Der Highlander und der wilde Engel
zufällig hinunterstoßen? Sie nahm nicht an, dass Kade dies selbst glaubte. Wahrscheinlich wollte er nur nicht, dass sie sich Sorgen machte, weshalb es wohl auch nichts nützte, ihn nach seiner wahren Meinung zu dem Vorfall zu fragen. Er würde nur wiederholen, dass es vermutlich ein Versehen gewesen sei, und das Gespräch in eine andere Richtung lenken. So blieb sie mit ihrer Besorgnis allein. Offenbar war nicht jeder glücklich darüber, dass Kade nach Hause zurückgekehrt war. Sie würde die Augen offen halten und wachsam sein müssen. Ihr lag recht viel an ihrem Gemahl, und sie war durchaus nicht bereit, ihn sich nehmen zu lassen, dachte sie entschlossen, während Will seinen Hauptmann entließ und Kade sie die Stufen hinab in den Hof führte.
Die Schänke im Dorf war eine traurige Angelegenheit -klein und schummrig und allem Anschein nach ohne allzu viele Besucher. Als sie ankamen, war jedenfalls außer ihnen niemand dort, und das blieb bis zu ihrem Aufbruch so. Ihr Erscheinen sorgte für einige Aufregung, und der Wirt und seine Frau scharwenzelten in einem fort um sie herum. Zweifellos waren sie froh darüber, dass Kade zurück war.
Entweder das, oder sie freuten sich einfach über jeden Gast, dachte Averill hinterher, während Bess ihr dabei half, sich bettfertig zu machen. Eigentlich war es noch zu früh, um sich schlafen zu legen, doch sie hatte eine lange Reise hinter sich, und die Tage, die vor ihr lagen, versprachen nicht minder anstrengend zu werden. Es gab viel zu tun, um ihr neues Zuhause zu richten. Sie wandte sich an Bess. „Es war still, als wir hochgekommen sind. Geht es Laird Stewart und seinen Söhnen besser? Ist einer von ihnen unten in der Halle gewesen, seit du wieder hier bist?“ Während sie nach dem Mahl mit Kade und Will in der Schänke geblieben war, weil die beiden noch mit dem Wirt reden wollten, hatte Fergus nicht länger bleiben wollen und sich auf den Weg zur Burg gemacht. Bess, die nach der Reise erschöpft war, hatte sich ihm angeschlossen.
„Davon weiß ich nichts“, erwiderte Bess vergnügt. „Ab und an hört man sie im Chor würgen, und dann ist es wieder eine Weile ruhig, bis es von Neuem losgeht. Ich denke, sie schlafen nach jedem Anfall wieder ein.“
Averill nickte. „Sie haben nicht um Beistand ersucht oder nach Whisky verlangt?“
„Oh, und wie sie gejammert haben“, entgegnete Bess spöttisch. „Aber Morag, Lily und Annie sind wohl zu Morags Schwester gegangen, nachdem wir uns zur Schänke aufgemacht haben. Sie waren also nicht hier, um sich von dem Gewimmer herbeirufen zu lassen, und ich setze bestimmt keinen Fuß mehr in eine der Kammern.“
„Nein, das ist nur verständlich“, meinte Averill.
„So, das hätten wir“, sagte Bess und schob sie aufs Bett zu. „Und nun unter die Decken mit Euch. Es war ein langer Tag, und der morgige wird zweifellos genauso lang werden.“
„Aye", stimmte sie zu und stieg hinein. „Ich danke dir, Bess.“
„Gern geschehen, Mylady“, erwiderte diese und ging zum Ausgang. „Schlaft gut.“
„Du auch“, murmelte sie. Als die Tür aufging, ehe die Magd sie erreicht hatte, sah sie auf.
Kade stand im Rahmen, erblickte Bess, trat beiseite, um sie durchzulassen, und trat ein. Gähnend stieß er die Tür hinter sich zu und schritt zum Bett.
Stumm betrachtete Averill ihn, während er sich die Tunika abstreifte. Sie ließ ihre Augen über seine kräftige, breite Brust wandern. Als er sah, dass sie ihn musterte, lächelte er ein überaus männliches Lächeln und hielt inne, um sich so zu strecken, dass seine stattliche Erscheinung möglichst gut zur Geltung kam. Das belustigte sie, doch sie biss sich auf die Lippe, um es nicht zu zeigen. Sie fand es hinreißend, dass er derart vor ihr posierte. Schließlich widmete er sich den Bändern seines Beinkleids, und neugierig sah sie ihm zu. Als sie merkte, dass diese ihm Schwierigkeiten zu bereiten schienen, hob sie eine Braue. Erst dachte sie, dass er nur so tue, doch dann fluchte er und zerrte zunehmend gereizter an der Kordel. Er musste sie aus Versehen verknotet haben, als er sich vorhin in aller Eile angekleidet hatte. Sie schlug die Decken zurück und kniete sich vor ihm auf die Bettkante.
„Ihr werdet die Bänder nur zerreißen, wenn Ihr weiter so daran zieht“, ermahnte sie ihn leise. „Lasst mich sehen, ob ich sie lösen kann.“
Kade schien zunächst widerwillig ihrer Aufforderung folgen zu wollen, schließlich ließ er die Schnüre jedoch los und trat vor
Weitere Kostenlose Bücher