Der Highlander, der mein Herz stahl: Roman (German Edition)
Befriedigung, die sie erlebte, als sie ihren Häschern entkommen war und die englischen Patrouillenboote alarmiert hatte, fand in der eisigen Umarmung der stürmischen See rasch ein Ende.
Es war eine Ironie des Schicksals, dass weder Kälte noch Erschöpfung oder die starken Strömungen sie bezwangen, sondern etwas viel Unheilvolleres. Der kleine Krampf setzte an ihrer Seite ein, strahlte dann durch den ganzen Körper aus und schnitt wie ein Messer mit einem gemeinen Schnitt die Kontrolle über ihre Muskeln ab. Eben hatte sie noch Wasser getreten, und im nächsten Moment konnte sie sich nicht mehr rühren.
Einen Augenblick lang glaubte sie, es wäre alles gut. Der Piratencaptain schwamm ihr in unfassbarem Tempo hinterher. Als ihre Blicke sich trafen, hatte sie etwas gesehen. Pirat oder nicht, sie war sicher, dass er sie nicht sterben lassen würde.
Dann aber sah sie den anderen Mann. Ein zweiter Mann war ins Wasser gesprungen und schlug hinter ihm wild um sich. Als der Captain wieder in ihre Richtung sah, wurde ihr klar, was er tun würde. Er musste sich zwischen ihr und dem anderen entscheiden.
Sein Mann gewann.
Sie konnte es ihm nicht verargen. Sie hatte sich selbst in diese Lage gebracht.
Oben bleiben. Er wird dich holen.
Aber ihre Zeit war abgelaufen.
Einige Augenblicke, nachdem er unter Wasser verschwunden war, drehte ihr Magen sich um, und ihre Gliedmaßen verkrampften sich, als hätte ein Blitz sie getroffen. Unfähig, sich zu wehren, wurde sie vom Wasser hinuntergezogen.
Sie erwartete den Weg in den Himmel, der in hellem Lichterglanz erstrahlen würde, erwartete die glücklichen Erinnerungen, die nun auf sie einstürmen würden, das Gefühl des Friedens, das sie überkommen sollte. Aber während das Wasser ihre Lungen füllte, bis sie brannten, als die Panik einsetzte und ihre Augen sich in der nassen Schwärze weiteten, dachte sie nur, dass es eine grässliche Todesart war.
Zumal sie kaum die Möglichkeit gehabt hatte zu leben.
Erik richtete den Blick auf die brodelnden Wellen. So leicht wollte er nicht aufgeben. So lange konnte sie doch nicht unter Wasser bleiben.
Domnall streckte ihm die Hand entgegen, um ihn an Bord zu ziehen, aber Erik schüttelte ihn ab.
»Eine Minute noch.« Aus dem Augenwinkel sah er etwas Helles – eine Hand? – im Dunkel aufblitzen.
»Dort!«, rief er aus, »hast du das gesehen?«
»Es ist keine Zeit mehr, Captain«, rief Domnall zurück und deutete nach vorne.
»Wir müssen hier weg. Sie sind fast da.«
Domnall hatte recht, aber er konnte sie nicht einfach im Stich lassen – auch wenn sie es verdient hätte, weil sie ihnen die Engländer auf den Hals gehetzt hatte. Die Erinnerung an ihren Blick ließ ihn nicht los. Wenn er sie nicht fand, würde dieser Blick – das stumme Flehen – ihn für immer verfolgen.
»Die Segel hoch«, sagte er zu Domnall, »seid bereit.« Eine interessante Nacht versprach noch interessanter zu werden.
Er schwamm in die Richtung, wo er die Bewegung gesehen hatte. Ein plötzlicher Energieschub verlieh seinen matten Gliedern Kraft. Er tauchte unter den Wellen durch, fischte unter Wasser, bis seine Hartnäckigkeit belohnt wurde und seine Finger sich in einem wässrigen Klumpen langen Haares verfingen. Gleich darauf schlang sein Arm sich um ihre Mitte, und er schoss zurück an die Oberfläche.
Sie drehte ihm den Rücken zu, doch konnte er zu seiner großen Erleichterung hören, wie sie spuckte und nach Luft schnappte. Er hatte sie noch rechtzeitig erreicht. Er hielt sie so eng an sich gedrückt, dass er ihren rasenden Herzschlag spürte, das köstliche Gewicht ihrer kleinen Brüste auf seinem Arm, während ihre Brust unter ihren schweren Atemzügen heftig wogte.
»Ruhig«, beschwichtigte er sie, und sein Mund streifte ihr Ohr.
»Du bist in Sicherheit, tè bheag.« Kleines. Das Kosewort entschlüpfte ihm unwillkürlich.
Sie schmiegte sich wie ein Kind in seine Arme, und als er sie seinen Männern übergab, geschah es mit einem gewissen Zögern.
Als Domnall das Mädchen ins Boot zerrte, sah Erik zu den näher kommenden Schiffen hin. Die Engländer waren schon fast da. Eine Minute – vielleicht nur Sekunden – und sie befanden sich in Reichweite der englischen Pfeile. Noch ein paar Minuten, und die Boote hätten sie umzingelt.
Nordwärts in den Wind zu segeln, kam nun nicht mehr in Frage. Die Galeeren verfügten über große Ruderkraft. Und Erik hatte keinen Raum, um im Zickzack gegen den Wind zu segeln. Auch hatte er keine Zeit zu
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