Der Highlander, der mein Herz stahl: Roman (German Edition)
vorhaben. Außerdem«, fuhr er augenzwinkernd fort, »können meine Männer schwimmen.«
Was für die Engländer vermutlich nicht zutraf. Einer der ironischen Aspekte der Seefahrt war es, dass die meisten Seeleute nicht schwimmen konnten.
Er würde es durchziehen.
Es war tollkühn. Es war gewagt. Es war aggressiv und dreist, Eigenschaften, die für ihn typisch waren, wie sie mutmaßte. Ellie starrte ihn mit einer Mischung aus Unglauben und widerwilliger Bewunderung an. Wer war dieser Mann? Er war entweder verrückt oder ein Draufgänger – wahrscheinlich aber beides. Allein wie er aussah – er lächelte, als genösse er die Situation, obwohl ihm Tod oder Gefangenschaft drohten. Breitbeinig dastehend, die Arme angezogen, jeden Muskel seines Köpers angespannt, um die Kraft des Windes zu bändigen, wirkte er dennoch völlig entspannt und beherrscht – als befänden sie sich auf einem schönen Nachmittagstörn um die Inseln.
Sie beobachtete ihn und wusste ohne einen Schatten des Zweifels, dass er niemals klein beigeben würde. Selbstvertrauen und Befehlsgehaben entströmten jedem Zoll seines muskulösen hünenhaften Körpers, der sechseinhalb Fuß messen musste. Lieber würde er mit Glanz und Gloria untergehen, als sich zu ergeben. Sie konnte nur beten, dass der englische Captain über weniger Kühnheit verfügte.
Alles ging rasend schnell vor sich, und doch vergingen die Sekunden mit quälender Langsamkeit. Von ihrem Standpunkt am Heck konnte sie nur in stummem Entsetzen zusehen, wie der Engländer immer näher herankam.
Da Domnall am Ruder stand, hatte man sie auf den Boden zwischen zwei Ruderknechte platziert und sie angewiesen, sich ruhig zu verhalten. Der Mann, der bei dem Versuch, sie zu retten, fast ertrunken wäre – derselbe dunkelhaarige Krieger, der schon zuvor für sie eingetreten war – lag zusammengerollt ihr gegenüber auf dem Boden.
Sie biss sich in einem Anflug von Schuldbewusstsein auf die Unterlippe. Sogar im dunstigen Mondlicht konnte man sehen, dass es nicht gut um ihn stand. Sein Gesicht war von wächsernem Grau, er zitterte wie Espenlaub. Die anderen hatten ein paar Decken um ihn gelegt, für mehr war keine Zeit gewesen. Wie sie waren die Insassen des Bootes von dem Drama gefesselt, das sich vor ihren Augen abspielte. Anders als sie aber schienen sie es richtig zu genießen. Es war klar, dass sie ihrem Captain völlig vertrauten – auch wenn er riskierte, sie in den Tod zu schicken.
»He, Captain, was meint Ihr – wird er sich vollpissen, ehe er uns Platz macht oder nachher?«
»Er ist ein verdammter Engländer«, kam die trockene Antwort, »ich setze auf beides.«
Damit löste er wahres Sperrfeuer von Scherzen und Wetten aus, ob der Engländer nach links oder rechts ausweichen würde, oder ob das englische Boot bei dem Versuch zu wenden und ihre Verfolgung aufzunehmen kentern würde.
Ellie würde Männer nie verstehen: Wie konnte man in einem Moment wie diesem scherzen und wetten? Auch angesichts des Todes, der sie auf den Meeresgrund schicken würde, würden sie noch wetten, wer als Erster unten ankommen würde. Sie umklammerte den Rand seiner Decke und des Fells, das man ihr wieder hastig um die Schultern geworfen hatte, als sie aus dem Wasser aufgetaucht war. Gleich war es so weit …
Die Boote schlossen mit alarmierender Geschwindigkeit die Reihen.
Dann hörte sie überdeutlich eine Männerstimme auf Englisch:
»Los …« Und nach einer kurzen Pause:
»Pfeile ab!«
Der Piratencaptain war bereit.
»Deckung, Jungs!«
Um sie herum hoben die Männer ihre Schilde über die Köpfe und bildeten einen Schutzschirm aus Holz und Leder gegen den englischen Pfeilhagel. Ein grausiges dumpfes Dröhnen ließ sie zusammenzucken, aber sie war erleichtert, als sie merkte, dass es nur das Geräusch eines auf Holz und nicht auf Knochen auftreffenden Pfeils war.
Trotz des Angriffs wurde ihr Boot nicht langsamer. Es schoss dahin. Schneller. Immer näher. Ihr Puls raste ebenso schnell.
War den Engländern klar, dass sie es waren, die angegriffen wurden? Sie hatte nicht den Eindruck.
Dieselbe englische Stimme hallte über das Wasser, diesmal lauter.
»Stopp! Ihr steht unter Arrest!«
Der Piratencaptain lachte, ein tiefes, heiseres Lachen, das ihr Schauer über den Rücken jagte.
»Und Ihr seid mir im Weg.«
»Weicht aus«, forderte der Engländer, wenn auch in einem Ton, der Unsicherheit erkennen ließ.
Ein paar Pfeile kamen noch in ihre Richtung, der Piratencaptain aber gab kein
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