhigte er sie.
Nichts an seinem Ton oder in seiner Miene deutete Gefahr an, doch konnte er nichts tun, um das heftige Schwanken des Bootes auf den Wellen zu mildern, das Heulen des Windes oder den dichten Regen und den Donner. Jetzt war es schon schlimm genug, doch würde er ihr nicht verraten, dass noch vor Ablauf der Nacht Schlimmeres – viel Schlimmeres – zu erwarten war.
Er las Besorgnis in ihrem Blick.
»Kann ich etwas tun?«, fragte sie.
Dass sie keinen Streit anfing und seine Notlüge schluckte, verriet
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